Erzbistum zu gierig? Millionen-Poker um diese Hamburger Schule
Streit um das Gelände der katholischen Schule Neugraben: Das Erzbistum hat den Standort aufgegeben, vor wenigen Tagen wurden die letzten Viertklässler verabschiedet. Die Stadt möchte das Grundstück an der Cuxhavener Straße dringend zurückkaufen und dort drei staatliche Schulen einrichten – aber es hakt bei den Verkaufsgesprächen mit den Kirchenvertretern. Das Erzbistum sitzt an einem langen Hebel und scheint seine Verhandlungsposition wenig christlich auszunutzen, wie die Opposition mutmaßt.
Streit um das Gelände der katholischen Schule Neugraben: Das Erzbistum hat den Standort aufgegeben, vor wenigen Tagen wurden die letzten Viertklässler verabschiedet. Die Stadt möchte das Grundstück an der Cuxhavener Straße (Neugraben-Fischbek) dringend zurückkaufen und dort drei staatliche Schulen einrichten – aber es hakt bei den Verkaufsgesprächen mit den Kirchenvertretern. Das Erzbistum sitzt an einem langen Hebel und scheint seine Verhandlungsposition wenig christlich auszunutzen, wie die Opposition mutmaßt.
Die Not ist groß: Neugraben wächst, die Neubaugebiete sind äußerst begehrt bei jungen Familien. Für die „Schulregion 22a“, also Neugraben, werden in den kommenden Jahren 75 Prozent mehr Schüler für die staatlichen Schulen prognostiziert. Heißt: Das Erzbistum kann trotz finanzieller Schieflage auf Zeit spielen, während auf der anderen Seite des Preispokertisches die Stadt sitzt, die den Standort unbedingt braucht – und zwar am besten gestern.
Will die Kirche maximal viel Gewinn machen aus dem Grundstück, das sie selbst im Jahr 2008 für rund 5,6 Millionen Euro von der Stadt gekauft hat? Bereits 2013, als das Erzbistum erstmals durchblicken ließ, dass man den Standort Neugraben aufgeben wolle, argwöhnte der CDU-Abgeordnete André Trepoll, dass die katholische Kirche mit dem attraktiven 20.000-Quadratmeter-Grundstück spekulieren könnte – und es etwa als Baugrund für Wohnungsbau an den meistbietenden Investor verscherbeln könnte. Dem hat der Bezirk inzwischen einen Riegel vorgeschoben: Der Bebauungsplan erlaubt an der Stelle nur Schulen.
Schule Hamburg: Das plant die Stadt an der Cuxhavener Straße
Zwei, zeitweise gar drei staatliche Schulen will die Stadt an der Cuxhavener Straße einrichten. Nach den Sommerferien sollten eigentlich schon die ersten ABC-Schützen eingeschult werden, im Herbst 2024 sollen an der Cuxhavener Straße ein zweites Gymnasium für die Region Süderelbe und – vorübergehend – eine neue Stadtteilschule den Betrieb aufnehmen.

Stattdessen: Leerstand. Knapp 26 Millionen Euro soll der Sanierungsstau an den teilweise denkmalgeschützten Gebäuden betragen. Die zwei ersten Klassen, die eigentlich in wenigen Wochen hier eingeschult werden sollten, kommen nun erst einmal in der Grundschule Schnuckendrift unter, die bereits aus allen Nähten platzt und auf Container ausweichen muss. Im Herbst, so die Hoffnung der Schulbehörde, können die Kinder dann an die Cuxhavener Straße umziehen.
Derzeit hängt noch ein Banner an der Fassade: „Wir sagen Tschüss“, darüber das Schulwappen der Katholischen Schule Neugraben: ein Segelboot auf Wellen. Kürzlich gab es ein großes Abschiedsfest mit Gottesdienst und traurigen Worten über das Ende einer „bewundernswerten Erfolgsgeschichte“. 54 Jahre gab es die Schule, die offiziell übrigens „Gemeindeschule Heilig Kreuz“ heißt. 2018 hatte das verschuldete Erzbistum Hamburg verkündet, dass es sechs seiner 20 Schulen schließen werde, darunter auch den Standort Neugraben – ein Schock für Eltern, Kinder, Lehrkräfte.

Das Erzbistum hat nach eigenem Bekunden ein Wertgutachten für das begehrte Stück Land eingeholt. Wie hoch ist die Summe? Und wie bewertet die Kirche den Umstand, dass die ewig langen Verhandlungen Neugrabener Kinder und Eltern in echte Probleme stürzen? Vom Sprecher des Erzbistums, Manfred Nielen, kommt auf die MOPO-Fragen nur eine schmallippige Antwort: „Wir sind an einem raschen Vertragsabschluss interessiert und werden uns nach Abschluss der Verhandlungen dazu äußern.“
Schule Hamburg: Stadt lobt „konstruktive Gespräche“
Inzwischen hat auch die Stadt ein Gutachten zum Verkehrswert erstellen lassen, gibt sich aber ähnlich wortkarg: Man befinde sich in „konkreten und vorangeschrittenen Ankaufsverhandlungen mit dem Erzbistum Hamburg“, so der Sprecher der Finanzbehörde, Claas Ricker.
Die CDU-Abgeordnete Birgit Stöver wollte bereits im Juni 2022 vom Senat wissen: Wann beginnt der Umbau der katholischen Schule Neugraben? Schon damals lobte der Senat die „konstruktiven Gespräche mit dem Erzbistum Hamburg“. Ein Jahr später, im Juni 2023, stellt die Linken-Abgeordnete Sabine Boeddinghaus ähnliche Fragen an den Senat und bekommt fast wortgleich dieselbe Antwort: Stadt und Kirche befänden sich „in einem sehr konstruktiven Dialog.“ Ein Jahr ohne Ergebnis – sind die Forderungen des Erzbistums zu gierig?
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Birgit Stöver formuliert es gegenüber der MOPO etwas freundlicher: „Es kann ja nur so sein, dass das Erzbistum mehr Geld fordert, als die Stadt bezahlen will.“ Im Hintergrund, so ihre Mutmaßung, gehe es um den desolaten Zustand der Gebäude: „Das Erzbistum ist den Sanierungsauflagen nicht nachgekommen“, so Stöver. „Gleichzeitig weiß das Erzbistum, dass die Stadt den Standort braucht und ist in einer sehr günstigen Verhandlungsposition.“ Auch Sabine Boeddinghaus von den Linken kritisiert die Kirche: „Die Mutmaßung, das Erzbistum wolle den Preis in die Höhe treiben, ist nicht ausgeräumt.“