Recht auf Abtreibung: „Pinkstinks“-Gründerin und Kirche machen gemeinsame Sache
Als Gründerin der feministischen Agentur „Pinkstinks“ ist die Hamburger Genderforscherin Stevie Schmiedel bekannt geworden, jetzt gibt die wohl freundlichste Streiterin für die Sache der Gleichberechtigung ihr neuestes Projekt bekannt: „Wokidoki“ heißt das Baby. Eine erste Kampagne gibt es auch schon: Eine Info-Broschüre für evangelische Kirchengemeinden, die sich für das Recht auf Abtreibung einsetzen.
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Als Gründerin der feministischen Agentur „Pinkstinks“ ist die Hamburger Genderforscherin Stevie Schmiedel bekannt geworden, jetzt gibt die wohl freundlichste Streiterin für die Sache der Gleichberechtigung ihr neuestes Projekt bekannt: „Wokidoki“ heißt das Baby. Das Kommunikationsbüro soll Kampagnen gegen Sexismus und Rassismus entwickeln – aber „wokidoki“, also nett und mit viel Sensibilität gegenüber Menschen, die die Augen verdrehen, sobald etwas nur ansatzweise „woke“ klingt. Eine erste Kampagne gibt es auch schon: Eine Info-Broschüre für evangelische Kirchengemeinden, die sich für das Recht auf Abtreibung einsetzen.
Nachdem die Evangelische Kirche Deutschlands (EKD) und die Evangelischen Frauen in Deutschland (EFiD) sich im Oktober 2023 für die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen aussprachen, gab es jede Menge Gegenwind, von konservativer Seite aber auch innerhalb der Kirche. Im Frühjahr wird der Bundestag über das Thema debattieren. Bis dahin, findet Stevie Schmiedel, sollte die Bevölkerung mehr Informationen erhalten, damit es in den Sozialen Netzwerken und im Wahlverhalten „nicht so sehr knallt.“
„Wokidoki“ produzierte deshalb eigenständig eine Broschüre für Kirchengemeinden, in der Hintergründe für eine mögliche Abschaffung des Paragrafs 218 (Verbot der Abtreibung) aus Theologie, Medizin, Rechtswissenschaft und Politik zusammenstellt sind. Schmiedel zum christlichen Tötungsverbot, das die „Lebensschützer“ anführen: „Dass schon die Bibel Fötus und juristische Personen verschieden wertete, können sie nun bei uns nachlesen – und trotzdem Mitgefühl für potentielle Väter finden, die weibliche Entscheidungen zur Abtreibung akzeptieren müssen.“
Hamburger Genderforscherin: Verständnis zeigen für die Gegenseite
Verständnis zeigen für die Gegenseite, Brücken bauen, die Hand ausgestreckt lassen, auch wenn man sich nicht einig wird, das ist ihr Ding – eine Seltenheit in Zeiten, in denen Talkshow-Gäste nach ihrem Krawall-Potential ausgesucht werden und sich Nutzer in den Sozialen Medien selbst bei unschuldigen Themen in Nullkommanix wüste Beleidigungen an die Köpfe werfen. Über das Gendern, ein zuverlässiger Zoff-Garant, hat Schmiedel ein Buch geschrieben mit dem schönen Titel „Jedem Zauber wohnt ein radikaler Anfang inne – Warum uns ein bisschen Genderwahn guttut“. Auch hier übte sie sich im Versöhnen gegensätzlicher Pole, gestand selbstironisch, dass auch ihr „das Woke manchmal unfassbar auf die Nerven geht.“
Mit ihrer versöhnlichen Haltung eckte Schmiedel bei streitlustigen Feministinnen aber auch immer wieder an, auch bei „Pinkstinks“, einer der bekanntesten feministischen Organisationen Deutschlands, gab es Diskussionen über das richtige Verhältnis von aggressivem Aktivismus und freundlicher Aufklärung. Inzwischen hat die Gründerin „Pinkstinks“ an ihre Nachfolgerinnen übergeben.
Respekt zeigen statt nur in der Blase diskutieren
Für „Wokidoki“ hat die promovierte Genderforscherin sich einen hochkarätigen Beirat ins Boot geholt, darunter der Schriftsteller und Werbetexter Simon Urban, der gemeinsam mit Juli Zeh den Nummer-1-Bestseller „Zwischen Welten“ schrieb. „Gerade im Superwahljahr 2024 ist es wichtig, dass wir Blasenbildung entgegenwirken und wieder analog und vor allem differenziert und respektvoll miteinander diskutieren“, sind sich Schmiedel und Urban einig. Ein paar Wokidoki-Slogans gibt es auch schon: „Auf eine gesunde Woke-Live-Balance“ etwa, oder „Es ist genug Meinung für alle da“.
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Angelika Weigt-Blätgen, Vorsitzende des Präsidiums der Evangelischen Frauen in Deutschland, ist jedenfalls begeistert von dem Projekt: „Wir begrüßen sehr, dass wokidoki mit der vorliegenden Broschüre attraktives Bildungsmaterial vorlegt, das zur breiten Debatte über die komplexen Fragen rund um die Diskussion zur Streichung des §218 aus dem Strafgesetzbuch beitragen kann.“