Es war die Tante: Starfotograf über Kindesmissbrauch durch Frauen
Frauen, die Kinder sexuell missbrauchen – ein bislang unerforschtes gesellschaftliches Tabuthema. UKE-Wissenschaftler legen nun einen detaillierten Bericht zu sexualisierter Gewalt an Kindern durch Frauen vor. Zu den Opfern gehört auch der Modefotograf Michael Reh (59).
„Die Ergebnisse der anonymen Online-Befragung legen nahe, dass die Täterinnen vornehmlich aus dem Familienkreis stammen. In den häufigsten Fällen wurde von sexualisierter Gewalt durch die eigene Mutter berichtet“, sagt Prof. Dr. Johanna Schröder aus dem Institut für Sexualforschung des UKE. Die befragten Opfer erlebten im Alter von sechs Jahren zum ersten Mal sexualisierte Gewalt durch eine Frau.
UKE-Studie zu Kindesmissbrauch durch Frauen
Missbrauch in der engsten Familie, das hat auch Fotograf und Ex-GNTM-Juror Michael Reh als kleiner Junge zwischen vier und zwölf Jahren erlebt. Die Täterin: seine inzwischen verstorbene Tante.
Die Erinnerungen an die körperlichen Schmerzen und die quälende Angst haben ihn nie verlassen: „Dir glaubt eh keiner! Wenn du das erzählst, bring ich Dich um!“, habe seine Tante gedroht. Schließlich wurde der Junge Michael so krank, depressiv und mager, dass seine Eltern ihn in ein Kinderheim gaben, zum Aufpäppeln.
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„Damals hat man das so gemacht, das waren noch andere Zeiten“, sagt der heute 59-Jährige im Gespräch mit der MOPO, und spricht von dem „Grundbrummen“, das der jahrelange Missbrauch in seiner Seele hinterlassen hat: „Auch glückliche Momente sind von diesem Grundbrummen begleitet, es hindert dich daran, ein glückliches Leben zu führen.“
Inzwischen lebt Michael Reh in New York und hat ein Refugium im Alten Land. Für ihn, der als Mode-Fotograf die Schönheit von Frauen feiert, ist es bis heute undenkbar, sich von einer Frau sexuell berühren zu lassen. In dem Roman „Katharsis“ hat Reh seine Missbrauchserfahrungen als Familiendrama aufgearbeitet.
Studie zu Frauen, die Kinder missbrauchen
Aber was macht Frauen zu Täterinnen? „Die Mehrheit der Teilnehmerinnen gab an, sich sexuell gleichermaßen zu männlichen und weiblichen Personen hingezogen zu fühlen“, so ein Ergebnis der UKE-Studie: „Mehr als die Hälfte der Teilnehmerinnen zeigt Hinweise auf die Diagnose einer pädophilen Störung.“ Nur die wenigsten Frauen gaben an, dass ihr sexuelles Interesse auf Kinder begrenzt ist.
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Vier Typen von Täterinnen zählt die Studie auf: die Sadistin, die ein starkes Ausmaß an Gewaltanwendung zeigt, die sogenannte parentifizierende Täterin, die in Kindern und Jugendlichen einen Ersatz für erwachsene Sexualpartner:innen sieht, die vermittelnde Täterin, die Kinder dritten Tatpersonen zuführt, und die instruierende Täterin, die oft im Kontext von organisierten Gewaltstrukturen auftritt.
Die Forderung der UKE-Wissenschaftler: Gezielte Aufklärung, um das Tabu aufzulösen. Das verschwiegene Thema gehört in den Fokus der Öffentlichkeit, das sagt auch Michael Reh: „Ich will darüber aufklären, dass auch Frauen Kinder sexuell missbrauchen können. Das ist meine wichtigste Aufgabe.“