Exklusive Lage am Ballindamm: Dieser Laden ist für tausende Hamburger ein Segen
Der Ballindamm ist eine der feinsten Adressen in Hamburg. Seit Montag befindet sich hier mitten zwischen den teuren Designer-Stores ein weniger exklusives Geschäft, in dem es ein bisschen aussieht wie bei C&A in den 80er Jahren. Doch dieser Laden ist für tausende Menschen in Hamburg ein wahrer Segen. Die MOPO war vor Ort.
Kleiderstangen so weit das Auge reicht. Wer die Stufen zu dem neuen Geschäft an der Binnenalster hinabsteigt, landet in einem kunterbunten Textil-Sammelsurium. Babystrampler, Kinderpullis, Damenmäntel, Hosen oder Röcke. Die Auswahl ist gigantisch – und gratis!
Der Ballindamm ist eine der feinsten Adressen in Hamburg. Seit Montag befindet sich hier mitten zwischen den teuren Designer-Stores ein weniger exklusives Geschäft, in dem es ein bisschen aussieht wie bei C&A in den 80er Jahren. Doch dieser Laden ist für tausende Menschen in Hamburg ein wahrer Segen. Die MOPO war vor Ort.
Kleiderstangen so weit das Auge reicht. Wer die Stufen zu dem neuen Geschäft an der Binnenalster hinabsteigt, landet in einem kunterbunten Textil-Sammelsurium. Babystrampler, Kinderpullis, Damenmäntel, Hosen oder Röcke. Die Auswahl ist gigantisch – und gratis!
Hamburg: Im „Hanseatic Help“-Store können sich Ukrainerinnen einkleiden
Doch nicht jeder darf sich hier ein neues Outfit zusammenstellen. Der von „Hanseatic Help“ geführte und in den Räumen der Reederei Hapag-Lloyd eröffnete Laden richtet sich in erster Linie an geflüchtete Ukrainerinnen und ihre Kinder. Viele von ihnen verließen ihre Heimat nach Ausbruch des Krieges mit nicht viel mehr als den Kleidern, die sie gerade auf dem Leib trugen. So wie Rosa Ambarazymyan.

Die 35-Jährige streicht über das dunkelblaue, enge Kleid, das sie irgendwo zwischen den Textilmassen auf den Stangen entdeckt hat und das wie angegossen sitzt. Das Kleid verleiht ihr die Eleganz, die für die Juristin in ihrem früheren Beruf bei der Staatsanwaltschaft in Charkiw zum Alltag gehörte.
Krieg in der Ukraine: Eine Rakete zerstörte Rosas Haus
Doch am 3. März traf eine russische Rakete das Haus, in dem Rosa Ambarazymyan und ihre Familie lebten. „Meine Kinder waren im Keller. Dort waren sie sicher. Ich war kurz nach oben in die Wohnung gegangen, als die Rakete das Haus traf“, erzählt die Ukrainerin leise. Sie habe die Kinder geholt und sei nur noch gerannt. „Wir haben nichts mehr. Es ist alles zerstört worden.“
Mit dem Zug kamen Rosa Ambarazymyan und die beiden Mädchen (8 und 10) nach Hamburg. Seitdem leben sie in einem Hotel in St. Georg. „Wir suchen eine Wohnung, aber es ist schwierig.“
In dem ersten „Hanseatic Help“-Store in Altona konnte Rosa Ambarazymyan sich und die Kinder umsonst einkleiden. Aus Dankbarkeit bot sie ihre Hilfe an – und arbeitet nun künftig selbst ehrenamtlich in der neueröffneten Filiale am Ballindamm.
Hamburg: Ein Second-Hand-Laden als sozialer Ort
„Für die Frauen ist der Laden auch ein sozialer Ort, um sich auszutauschen“, berichtet Swetlana Trense, die selbst aus der Ukraine stammt, aber schon vor 26 Jahren der Liebe wegen nach Hamburg zog. Trense hat ihren Job in der Edeka-Verwaltung aufgegeben, um das Store-Management am Ballindamm zu übernehmen. Auch sie wollte helfen, etwas für ihre Landsleute tun und bei Sprachschwierigkeiten vermitteln.

„Ich habe hier so viele dramatische Geschichten gehört. Von Frauen, deren Dorf dem Erdboden gleichgemacht wurde. Von Frauen, deren Söhne im Krieg verwundet wurden“, berichtet sie. Trense hört zu, berät, stärkt. Viele Frauen engagieren sich freiwillig in den „Hanseatic Help“-Läden, um sich abzulenken.
Statt Hilfspaket: Stöbern in würdevoller Atmosphäre
„Was soll ich den ganzen Tag im Hotel sitzen?“, sagt Rosa Ambarazymyan. Bald fängt sie einen Deutschkurs an. Die Unsicherheit, wie das Leben weitergehen soll und wann sie zurück in die Ukraine können, liegt wie ein Schatten über ihrem sicheren Exil in Hamburg.
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Bis zu 20 Teile kann sich jede Kundin aussuchen. Zuvor muss online ein Termin gebucht werden. Es solle ja nicht zugehen wie auf dem Basar, lacht Swetlana Trense. Und Niels Rasmussen, Vorstandsmitglied bei „Hanseatic Help“, betont seine Dankbarkeit gegenüber der Hapag-Lloyd für die Überlassung der Räumlichkeiten: „Es ist etwas anderes, ob einem ein Paket Hilfsmittel in die Hand gedrückt wird, oder ob man in würdevoller Atmosphäre seine eigene Auswahl treffen und Dinge anprobieren kann.“
Das blaue Kleid, das irgendeine Hamburgerin nicht mehr brauchte, wird Rosa Ambarazymyan mit zurück in die Heimat nehmen, wenn der Krieg vorbei ist. Irgendwann.