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  • Foto: MOPO/ Schimkus

Er frisierte die Beatles: Nach 60 Jahren: Corona-Drama um beliebten Kiez-Friseur

St. Pauli –

Fast 60 Jahre ist der Kiez sein zuhause gewesen: Joseph Sustar (85), genannt Pepi, hatte sein eigenes kleines Friseur-Reich in der Seilerstraße, legte in dem winzigen Salon einst sogar Lennon eine Dauerwelle. Jetzt heißt es für Pepi: Schluss mit Haare schneiden. Wegen der Corona-Pandemie ist der betagte Kiez-Friseur nun pleite.

„Ich habe meinen Beruf gerne gemacht und ich hatte viele Kunden, die immer wieder gekommen sind”, sagt Pepi im Gespräch mit der MOPO. Auch die Beatles haben ihm ihre Schöpfe anvertraut: „John Lennon habe ich öfters die Haare gemacht. Da war die Band aber noch nicht so bekannt”, erinnert sich der betagte Kiez-Friseur: „Ich habe ihm die Spitzen geschnitten und eine Dauerwelle gemacht, damit die Haare ein bisschen wellig waren.” Während Pepi dem Musiker aus Liverpool die Haare aufdrehte, warteten manchmal Fans vor dem Salon, die John Lennon durch die Ladenscheibe entdeckt hatten.

Beatles beim Kiez-Friseur: Darum waren ihre Haare so lang

„Die sind bettelarm nach Deutschland gekommen und hatten nur wenig Geld, um zum Friseur zu gehen. Deshalb waren die Haare auch so lang und das war dann irgendwann Mode, die viele nachgemacht haben”, erklärt der Slowene. Lange blieben die Pilzköpfe ihm aber nicht treu: „Als sie dann jeder kannte, haben sie sich ihren eigenen Friseur einfliegen lassen”, sagt Pepi. Nett seien die Beatles trotzdem gewesen.

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An dem Fenster des zehn Quadratmeter großen Friseurs hat Pepi (85) die traurige Nachricht für seine Kunden hinterlassen. 

Foto:

Privat / hfr

Pepi war 28 Jahre alt, als er nach Hamburg kam, ein junger Slowene, der von einer ganz andere Karriere träumte: Skispringer war er, sogar Juniormeister. Auf dem Kiez lernte er dann durch einen Freund das Friseurhandwerk. Zwischen zwei Restaurants in einem unscheinbaren Wohnhaus gründete er dann seinen winzigen 10-Quadratmetersalon „Friseur Pepi”. Als Friseurstühle dienten bis zuletzt ehemalige Zahnarztstühle, die Pepi bei einem Ausverkauf günstig erworben hatte.

Mit 85 Jahren schnitt er noch Haare: Kiez-Friseur ist wegen Corona pleite

Das winzige Lädchen war ein reiner Herrensalon, weil der Kiez-Friseur sein Handwerk nun mal an Männerhaaren gelernt hatte. Später kam auch seine Frau nach Deutschland. „Sie war auch Friseurin, eine richtig gute, doch dann kam sie auf die schiefe Bahn und starb schon vor langer Zeit”, erzählt Pepi. Seitdem ist er allein in Deutschland.   

Kiez-Friseur frisierte schon die Beatles: Pepi ist wegen Corona pleite

Weit über das Rentenalter hinaus kümmerte sich der Friseur um seine Stammkunden, ein dringend erforderliches Zubrot zu der kleinen Rente. Und dann kam Corona: „Plötzlich waren meine Einnahmen weg und damit auch mein Lebensunterhalt”, erzählt Pepi. Darüber hinaus hatte der Vermieter ganz andere Pläne für seinen kleinen Laden. Wo sein Geschäft war, soll jetzt Bürofläche entstehen. „Für mich ist das alles sehr traurig”, so Pepi:„60 Jahre ist eine lange Zeit, trotzdem reicht die Rente nicht”

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Klein aber fein: Pepis Friseur-Reich im Stil der 50er Jahre.

Foto:

MOPO/ Schimkus

Jetzt wohnt der Kiez-Friseur in einem Altersheim im Zirkusweg. Für seine treusten Kunden hat er seine Telefonnummer ins Schaufenster des Salons gehängt, hofft, die Schere ab und zu nochmal in die Hand nehmen zu können: „Viele Kunden kenne ich seit 30,40 Jahren, wir hatten immer ein gutes Verhältnis, das hat Spaß gemacht.“ Inzwischen seien aber auch welche verstorben. „Sie werden älter, ich werde älter. So ist das Leben nunmal.”

Nach 60 Jahren pleite: Kiez-Friseur ist verzweifelt- das Geld fehlt

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So sah es in der Seilerstraße früher aus: Bis 1965 führte noch eine Straßenbahnlinie an Pepis ehemaligen Salon vorbei.

Foto:

MOPO/ Schimkus

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Der ehemalige Friseur blickt besorgt in seine Zukunft: „Ich habe kein Einkommen mehr, das Altersheim kostet auch und durch die fehlenden Einnahmen in den vergangenen Monaten ist das Geld knapp.”, erklärt der Kiez-Friseur verzweifelt: „Wer mir helfen will, kann sich gerne telefonisch melden“. Mit so einem Ende, sagt Pepi, habe er nicht gerechnet.

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