„Empfinde Scham“: Hamburger Bezirkschef tappt in Nacktfoto-Falle
Eine harmlos scheinende Freundschaftsanfrage bei Facebook sollte für den grünen Bezirksamtsleiter von Hamburg-Nord, Michael Werner-Boelz, in einem Albtraum enden: Damit sein Nacktfoto nicht an die Öffentlichkeit gerät, sollte der Politiker 50.000 Euro zahlen. Der MOPO erzählt er, warum er sich entschieden hat, diesen Erpressungsversuch öffentlich zu machen – und was er anderen Betroffenen rät. Denn dahinter steckt eine Masche, vor der auch die Hamburger Polizei warnt.
Eine harmlos scheinende Freundschaftsanfrage bei Facebook sollte für den grünen Bezirksamtsleiter von Hamburg-Nord, Michael Werner-Boelz, in einem Albtraum enden: Damit sein Nacktfoto nicht an die Öffentlichkeit gerät, sollte der Politiker 50.000 Euro zahlen. Der MOPO erzählt er, warum er sich entschieden hat, diesen Erpressungsversuch öffentlich zu machen – und was er anderen Betroffenen rät. Denn dahinter steckt eine Masche, vor der auch die Hamburger Polizei warnt.
„Es ist kein leichter Schritt für mich, damit an die Öffentlichkeit zu gehen“, sagt Werner-Boelz. „Wie jedes der vielen Opfer dieser besonders perfiden Art der Erpressung empfinde auch ich Scham über das Vorgefallene.“ Zuerst hatte die „Bild“ berichtet.
Bezirkschef von Hamburg-Nord mit Nacktfoto erpresst
Was war passiert? Im Januar erhielt der Bezirkschef zunächst eine Freundschaftsanfrage auf Facebook von einer Frau um die 30 Jahre. Sie gab vor, Französin zu sein und im Hamburger Stadtteil Bramfeld zu wohnen. Wochenlang chatteten die beiden auf Skype hin und her.
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Zunächst ging es nur um alltägliche Dinge, doch dann passierte es: Die Chat-Partnerin schickte Nacktfotos von sich, mit der Bitte an Werner-Boelz, es ihr gleichzutun. Zunächst lehnte der 56-Jährige noch ab, doch als das ein paar Wochen später wieder passierte, sendete er schließlich doch eins.
Täter wollten 50.000 Euro für das Nacktfoto
Eine fatale Entscheidung, die er sofort bereute. Der Politiker versuchte, das Ganze rückgängig zu machen, das Foto wieder zu löschen – vergeblich. Es war zu spät, das Bild bereits vom Gegenüber gesichert.
Am Ostersamstag dann der Showdown: Das mutmaßlich kriminelle Netzwerk hinter der angeblichen Französin verlangte von Werner-Boelz 50.000 Euro, ansonsten würde sein Bild im Internet veröffentlicht. Statt zu zahlen, ging Werner-Boelz zur Polizei und erstattete Anzeige.
Was ist eigentlich „Sextortion“?
Die Masche, die hinter dieser Aktion steckt, nennt sich „Sextortion“ – eine Wortschöpfung aus Sex und dem englischen Wort für Erpressung (extortion). Diese tritt meist in zwei Variationen auf. Erste Möglichkeit: Die Opfer erhalten eine E-Mail mit dem sinngemäßen Inhalt „Wir haben Ihren PC gehackt und Sie über die Kamerafunktion beim Onanieren gefilmt. Zahlen Sie…“ Laut der Hamburger Staatsanwaltschaft wurden bei vielen dieser Fälle die Geräte zwar gehackt, die Handlungen aber so gut wie nie gefilmt.
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Zweite Möglichkeit: Die Opfer werden in einen erotischen Chat verwickelt und dazu überredet, Nacktaufnahmen von sich zu versenden. Anschließend wird mit der Veröffentlichung dieser Aufnahmen gedroht – so wie es bei Werner-Boelz passiert ist.
Wie viele Fälle von „Sextortion“ gibt es in Hamburg?
Seit August 2022 hat die Hamburger Staatsanwaltschaft entsprechende Verfahren in der Spezialabteilung für Cyberkriminalität konzentriert. Nach Einschätzung des zuständigen Leiters sind es seitdem um die 300 Fälle – die Dunkelziffer ist wohl aber sehr hoch. Zu groß ist das Schamgefühl bei den Opfern, die laut Polizei vorwiegend männlich sind.
Die Höhe der im Jahr 2022 von den Tätern geforderten Erpressersummen liegt im sechsstelligen Euro-Bereich. „In den meisten der angezeigten Fälle handelte es sich um Versuche, da die Opfer häufig nicht gewillt sind, den Zahlungen Folge zu leisten“, sagt Polizeisprecher Thilo Marxsen.
Was sollten Betroffene unternehmen?
„Ich möchte mit meinem Schritt vor „Sextortion“ warnen und allen in einer ähnlichen Situation Mut machen, ihre Scham zu überwinden und die Tat zur Anzeige zu bringen“, so Werner-Boelz. Die Polizei habe sich sehr engagiert um die schnelle Bearbeitung des Falls gekümmert. Laut LKA-Ermittlern ist die osteuropäische Plattform, auf der das Bild veröffentlicht wurde, weiterhin online – das Foto aber inzwischen nicht mehr.
Die Polizei rät allen Betroffenen, kein Geld an die Erpresser zu überweisen, sondern sofort Anzeige zu erstatten und den Betreiber der Website zu kontaktieren. Der Kontakt zu der anonymen Person sollte sofort abgebrochen und die Chats per Screenshot gesichert werden.