Von der Schule ins Erdbebengebiet: Hamburger Lehrerin im Türkei-Einsatz
Die Alarm-SMS kommt wenige Tage, nachdem das Erdbeben die Türkei und Syrien erschüttert. Eben noch unterrichtet Nora Parasie (36) Deutsch und Englisch an der Grundschule Rellinger Straße in Eimsbüttel, dann sitzt sie plötzlich im Flugzeug nach Istanbul. Die Hamburger Grundschullehrerin hat als Ehrenamtliche den Menschen in einem Zeltdorf in Gaziantep geholfen. Die MOPO sprach mit ihr über Bilder, die sie nicht vergessen kann – und das, was ihr Kraft gibt.
Die Alarm-SMS kommt wenige Tage, nachdem das Erdbeben die Türkei und Syrien erschüttert. Eben noch unterrichtet Nora Parasie (36) Deutsch und Englisch an der Grundschule Rellinger Straße in Eimsbüttel, dann sitzt sie plötzlich im Flugzeug nach Istanbul. Die Hamburger Grundschullehrerin hat als Ehrenamtliche den Menschen in einem Zeltdorf in Gaziantep geholfen. Die MOPO sprach mit ihr über Bilder, die sie nicht vergessen kann – und das, was ihr Kraft gibt.
Parasie ist ehrenamtliche Koordinatorin für Not- und Katastropheneinsätze. Bei der Hilfsorganisation Humedica hat sie sich dafür ausbilden lassen. „Ich hatte nach einer Möglichkeit gesucht, direkt etwas tun zu können in Katastrophensituationen“, sagt sie. Mehrfach war die 36-Jährige schon in Krisengebieten unterwegs, half auf Haiti, in Äthiopien oder dem Libanon, aber immer nur tageweise oder in den Schulferien.

Zunächst wartet Parasie ab, ob sich andere Freiwillige finden, denn der Schulbetrieb ist in vollem Gang. Doch schließlich kommt eine zweite SMS. Es klingt dringend. Also bittet die Lehrerin um zwei Wochen Sonderurlaub. Noch am selben Tag geben Schulleitung und -behörde ihr Okay.
Hamburger Lehrerin: Von der Schule ins Erdbebengebiet
Gemeinsam mit einem siebenköpfigen Team fliegt sie nach Istanbul. Vier Ärzte, eine Pflegekraft und zwei Koordinatoren. Weiter geht es nach Adana. „Wir sind dort gelandet und fanden ein ganz normales Leben vor”, sagt Parasie. „Kilometer um Kilometer, den wir Richtung Epizentrum fuhren, sahen wir immer mehr Leid und zerstörte Häuser. Das mit eigenen Augen zu sehen, ist anders als im Fernsehen. Darauf kann man sich nicht vorbereiten.“
In einem Zeltdorf für 6000 Menschen versorgt das Team von Humedica all jene, die durch das Beben obdachlos geworden sind. Als Parasie mit ihrem Team ankommt, ist die erste Hilfe weitgehend abgeschlossen, sie kümmern sich vor allem um die Nachsorge. „Wir hatten vor allem zu tun mit Infektionskrankheiten, also alles, was sich unter mangelnden hygienischen Bedingungen und Kälte verbreitet wie Krätze oder Atemwegserkrankungen“, sagt sie.
Nachbeben erschüttern Gaziantep
Auch die seelische Versorgung ist wichtig: „Viele Menschen dort hatten nicht nur ihre Häuser verloren, sondern auch ihre Angehörigen und Freunde. Deshalb war es sehr wichtig, ihnen gut zuzuhören.“ Während Parasie vor Ort ist, erschüttern Nachbeben und ein weiteres Erdbeben die Region. Ihr Team muss sofort das Gebäude verlassen, in dem sie sich aufhalten.

„Viele Einwohner im Ort haben sich danach nicht mehr in ihre Häuser getraut und die Nacht auf der Straße oder in Autos verbracht”, sagt sie. Ständig werden sie an das Beben erinnert, das sie obdachlos machte.
Schwere Rückkehr nach Hamburg
Als Helferin im Katastophengebieten hat Parasie schon einiges gesehen, aber das Ausmaß an Toten und Verletzten sei wirklich groß gewesen. Um selbst die Bilder im Kopf zu verarbeiten, helfen ihr die große Dankbarkeit der Menschen im Camp und die abendlichen Gespräche mit den Teamkollegen.
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Vor rund einer Woche ist Nora Parasie wieder nach Hamburg zurückgekehrt. „Das Ziel ist, so lange da zu sein wie nötig und so schnell an die lokalen Hilfskräfte zu übergeben wie möglich“, erklärt sie. „Es ist immer einfacher, in einen Einsatz zu gehen, als zurückzukommen. Man geht in den Alltag zurück, aber für die Menschen in Gaziantep wird es noch sehr lange dauern, bis sie das wieder tun können.“ Insgesamt haben mehr als 46.000 Menschen bei dem katastrophalen Erdbeben ihr Leben verloren.