Fernwärme-Schock! Preise explodieren – das kommt jetzt auf Hamburger Mieter zu
Der Schrieb vom Vermieter lag vor einigen Tagen im Briefkasten: Die monatliche Vorauszahlung für die Heizung soll von 60 auf 100 Euro erhöht werden. Grund: Fernwärme wird teurer. Wie der Mieterin der 60-Quadratmeter-Wohnung auf St. Pauli wird es demnächst hunderttausenden Hamburger Mietern gehen. Hamburgs größter Fernwärmeanbieter rät gar dazu, die monatlichen Abschläge schon mal freiwillig zu erhöhen.
Michael Prinz, Geschäftsführer der Hamburger Energiewerke, spricht von „beispiellosen Zeiten im Energiesektor“: Um rund 60 Prozent teurer wird das Heizen mit Fernwärme in diesem Jahr. Prinz: „Wir wissen, dass Haushalte und Familien damit stark belastet werden.“
Der Schrieb vom Vermieter lag vor einigen Tagen im Briefkasten: Die monatliche Vorauszahlung für die Heizung soll von 60 auf 100 Euro erhöht werden. Grund: Fernwärme wird teurer. Wie der Mieterin der 60-Quadratmeter-Wohnung auf St. Pauli wird es demnächst hunderttausenden Hamburger Mietern gehen. Hamburgs größter Fernwärmeanbieter rät gar dazu, die monatlichen Abschläge schon mal freiwillig zu erhöhen.
Michael Prinz, Geschäftsführer der Hamburger Energiewerke, spricht von „beispiellosen Zeiten im Energiesektor“: Um rund 60 Prozent teurer wird das Heizen mit Fernwärme in diesem Jahr. Prinz: „Wir wissen, dass Haushalte und Familien damit stark belastet werden.“
Als größtes Energieunternehmen der Stadt versorgen die Energiewerke aktuell rund 247.000 Haushalte mit Fernwärme zum Heizen und zur Warmwasserbereitung. Rechnet man Krankenhäuser und Unternehmen dazu, gibt es 500.000 Abnehmer. Insgesamt werden laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft 289.000 private Hamburger Haushalte von verschiedenen Fernwärmeanbietern versorgt, fast jeder Dritte.
Hamburg ist Fernwärme-Hochburg
Hamburg ist also eine Fernwärme-Hochburg, wobei das Prinzip relativ einfach ist: Es wird Wasser erhitzt (etwa mit der Abwärme eines Kohlekraftwerkes oder einer Müllverbrennungsanlage), das über Rohrleitungen in bis zu zehn Kilometer entfernte Gebäude geleitet wird und dort für Wärme sorgt. Erster Kunde war 1894 das Hamburger Rathaus.
Billig ist diese Art der Energieversorgung nicht, wie eine Berechnung des Portals CO2 Online zeigt: Für eine 70-Quadratmeter-Wohnung wurden 2021, also vor dem Krieg in der Ukraine, 775 Euro im Jahr fällig für billiges Gas, 900 für Öl und 945 Euro für Fernwärme.
In Hamburg stammt ein Großteil der Fernwärme von den Kohlekraftwerken Wedel und Tiefstack. Mehr als eine halbe Million Tonnen Kohle, unter anderem aus den USA und Kolumbien, wurden in Wedel gebunkert, auch, um das Embargo für russische Kohle zu umgehen, das gerade in Kraft getreten ist. Gas komme nur ab einer Außentemperatur von unter fünf Grad zum Einsatz und macht 15 bis 20 Prozent aus, wie eine Sprecherin der Energiewerke auf MOPO-Nachfrage erklärt. Die jetzige Preissteigerung geht neben Gas besonders auf die Kohle zurück.
Fernwärmekunden sollen Abschläge freiwillig verdoppeln
Um den Schock am Jahresende abzumildern, empfehlen die Energiewerke den Fernwärmekunden, ihre Abschlagszahlungen bereits jetzt freiwillig zu erhöhen. Zwingen können Vermieter ihre Mieter dazu nicht. Denn: Sie dürfen die Abschläge ihrer Mieter nur einmal im Jahr erhöhen, wenn die Jahresabschlussrechnung vorliegt.
Für private Vermieter, die ein, zwei Wohnungen vermieten oder auch für kleine Genossenschaften kann diese nie dagewesene Explosion der Energiekosten zu einem ernsten Problem werden, weil sie die unerwartet hohen Kosten für Heizung und Warmwasser erst einmal vorstrecken müssen und sie sich dann nach der Abrechnung von den Mietern zurückholen.
„60 Prozent Steigerung, das ist eine nie dagewesene Situation“, sagt Ulf Schelenz, Geschäftsführer des Grund- und Eigentümerverbandes Hamburg: „Bei vielen kleinen Vermietern schlagen da zwei Herzen in der Brust: Sie müssen kostendeckend arbeiten, wissen aber auch, welche Last sie da auf die Schultern ihrer Mieter laden.“ Selbst bei Normalverdienern bestehe angesichts der nicht eingeplanten zusätzlichen Ausgaben die Gefahr, wirtschaftlich in eine ernsthafte Schieflage zu geraten, Schelenz spricht von einem „Insolvenzrisiko“ für viele Mieter.
Insolvenzrisiko für viele Mieter
Auch Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen, sieht die Entwicklung mit Sorge. Baugenossenschaften zählen mit rund 200.000 Wohnungen in Hamburg zu den großen Abnehmern von Fernwärme. Breitner, zwischen 2012 und 2014 Innenminister von Schleswig-Holstein, nimmt den Staat in die Pflicht: „Der Staat hat mit dem Wohngeld ein bewährtes Instrument, in Not geratenen Mieterinnen und Mietern zu helfen. Das Wohngeld muss so rasch wie möglich in der Höhe an die aktuelle Inflation angepasst werden. Zudem gilt es, den Kreis der Anspruchsberechtigen auszuweiten. Den sozialen Vermietern ist daran gelegen, dass keine Mieterinnen und Mieter unverschuldet auf Grund der stark gestiegenen Energiepreise ihre Wohnung verlieren.“
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Dass wegen der gestiegenen Fernwärmekosten die Genossenschaften nun die Heizungen drosseln, das müsse kein Mieter befürchten, so Breitner: „Es gibt die gesetzliche Vorgabe, dass während der Heizperiode eine Zimmertemperatur zwischen 20 und 21 Grad Celsius erreicht werden muss.“
Winziger Trost: Im Vergleich zu Gas und Öl sind die 60 Prozent Preissteigerung bei der Fernwärme noch moderat. Zum Vergleich: Der Preis für eine Megawattstunde Gas lag einen Tag vor Kriegsausbruch bei 50,56 Euro und am 5. August bei 167,92 Euro.