„Entscheidung Mitte Oktober“: Das will die HVV-Chefin als 9-Euro-Nachfolger
In den drei Monaten des 9-Euro-Tickets stand der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) im Rampenlicht und war teilweise mit den anstürmenden Massen überfordert: Mehrmals ging beim Fahrkarten-Shop nichts mehr. Trotzdem bezeichnet HVV-Chefin Anna-Theresa Korbutt das Billig-Ticket als vollen Erfolg – und als Sprungbrett für eine Revolution im Öffentlichen Nahverkehr. Mit der MOPO hat sie darüber gesprochen, welchen 9-Euro-Nachfolger sie bevorzugt, mit welchen Problemen der Verkehrsverbund aktuell zu kämpfen hat und ob das autonome Fahren auch in Hamburg eine Zukunft hat.
MOPO: Die Energiekosten explodieren – inwieweit trifft das den HVV?
Anna-Theresa Korbutt: Unsere Busse und Bahnen brauchen Diesel und Strom, insofern sind wir natürlich stark davon betroffen.
Werden das die HVV-Kunden dann bei den Preissteigerungen merken?
In den drei Monaten des 9-Euro-Tickets stand der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) im Rampenlicht und war teilweise mit den anstürmenden Massen überfordert: Mehrmals ging beim Fahrkarten-Shop nichts mehr. Trotzdem bezeichnet HVV-Chefin Anna-Theresa Korbutt das Billig-Ticket als vollen Erfolg – und als Sprungbrett für eine Revolution im Öffentlichen Nahverkehr. Mit der MOPO hat sie darüber gesprochen, welchen 9-Euro-Nachfolger sie bevorzugt, mit welchen Problemen der Verkehrsverbund aktuell zu kämpfen hat und ob das autonome Fahren auch in Hamburg eine Zukunft hat.
MOPO: Die Energiekosten explodieren – inwieweit trifft das den HVV?
Anna-Theresa Korbutt: Unsere Busse und Bahnen brauchen Diesel und Strom, insofern sind wir natürlich stark davon betroffen.
Werden das die HVV-Kunden dann bei den Preissteigerungen merken?
Inwieweit sich das bei den Kunden wiederspiegeln wird, kann ich derzeit noch nicht sagen. Bevor wir das entscheiden, müssen wir die bundesweite Diskussion abwarten. Alle Preise werden davon abhängen, wie das Nachfolgemodell zum 9-Euro-Ticket aussehen wird.
Diskussion um Nachfolger des 9-Euro-Tickets
Der Bund hat ja aber gerade erst den Forderungen der Länder nach mehr Geld für den ÖPNV erstmal eine Absage erteilt….
Ich glaube, das ist auch Verhandlungstaktik. Der Bund kann sich nicht hinstellen und sagen er schüttet das jetzt aus dem Ärmel. Die Signale, die ich aus den länderübergreifenden Treffen mitnehme, sind aber klar: Der Bund will eine schnelle Lösung und wird seinen Teil dazu beitragen. In welcher Höhe, wird sich zeigen.
Das könnte Sie auch interessieren: WLAN, Barhocker und Steckdosen: So komfortabel wird die neue S2
Wenn das Geld kommt – wo müsste der HVV das Geld am ehesten einsetzen?
Erstmal müssen damit die bestehenden Verkehrsleistungen abgesichert werden. Danach wollen wir natürlich das Angebot weiter ausbauen. Dieses Ziel ist in den vergangenen zwei Corona-Jahren etwas nach hinten gerückt, aber das ist das Wichtigste. Unabhängig davon müssen wir aber auch in neue Mitarbeiter investieren.
Wie soll das Angebot denn vergrößert werden, wenn Sie heute schon Probleme haben, genug Fahrer zu finden?
Dafür müssen jetzt die richtigen Weichen gestellt werden. Ein Beispiel: Ich glaube, dass die Branche perspektivisch die Arbeitszeitmodelle weiter flexibilisieren sollte. Schichtarbeit passt eben nicht immer – da müssen im Zweifel auch andere Modelle entwickelt werden.
HVV will flexibleres Schichtsystem für Fahrer
Wie sollen die dann aussehen?
Es braucht viel mehr Teilzeitmöglichkeiten. Die Schichtpläne heute sind auf acht oder mehr Stunden pro Tag ausgerichtet und ermöglichen deshalb oft noch keine Teilzeit.
Das 9-Euro-Ticket hat ja allerdings gezeigt, dass mehr Angebot nicht das einzig Entscheidende ist, um auf Bus und Bahn umzusteigen…
Das Angebot ist die Basis, aber der Preis spielt eine genauso wichtige Rolle, das stimmt. Auch der ländliche Raum hat von dem 9-Euro-Ticket unglaublich profitiert, weil viele dort vom Auto auf die Bahn umgestiegen sind. Wie es weitergeht, wird sich jetzt in den Verhandlungen mit dem Bund zeigen.
Das könnte Sie auch interessieren: 9-Euro-Ticket führt laut HVV zu mehr Autoverzicht – das sehen nicht alle so
Was würden Sie als Nachfolge-Ticket bevorzugen?
Ein 49-Euro-Ticket als Abo-Modell und dazu noch eine ermäßigte Variante zum Beispiel für Auszubildende und Studierende. Dazu hätten wir gerne noch eine etwas teurere Monatskarte für alle, die nicht ins Abo wollen.
Niedriger würden Sie nicht gehen?
Wir kommen von einem recht hohen Preis-Niveau. Wenn es das 49-Euro-Ticket gäbe, würden nur noch zwei Abo-Sorten im System bestehen bleiben, das wäre eine riesige Vereinfachung. Für unsere 700.000 Zeitkarten-Kunden wäre das eine große finanzielle Entlastung und für viele Neukunden eine Hürde weniger, um bei uns einzusteigen.
Wie schnell könnten Sie denn ein Bundesticket hier im HVV umsetzen?
Ich bin der Überzeugung, dass es Mitte Oktober eine Entscheidung geben wird. Über 700.000 HVV-Abo-Kunden dann innerhalb von zweieinhalb Monaten automatisch umzustellen ist eine Herausforderung. Wir haben aber schon beim 9-Euro-Ticket gezeigt, dass wir das können. Gleichzeitig ist das neue Ticket auch eine große Chance: Wir können damit diesen deutschen Flickenteppich aus Hunderten Verbünden und Einzeltarifen hinter uns lassen.
Wird das angekündigte hvv-Any, das Bezahlsystem, bei dem man sich mit dem Handy nur ein- und auschecken muss, dann nicht überflüssig?
Nein, wir werden immer Kunden ohne Abo haben und genau für diejenigen ist hvv Any perfekt. Checke einfach bei Betreten der Haltestelle ein, den Rest erledigt die App. Die größte Vereinfachung, die ich mir vorstellen kann.

Kann der ÖPNV dann mit dem Auto mithalten?
Das Auto ist und bleibt für uns die größte Konkurrenz. Wir sind ein Auto-Land und haben den Leuten nie wirklich die Vorzüge des ÖPNV bieten können, weil die Autoindustrie immer eine stärkere Lobby hatte. Jetzt sind wir endlich mal am Zug. Außerdem haben wir eine neue Generation mit viel Bewusstsein fürs Klima. Die könnten teilweise ein Auto kaufen, möchten aber nicht.
HVV plant autonome On-Demand-Fahrzeuge
Was ist mit den ländlicheren Regionen?
Wir werden es nicht schaffen, in jeder ländlichen Region ein dichtes Angebot mit Bussen und Bahnen bereitzustellen. Aber der Umbruch zum autonomen Fahren wird kommen, und dann können wir das Umland mithilfe von On-Demand-Verkehren perfekt anbinden.
Das könnte Sie auch interessieren: So will der HVV cool werden
Wie können die Leute dann davon überzeugt werden, das zu nutzen?
Ich bin in Amerika selbst in solchen Wagen gefahren. Das ist beim ersten Mal schon ziemlich unheimlich. Aber das wird sich etablieren, so wie sich auch Handys etabliert haben. Meine Töchter werden es in ein paar Jahren gar nicht anders kennen. Das ist das Gleiche wie beim Flugzeug – die meiste Zeit fliegt es sowieso bereits auf Autopilot. Wir sind technisch schon viel abhängiger, als uns bewusst ist.