Crack-Alarm in Hamburg: Verwahrlosung und Straftaten nehmen zu
Crack ist billig, macht schnell süchtig und lässt Abhängige extrem verwahrlosen. In deutschen Großstädten breitet sich die Droge derzeit rasant aus. In Hamburg hat mittlerweile fast jeder in der Szene der Süchtigen eine Crackpfeife dabei, sagen Experten. Und Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) sieht noch ein ganz anderes Problem, das mit den harten Drogen in die Stadt kommt.
Crack-Abhängige verwahrlosen schnell: Sie wirken oft wie Skelette, die Augen tief in den Höhlen, die Zähne nur noch schwarze Stümpfe. Rote Stellen am Körper zeugen vom ständigen Kratzen wegen vermeintlicher Insekten unter der Haut. Eine Wahnvorstellung, die zu den typischen Entzugserscheinungen der Droge gehört.
Crack ist billig, macht schnell süchtig und lässt Abhängige extrem verwahrlosen. In deutschen Großstädten breitet sich die Droge derzeit rasant aus. In Hamburg hat mittlerweile fast jeder in der Szene der Süchtigen eine Crackpfeife dabei, sagen Experten. Und Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) sieht noch ein ganz anderes Problem, das mit den harten Drogen in die Stadt kommt.
Der S-Bahnhof Holstenstraße gehört zu den Hotspots des öffentlichen Crack-Konsums. Hier sammeln sich die Junkies, ziehen vor aller Augen an ihren Crackpfeifen, liegen völlig weggetreten auf dem Boden. Anwohner warnen bereits vor einer Verschlimmerung der Zustände, bitten in den Wohnhäusern auf Zetteln, die Türen gut zu verschließen.
Innensenator: „Die Zusammensetzung der Drogenszene hat sich verändert“
Die Polizeiliche Kriminalstatistik Hamburgs zeigt bei Crack zuletzt einen Anstieg der aufgenommenen Straftaten um 35,9 Prozent: 2021 wurden 1316 Fälle festgestellt, die als allgemeiner Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz gelistet wurden, 2022 bereits 1788. Da diese Delikte meist nur bei Kontrollen aufgedeckt werden, dürfte die Dunkelziffer noch wesentlich größer sein.

„Die Zusammensetzung der Drogenszene hat sich verändert, es findet ein vermehrter Konsum harter Drogen wie Crack statt“, sagt Hamburgs Innensenator Andy Grote zur MOPO. Mehr Aggressivität und eine geringere Ansprechbarkeit der Konsumenten seien die Folge.
Das wirke sich auch auf die Ordnung im öffentlichen Raum und das subjektive Sicherheitsempfinden aus. „Hinzu kommen vermehrt Straftaten innerhalb dieser Drogen- und Randständigen-Szene. Auch das registrieren unsere Kräfte auf der Straße. Das nehmen wir sehr ernst“, so Grote.
Hamburg: Crack-Süchtige rauchen bis zu 80 Pfeifen am Tag
Crack ist eine Sonderform von Kokain und wird hauptsächlich geraucht. Die weiß-gelblichen „Steine“ werden aus Kokainsalz und Natron hergestellt. Die Droge geht über die Atemwege direkt ins Blut. Die Wirkung folgt unmittelbar: Glückshormone, Euphorie, das Gefühl der Allmacht. Soziale und sexuelle Hemmungen fallen, das Hungergefühl ist ausgeschaltet.

Doch das Hochgefühl hält nur wenige Minuten – vor allem bei wiederholtem Gebrauch. Es folgen Angst, Paranoia, Halluzinationen, Erschöpfung. In manchen Fällen werden Konsumenten von Suizidgedanken heimgesucht, heißt es in einer Veröffentlichung der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS). Ein kurzes Hoch, der tiefe Fall – und der Wunsch, sofort die nächste Dosis zu inhalieren. Manche Süchtige rauchen bis zu 80 Pfeifen am Tag.
Crack-Abhängige verwahrlosen schnell: Sie wirken oft wie Skelette, die Augen tief in den Höhlen, die Zähne nur noch schwarze Stümpfe. Rote Stellen am Körper zeugen vom ständigen Kratzen wegen vermeintlicher Insekten unter der Haut. Eine Wahnvorstellung, die zu den typischen Entzugserscheinungen der Droge gehört.
Hamburg: 2022 starben 96 Menschen an Drogenkonsum
2022 starben 96 Menschen in Hamburg am Drogenkonsum – so viele wie zuletzt vor etwa 20 Jahren. Das geht aus einer Kleinen Anfrage der CDU hervor. 26 starben durch die Einnahme einer Droge, 38 durch Mischkonsum, der Rest durch Unfälle, Langzeitschädigungen wie Organversagen oder Suizid. Der Zahl der Todesfälle durch Kokain und Crack in Kombination mit anderen Drogen ist besonders hoch: 29 Menschen starben auf diese Weise.
Crack ist auf der Straße beliebt – vor allem, weil es billig ist. „Eine Crackpfeife hat heute fast jeder dabei“, sagt eine Mitarbeiterin der Hamburger Drogenhilfe gegenüber der MOPO. Dealer verkaufen Crack-Steine ab fünf Euro, ein Zug aus der Pfeife kostet noch weniger.
Süchtige stecken oft all ihr Geld in den Konsum, ihr Leben dreht sich nur noch um die Droge – Essen, Schlafen, Trinken, Körperhygiene rücken in den Hintergrund. Viele rutschen in die Obdachlosigkeit. „Diese Menschen sind im ständigen Flucht- und Kampfmodus“, so die Mitarbeiterin der Drogenhilfe. Die Süchtigen kämen nicht zur Ruhe.
Sozialsenatorin strebt Modellprojekt an
In diesen Hochphasen des Konsums seien die Crack-Abhängigen nur schwer für Beratung durch Drogen- und Suchthilfe erreichbar, sagt Hamburgs Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD). „Leider gibt es bis heute keine medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten für Crack-Abhängigkeit, die aber für die Betroffenen von großer Wichtigkeit wären.“
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Das soll sich ändern. Hamburg mache sich deshalb gemeinsam mit den anderen Bundesländern für ein wissenschaftliches Modellprojekt zur medikamentengestützten Behandlung stark, so die Senatorin. Dabei soll nach potenziellen Substanzen für eine Therapie gesucht werden – ähnlich dem Methadon für Heroinabhängige.