Erst Influenza, Corona, RSV, jetzt Scharlach: Hört die Krankheitswelle nie auf?
Kaum erholt sich Hamburg von Corona-Pandemie und RS-Virus schon steht die nächste Welle vor der Tür: Ärzte und Apotheker beobachten eine Zunahme von Streptokokken-Infektionen und Scharlach unter ihren Patienten. Doch viele wichtige Medikamente sind derzeit Mangelware.
Kaum erholt sich Hamburg von Corona-Pandemie und RS-Virus schon steht die nächste Welle vor der Tür: Ärzte und Apotheker beobachten eine Zunahme von Streptokokken-Infektionen und Scharlach unter ihren Patienten. Doch viele wichtige Medikamente sind derzeit Mangelware.
„Wir haben eindeutig eine Welle”, sagt Kai-Peter Siemsen, Präsident der Apothekerkammer Hamburg. Auch in den Hausarztpraxen mehren sich Fälle von Streptokokken-Infektionen, bestätigt Jana Husemann, Vorsitzende des Hausärzteverbands. Eine Erkrankung mit Streptokokken ist allerdings nicht meldepflichtig, daher lässt sich schwer sagen, wie viele Menschen derzeit wirklich erkrankt sind.
Erkrankungen wie das RS-Virus und Corona seien zwar etwas rückläufig, aber ebenfalls noch im Umlauf. „Bei den Atemwegserkrankungen sind wir etwa in Vor-Pandemie-Zeiten, aber da eher im oberen Bereich“, sagt Husemann. Rund neun Prozent aller Deutschen haben sich laut Robert-Koch-Institut in der vergangenen Woche neu mit einer Atemwegserkrankung infiziert. Bei den Kindern liegt die Infektionsrate seit vier Wochen besonders hoch – zwischen 16 und 19 Prozent.
Was sind Streptokokken und Scharlach?
Eine Streptokokken-Infektion wird durch Bakterien verursacht. Übertragen werden die Erreger durch Tröpfcheninfektionen beim Husten oder Niesen. Zu den Symptomen gehören unter anderem Halsschmerzen und Fieber mit Schüttelfrost. Scharlach ist eine Sonderform der Streptokokken-Angina.

Kinder sind besonders oft betroffen, allerdings kann man sich im Laufe des Lebens mehrfach anstecken. Eine Scharlach-Erkrankung ähnelt oft der Streptokokken-Angina, zusätzliche Symptome können ein fleckiger Hautausschlag, ein geröteter Hals und eine rote Zunge, auch Himbeerzunge genannt, sein. Eine Impfung dagegen gibt es nicht. Von schweren und teils tödlich verlaufenden Scharlach-Erkrankungen in fünf europäischen Ländern hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schon seit Dezember 2022 berichtet.
Warum sind Medikamente derzeit schwer verfügbar?
Streptokokken werden oft mit Antibiotika wie Penicillin V, Amoxicillin oder Infectobicillin behandelt. Die sind aktuell Mangelware. „Einerseits ist ein höherer Bedarf an Medikamenten vorhanden, andererseits haben wir auch eingeschränkte Lieferketten“, sagt Siemsen. Etwa 700 bis 900 Arzneimittel seien kaum oder gar nicht erhältlich. Die Hausärzte sind aber noch optimistisch, dass auch diese Welle abebbt, bevor eine wirkliche Versorgungsnot droht, so Husemann.
Das deutschlandweite Versorgungsproblem betrifft jedoch auch andere Arzneimittel, darunter Blutdruckmittel, Psychopharmaka und Krebsmedikamente. „Jedes zweite verordnete Medikament können wir nicht mehr in gewohnter Weise ausgeben“, sagt Siemsen. Derzeit behelfen sich Ärzte und Apotheken, indem sie Medikamente austauschen oder neu dosieren. Teilweise importieren die Apotheken auch schon Medikamente einzeln aus dem Ausland.
Was muss gegen den Medikamentenmangel getan werden?
Apothekenkammerpräsident Siemsen sieht den Grund für die Lieferengpässe in der Sparpolitik der Krankenkassen. Die Krankenkassen dürfen Rabattverträge mit den Medikamentenherstellern schließen. Apotheker dürfen dann nur dieses Arzneimittel an die Versicherten ausgeben.

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Dieser Preiswettbewerb führt allerdings dazu, dass sich einige Hersteller aus dem deutschen Markt zurückziehen, insbesondere bei Medikamenten, die in der Herstellung aufwändiger sind wie Krebsarzneimittel. „Wenn du keine Rabattvertrag hast, dann bist du raus“, sagt Siemsen.