Um das zu verhindern: Jetzt könnte tatsächlich der Führerschein-Test ab 70 kommen
Wer in Deutschland seinen Führerschein macht, kann diesen in der Regel sein Leben lang behalten. In Hamburg entfacht das angesichts der hiesigen Crash-Meile in der Waitzstraße immer wieder hitzige Debatten: Werden Senioren zu einem Sicherheitsrisiko am Steuer? Eine Reform aus Brüssel könnte jetzt neuen Schwung in die Diskussion bringen – und ältere Fahrer zu einem regelmäßigen Test verpflichten. Die Idee hat in Hamburg Befürworter wie Kritiker.
Wer in Deutschland seinen Führerschein macht, kann diesen in der Regel sein Leben lang behalten. In Hamburg entfacht das angesichts der hiesigen Crash-Meile in der Waitzstraße immer wieder hitzige Debatten: Werden Senioren zu einem Sicherheitsrisiko am Steuer? Eine Reform aus Brüssel könnte jetzt neuen Schwung in die Diskussion bringen – und ältere Fahrer zu einem regelmäßigen Test verpflichten. Die Idee hat in Hamburg Befürworter wie Kritiker.
Erst kurz vor Weihnachten krachte ein 77-Jähriger mit seinem BMW über den Gehweg der Waitzstraße in Groß Flottbek, rammte einen Poller und kam inmitten der außen aufgestellten Stühle und Tische eines Cafés zum Stehen. 81 Verkehrsunfälle hat die Polizei seit 2019 in der als Crash-Meile berühmt gewordenen Einkaufsstraße in Othmarschen erfasst, davon saßen in 38 Fällen Senioren hinter dem Steuer.
Unfälle Waitzstraße: Bezirkschefin fordert Fahrtauglichkeittests
Oftmals hatten die älteren Herrschaften beim Parken Gas und Bremse verwechselt – und rauschten mit Vollgas in die Schaufenster. „Wann kommen endlich die Fahrtüchtigkeitsprüfungen für Senior:innen?“, twitterte Altonas Bezirkschefin Stefanie von Berg (Grüne) Ende des Jahres, was eine Welle der Empörung auslöste. Von Altersdiskriminierung und Freiheitsberaubung war die Rede.

Eine Reform aus Brüssel könnte von Berg jetzt aber Rückenwind geben: Die EU-Kommission arbeitet derzeit an der Erneuerung der seit 2006 gültigen Führerscheinrichtlinie. Diese soll laut der zuständigen EU-Kommissarin Adina Valean dabei helfen, die Straßen sicherer zu machen.
Neue EU-Führerscheinreform soll Straßen sicherer machen
„Sicheres Fahren ist entscheidend für unsere Bemühungen, die Zahl der Verkehrstoten und Schwerverletzten bis 2030 zu halbieren“, sagte sie. Im vergangenen Jahr kamen in der EU mehr als 20.000 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben. In Hamburg waren es im gleichen Zeitraum 24 Tote, darunter zehn Fußgänger, drei Radfahrende, sieben Autofahrer, drei Motorradfahrende und ein Lkw-Fahrer.
Laut dem am 1. März veröffentlichten, 64-seitigen Papier, das öffentlich auf der Seite der EU-Kommission einsehbar ist, sollen alle Führerscheine nur noch 15 Jahre gültig sein sowie digital werden. In einem kleinen Absatz in der Mitte des Dokuments versteckt sich allerdings ein brisanter Vorstoß: „Die Mitgliedstaaten verkürzen die Gültigkeitsdauer (…) auf fünf Jahre oder weniger für Führerschein-Inhaber, die in ihrem Gebiet wohnen und das 70. Lebensjahr vollendet haben.“ Weiterhin, so steht es dort, sollten die älteren Fahrer nach den fünf Jahren entweder medizinische Check-Ups, Auffrischungskurse oder andere Maßnahmen nachweisen.
Müssen Senioren bald alle fünf Jahre ihren Führerschein erneuern lassen?
Jubel darüber bei von Berg. „Es geht nicht darum, pauschal Rechte älterer Autofahrer:innen einzuschränken, sondern um die Sicherheit auf den Straßen und auf Gehwegen für uns alle. Das kann doch eigentlich niemand schlecht finden“, sagt sie der MOPO. Einerseits könnten Menschen so ihre Fahrtauglichkeit länger erhalten und andereseits „fahruntaugliche Personen“ identifiziert werden.

Derartige Sonderregelungen für ältere Autofahrende sind in einigen europäischen Staaten übrigens bereits Normalität. In Dänemark müssen Senioren ab 75 Jahren ein ärztliches Attest vorlegen, wenn sie ihren Führerschein verlängern. In der Schweiz müssen sich Autofahrer über 70 Jahre alle zwei Jahre einer Kontrolluntersuchung unterziehen und auch in Spanien, Italien und Großbritannien gibt es ähnliche Gesetze.
ADAC lehnt pauschale Fahrtauglichkeits-Tests für Ältere ab
Hierzulande lehnt der Automobilclub eine derartige Einschränkung ab: „Es wäre unfair, die Autofahrer ab einem gewissen Alter unter Generalverdacht zu stellen“, sagt Sprecher Christof Tietgen. Es müsse jeder selbst entscheiden, ob er fahruntauglich sei. Dazu biete der ADAC auch freiwillige Checks für Senioren an, die in Hamburg etwa 100 bis 200 Mal pro Jahr genutzt würden.
Die Vorschläge der EU-Kommission werden nach Ablauf der öffentlichen Rückmeldungen (bis 1. Mai) an das Europaparlament und die Mitgliedstaaten zur Beratung weitergegeben. Beispielsweise blockiert Deuschland derzeit noch den EU-Beschluss, der das Aus der Verbrenner-Motoren ab 2035 besiegeln sollte. Dazu kommt: Bevor Änderungen in Deutschland in Kraft treten können, müssen sie erst in nationales Recht überführt werden.