• Bei einer Studie des UKE wurden weniger Kindeswohlgefährdungen im Corona-Lockdown im März und April 2020 gemeldet als im Vorjahr. 
  • Foto: picture alliance/dpa

Fehlende Kontrolle in Schulen und Kitas: Wenn Kinder keine Hilfssignale senden können

Während des Lockdowns sanken neben den Corona-Zahlen auch die Fälle von Kindeswohlgefährdungen in Deutschland – zumindest auf dem Papier. Die Dunkelziffer wird jedoch deutlich höher geschätzt. Der Grund sei die fehlende soziale Kontrolle in beispielsweise Schulen oder Kitas.

Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sind die Fälle von Kindeswohlgefährdungen in deutschen Kinderkliniken und -schutzambulanzen im März und April 2020 zurückgegangen. Das ergab eine Studie des UKE, an der 159 Kinderschutzambulanzen und -schutzgruppen teilnahmen.

Die Mitarbeiter des Forschungsnetzwerks Medizinischer Kinderschutz, welche die Studie durchführte, vermuten jedoch eine höhere Dunkelziffer von Misshandlung und Vernachlässigung von Kindern.

Weniger Kinder gefährdet? Dunkelziffer höher geschätzt

„Kinder haben in Zeiten der sozialen Isolation weniger Möglichkeiten, Hilfssignale zu senden. Aus anderen Studien wissen wir, dass insbesondere Kinder, die bereits vor der Pandemie von Gewalt betroffen waren, im ersten Lockdown mit höherer Wahrscheinlichkeit erneut betroffen waren“, erklärt Jo Ewert, Kinderschutzkoordinator in der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin des UKE.

Das könnte Sie auch interessieren: Säugling in Hamburg verhungert – Abgeordneter fordert: Stärkt endlich den Kinderschutz! 

Grund für eine höhere Dunkelziffer könne außerdem die pandemiebedingte fehlende soziale Kontrolle sein, sagt Silke Pawils, Leiterin Forschungsgruppe Prävention im Kindes- und Jugendalter des Instituts für Medizinische Psychologie.

„Zeitweise haben auch die Jugendämter und freie Träger der Jugendhilfe wegen des Lockdowns ihre aufsuchende Arbeit deutlich eingeschränkt.“

Fehlende soziale Kontrolle sorgt für hohe Dunkelziffer

Dadurch würden die offiziellen Zahlen zurückgehen – in den Ambulanzen sei ein Rückgang von 15 Prozent, im stationären Bereich ein Rückgang von sogar 20 Prozent festzustellen, heißt es in der Mitteilung des UKE. Derzeit würden außerdem weitere bereits erhobene Daten zu dem Thema ausgewertet.

Bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung gilt jedoch weiterhin „Hinschauen statt Wegschauen“, erinnert Ewert. Unter der Tel. 116 111 können Betroffene die Nummer gegen Kummer erreichen und sich beraten lassen. Fachkräfte aus dem Gesundheitswesen können sich bei Kontakt mit misshandelten oder vernachlässigten Kindern außerdem unter der Tel. (0800) 1921000 fachliche Unterstützung holen.

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp