Hamburger Polizist teilte rechte Inhalte – das hat jetzt Konsequenzen
Bürgernah und „Cop4U“: Im vergangenen Dezember wurde gegen einen Polizisten des Kommissariats 44 in Wilhelmsburg ermittelt. Er soll Posts der „alternativen Medien“ aus dem rechtsradikalen bis rechtsextremen Spektrum geteilt haben, so der Vorwurf. Es kam heraus: Bei den Posts handelte es sich nicht um strafbare Inhalte. Dennoch gibt es Konsequenzen – sie seien „unfassbar“, kritisiert die Linke.
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Bürgernah und „Cop4U“: Im vergangenen Dezember wurde gegen einen Polizisten des Kommissariats 44 in Wilhelmsburg ermittelt. Er soll Posts der „alternativen Medien“ aus dem rechtsradikalen bis rechtsextremen Spektrum geteilt haben, so der Vorwurf. Es kam heraus: Bei den Posts handelte es sich nicht um strafbare Inhalte. Dennoch gibt es Konsequenzen – sie seien „unfassbar“, kritisiert die Linke.
Die Vorwürfe gegen den Polizisten wurden im Dezember 2022 durch ein mehrseitiges Schreiben bekannt, das anonym bei der Beschwerdestelle der Polizei eingegangen ist. Der Beamte des Kommissariats 44 in Wilhelmsburg soll demnach auf seinem öffentlich einsehbaren Facebook-Account Posts der „alternativen Medien“ aus dem rechtsradikalen bis rechtsextremen Spektrum geteilt haben. Kollegen sollen diese Posts gesehen, teilweise kommentiert, jedoch nichts dagegen unternommen haben, so ein weiterer Vorwurf.
Es gab eine Task Force, zeitweise war der Staatsschutz involviert. Der Beamte wurde damals seiner Funktion enthoben und an eine andere Polizeidienststelle versetzt. Die Ermittlungen ergaben jedoch, dass es sich bei den Posts auf der Facebook-Seite des Polizisten um keine strafbaren Inhalte handelte. Die disziplinarrechtliche Prüfung beschäftigte sich mit dem Verdacht des Verstoßes gegen die politische Neutralitätspflicht, die Pflicht zur Verfassungstreue, gegen das Mäßigungsverbot und gegen die Wohlverhaltenspflicht. Das geht aus den Antworten des Senats aus mehreren Kleinen Anfragen hervor, die der innenpolitische Sprecher der Linken Deniz Celik stellte.
Hamburg: Polizist veröffentlicht rechte Inhalte – und bekommt weniger Geld
Das Disziplinarverfahren gegen den Beamten ist mittlerweile abgeschlossen. Es wurde der Zeitraum von Mai 2011 bis Januar 2022 untersucht. Auf Nachfrage Celiks, in welchem Zeitraum der Beamte die rechten Inhalte postete, schreibt der Senat: „Ungeachtet der Feststellung, dass der erfragte Begriff ,rechte Inhalte‘ nicht definiert ist und ein breites Spektrum unterschiedlicher Einstellungen erfassen kann, wurden erstmalig im Monat Mai 2011 Inhalte im Sinne der Fragestellung festgestellt.“
Die Konsequenz für den Polizisten nach Abschluss des Disziplinarverfahrens: Eine Kürzung der Dienstbezüge, sprich: weniger Geld. Dazu Celik zur MOPO: „Die Tatsache, dass der betreffende Beamte lediglich eine Kürzung der Dienstbezüge hinnehmen muss und ansonsten einfach weiter machen kann, ist unfassbar. Es ist sehr problematisch, wenn die Polizeiführung die gesamte Angelegenheit rein auf das Disziplinarrecht reduziert und sie somit verharmlost. Menschen mit rechten Haltungen haben innerhalb der Polizei nichts zu suchen und müssen vom Polizeidienst entfernt werden.“
Beamter bei Demo anlässlich des Gedenkens an Hanau im Einsatz
Der Beamte war unter anderem bei der Demonstration am 19. August 2020 auf der Veddel anlässlich des Gedenkens an die Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau im Einsatz. Zuvor habe er gepostet, wie Celik in seiner Anfrage erwähnt, dass die anstehende Demo „nicht so prickelnd“ werde. Außerdem habe er in der Vergangenheit bereits einen Artikel der rechten „Jungen Freiheit“ zum Anschlag in Hanau verlinkt, in dem die rechte Motivation des Täters von Hanau angezweifelt werde.
Mit der Auswertung des Facebook-Profils sind fünf weitere Beamte der Polizei Hamburg „mit politisch rechts zu bewertenden Kommentierungen“ aufgefallen. Einer war ebenfalls am Polizeikommissariat 44. Die anderen vier Beamten waren im Landeskriminalamt, im Leitungsstab, am Polizeikommissariat 31 und in der Polizei Niedersachsen tätig.
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Bei allen fünf Beamten sei festgestellt worden, dass es Defizite beim Thema Neutralitäts- und Mäßigungspflicht gebe, diese aber nicht die Schwelle der disziplinarrechtlichen Erheblichkeit überschreiten würden. Im Zuge der Ermittlungen konnte bei den vier Hamburger Polizeibeamten keine Dienstvergehen festgestellt werden, heißt es vom Senat.
Die Geschehnisse hatten unter anderem Sensibilisierungsgespräche und interne Schulungsmaßnahmen im Kommissariat in Wilhelmsburg zur Folge. Das sei als Konsequenz „viel zu wenig“, sagt Deniz Celik.