Hamburger AfD-Tarnorganisation tritt als Investor auf – Berlin schreitet ein
Monatelang haben die Mieter der Weichselstraße 52 in Berlin-Neukölln gegen den Verkauf ihres Hauses an einen AfD-nahen Investor aus Hamburg protestiert. Nun haben sie ihr Ziel erreicht. Der Berliner Senat stoppte den Immobilien-Deal – mit einem klugen Trick.
Monatelang haben die Mieter der Weichselstraße 52 in Berlin-Neukölln gegen den Verkauf ihres Hauses an einen AfD-nahen Investor aus Hamburg protestiert. Nun haben sie ihr Ziel erreicht. Der Berliner Senat stoppte den Immobilien-Deal – mit einem klugen Trick.
Es war eine Rettung in letzter Minute: Noch bis Montagabend hatte die Hamburger Hansereal, hinter der die AfD-nahe „Gisela und Fred Anton Stiftung“ steckt, Zeit, eine sogenannte Abwendungsvereinbarung zu unterschreiben, die sie zur Einhaltung strenger Mieterschutz-Regelungen verpflichtet hätte.
Hamburger Investor machte keine Zugeständnisse beim Mieterschutz
Doch die Hansereal saß das einfach aus. Denn: Wenn sich kein anderer Investor gefunden hätte, wäre die Weichselstraße 52 mit ihren 21 Wohnungen und der kunterbunten Mietergemeinschaft auch ohne die Unterschrift an die Hansereal gegangen. Dann hätte das Unternehmen eine Luxussanierung durchführen können wie bei drei Immobilienprojekten gleich um die Ecke der Weichselstraße, wo die ursprünglichen Mieter vertrieben wurden.
Offensichtlich hatte das Unternehmen, das als AfD-Tarnorganisation gilt, genau darauf spekuliert. Dem Berliner Senat gelang es jedoch mit großer Mühe und vielen Gesprächen, eine andere Lösung zu präsentieren. Seit Dienstag ist klar: Das Haus geht an die städtische Wohnungsbaugesellschaft „Stadt und Land“.
Berlin: Grüner Stadtrat kritisiert fortschreitende Gentrifizierung und mahnt zur Mietrechtsreform
Die beiden Karten, die dabei gezogen wurden, sind: Erstens die Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Bezirk Neukölln und zweitens die Bereitstellung einer größeren Summe zur Unterstützung der Wohnungsbaugesellschaft durch den Senat. Zu den genauen Kosten wollte sich der Bezirk bisher nicht äußern. Nach Medieninformationen soll der Verkehrswert des Hauses bei etwa drei Millionen Euro liegen.
Der zuständige Neuköllner Stadtrat Jochen Biedermann (Grüne) bedankte sich beim Senat, bei der Wohnungsbaugesellschaft und bei seinen Kollegen im Bezirk, „die jene kleinen Spielräume genutzt haben, die uns das Gesetz noch gibt.“ Der Staat müsse eingreifen können, wenn Mietshäuser „den Eigentümer wechseln und allen völlig klar ist, dass aus bezahlbaren Wohnungen in ein paar Jahren möblierte Appartements mit befristeten Mietverträgen gemacht werden“, erklärte Biedermann.
Erleichterung: Mieter der Weichselstraße 52 freuen sich über die gemeinnützige Lösung
Der grüne Stadtrat mahnte außerdem, die Politik dürfe nicht „nur zuschauen, wenn sich im Bestand nach und nach kein Normalverdiener und keine Normalverdienerin mehr eine Wohnung leisten kann“. Biedermann appellierte darüber hinaus auch an die Bundesregierung, das Mietrecht zu reformieren und den Kommunen wieder ein Vorkaufsrecht an die Hand zu geben, das nicht nur bei Schrottimmobilien greift.
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Auch die 61 Mieter aus der Weichselstraße sind überglücklich: „Wir alle sind sehr erleichtert, dass der Vorkauf unseres Hauses durch eine städtische Wohnungsbaugesellschaft nun tatsächlich stattfindet“, heißt es in einem Statement an die MOPO. Damit seien die moderaten Mietpreise langfristig gesichert und niemand müsse mehr Angst vor Vertreibung haben. Das Beispiel der Weichselstraße 52 zeige, dass das Vorkaufsrecht noch immer ein Mittel ist, „um der Spekulation mit Wohnraum in deutschen Innenstädten Grenzen zu setzen“. Und: „Jetzt ist es an der Zeit, das Vorkaufsrecht als wirksames Mittel der Politik anzuerkennen und es bundesweit zu reformieren.“