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Christian Olearius
  • Christian Olearius (Archivbild)
  • Foto: picture alliance / dpa | Holger Hollemann

Der tiefe Fall des Vorzeigebankers: Reißt Olearius Scholz mit in den Abgrund?

Für den Steuerzahler war Cum-Ex ein finanzielles Desaster: Finanzakteure betrieben ein Geschäftsmodell, das den Staat Milliarden kostete. Nun kommt ein Hamburger Bankier vor Gericht. Auch der Name Olaf Scholz dürfte in einem Seitenstrang des Verfahrens fallen.

Bei der Aufarbeitung des milliardenschweren Cum-Ex-Steuerskandals beginnt an diesem Montag (10 Uhr) ein Prozess gegen den Hamburger Bankier Christian Olearius. Dem 81-jährigen Gesellschafter der Privatbank Warburg werden vor dem Bonner Landgericht 13 Fälle der besonders schweren Steuerhinterziehung vorgeworfen, die sich auf den Zeitraum 2006 bis 2013 beziehen.

Hinzu kommt ein weiterer Hinterziehungsvorwurf: Von 2016 bis 2019 soll Olearius mit falschen Angaben versucht haben, eine Steuernachzahlung zu verhindern. Die Staatsanwaltschaft beziffert den Steuerschaden auf insgesamt 280 Millionen Euro.

Warburg-Chef Christian Olearius drohen bis zu zehn Jahre Haft

Der Prozess: Der Angeklagte Olearius hat die Vorwürfe in der Vergangenheit stets zurückgewiesen. Vor Prozessbeginn wollte er sich nach Angaben seines Sprechers nicht dazu äußern. Es sind bis März 2024 insgesamt 28 Verhandlungstage geplant. Dem früheren Warburg-Chef drohen bis zu zehn Jahre Haft.

Die Vorwürfe: Der frühere Chef der Bank soll sich detailliert mit Cum-Ex-Strategien befasst und entsprechende Geschäfte abgesegnet haben. Der Anklageschrift zufolge war er in alle Planungen eingebunden und kannte alle Abläufe und maßgeblichen Entscheidungen. Zudem war er für die Unterzeichnung von Steuererklärungen zuständig, in deren Folge Steuern erstattet wurden, die zuvor gar nicht gezahlt worden waren.

Cum-Ex: Olearius traf sich mit Olaf Scholz

Treffen mit Olaf Scholz: Im Rahmen des Versuchs, die Steuernachzahlung zu verhindern, traf sich Olearius in den Jahren 2016 und 2017 mit dem damaligen Hamburger Rathauschef und heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Nach den Treffen verzichtete die Hamburger Finanzverwaltung trotz zunächst anderer Pläne vorerst auf die Rückforderungen, wodurch die unrechtmäßige Rückerstattung von Kapitalertragssteuern in Höhe 47 Millionen Euro in die Verjährung lief. Weitere 43 Millionen Euro wurden 2017 erst auf wiederholte Weisung des Bundesfinanzministeriums kurz vor Eintritt der Verjährung eingefordert. Später beglich die Bank nach eigenen Angaben alle Forderungen.

Verdacht der politischen Einflussnahme: Die Frage, ob es damals eine politische Einflussnahme auf die Hamburger Steuerverwaltung gab, beschäftigte bereits Untersuchungsausschüsse im Bundestag und in der Hamburgischen Bürgerschaft. Scholz verneint die Frage, beruft sich bezüglich der Treffen mit Olearius aber auf Erinnerungslücken. Womöglich bringt der Bonner Prozess auch Erkenntnisse zu diesem brisanten Thema – in der ausführlichen Anklageschrift gegen Olearius kommt der Name Scholz mehrfach vor.

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„Die Warburg Bank hat sich an Olaf Scholz gewandt, um eine steuerliche Verjährung der Tatbeute zu erreichen, da sie auf dem legalen Behördenweg nicht mehr weiterkam“, sagt der frühere Linken-Bundestagsabgeordnete Fabio De Masi. Der Bonner Prozess sei wichtig für den wehrhaften Rechtsstaat. „Cum-Ex-Geschäfte sind schwerste organisierte Kriminalität.“ Von Olearius erwarte er „Einsicht und Reue“. (dpa)


Die Hamburger Warburg-Bank war in Cum-Ex-Geschäfte verwickelt. Dabei lassen sich Banken, Investoren oder Aktienhändler Steuern zweimal erstatten, die nur einmal gezahlt wurden. Hamburg ließ 2016 mögliche Steuernachforderungen von 47 Millionen Euro verjähren, weil eine Steuerhinterziehung nicht nachweisbar gewesen sei. Eine weitere über 43 Millionen Euro wurde erst 2017 nach Intervention des Bundesfinanzministeriums eingefordert.

Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss soll den Vorwurf der möglichen Einflussnahme führender SPD-Politiker auf die Entscheidungen des Finanzamts klären. Vor allem geht es dabei um Hamburgs ehemaligen Bürgermeister Olaf Scholz sowie um Peter Tschentscher, der damals Finanzsenator war.

Scholz (SPD) hatte sich in den Jahren 2016 und 2017 mehrfach mit dem Warburg-Miteigentümer Christian Olearius getroffen. Gegen Olearius liefen da bereits Ermittlungen wegen des Verdachts auf schwere Steuerhinterziehung. Die Treffen mit Scholz waren durch Tagebucheinträge von Olearius bekanntgeworden. Scholz und Tschentscher haben alle Vorwürfe in diesem Zusammenhang zurückgewiesen.

2020 hatte die Warburg Bank schließlich 155 Millionen Euro an Steuerforderungen für die Jahre 2007 bis 2011 beglichen. Dies sei aber „nicht als Schuldeingeständnis zu verstehen“. Vielmehr gehe das Geldhaus weiter rechtlich gegen die Steuerbescheide vor.


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