„Antisemitische Narrative“: Eklat um Schweigeminute in Bezirksversammlung
Unter Protest hat die Linksfraktion die Bezirksversammlung in Hamburg-Nord am Donnerstagabend verlassen. Der Grund: Eine von ihnen angefragte Schweigeminute „um der palästinensischen Kinder und aller Todesopfer im Nahost-Konflikt zu gedenken“ wurde abgelehnt. Wie es dazu kam, warum für die Chefin der örtlichen Linksfraktion jetzt womöglich ein Bußgeld fällig wird und was sie dazu sagt.
Unter Protest hat die Linksfraktion die Bezirksversammlung in Hamburg-Nord am Donnerstagabend verlassen. Der Grund: Eine von ihnen angefragte Schweigeminute „um der palästinensischen Kinder und aller Todesopfer im Nahost-Konflikt zu gedenken“ wurde abgelehnt. Wie es dazu kam, warum für die Chefin der örtlichen Linksfraktion jetzt womöglich ein Bußgeld fällig wird und was sie dazu sagt.
Einen Tag vor der Sitzung hatte die Linksfraktion am Mittwoch die Schweigeminute erbeten. Im Wortlaut: „Die Fraktion Die Linke beantragt, eine Schweigeminute abzuhalten, um der palästinensischen Kinder und aller Todesopfer im Nahost-Konflikt zu gedenken und damit ein Zeichen der Solidarität zu setzen.“ Die Fraktionsspitzen im Ältestenrat lehnten die Schweigeminute am Donnerstag ab.
Bezirksversammlung Nord: Gaza-Schweigeminute abgelehnt
„Empört und entrüstet“ sei sie gewesen, sagt Linken-Fraktionschefin Angelika Traversin im Gespräch mit der MOPO. Sie trat nach vorn und gab eine persönliche Erklärung ab, die ihr von der Vorsitzenden der Bezirksversammlung, Isabel Permien (Grüne), eigentlich nicht gestattet worden war. Zweimal wurde sie deshalb vom Präsidium abgemahnt, womöglich folgen nun Konsequenzen in Form eines Bußgeldes. Als nächstes verließ die Linksfraktion geschlossen den Sitzungssaal des Bezirksamts in Eppendorf.
„Wir haben über das Anliegen der Linksfraktion im Ältestenrat gesprochen und waren uns einig, dass der Antrag zu einseitig formuliert wurde und antisemitische Narrative wiederholt werden“, sagt Timo Kranz, Grünen-Fraktionschef Nord. „Da die Linke nicht bereit war, von ihrer Formulierung abzurücken, haben wir mit einer Mehrheit aller anderen Fraktionen dagegen entschieden.“

Grüne: Alle Menschen müssen eingeschlossen sein
Am 12. Oktober, fünf Tage nach dem Angriff der Hamas auf Israel, hatte es in der Bezirksversammlung Nord schon einmal eine Schweigeminute gegeben. Damals hatten alle Fraktionen gemeinsam der ermordeten Israelis gedacht.
„Nun könnte man einwenden, dass zu dem Zeitpunkt die Gegenoffensive noch nicht stattgefunden hatte“, sagt Kranz. Es seien sicherlich alle Fraktionen bereit dazu, eine weitere Schweigeminute abzuhalten, wenn in der Formulierung alle Menschen eingeschlossen sind. „Man muss klarmachen, wo wir in Deutschland stehen und die Gräueltaten der Hamas als Ausgangspunkt des Krieges benennen.“
Linke fordern Unterstützung aus der Bürgerschaft
Traversin sieht das anders. „Wenn man das will, dann kann man das so interpretieren, aber es war nicht so gemeint.“ Die Linksfraktion habe aller zivilen Opfer und Toten auf beiden Seiten gedenken wollen, sagt sie der MOPO. „Es ging uns nicht um eine Täter-Opfer-Umkehr, es ging um einen rein humanitären Ansatz.“
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Die Linksfraktion in Nord erwartet nach dem Eklat nun Unterstützung aus der Bürgerschaft: „Wir erwarten, dass die Linksfraktion in der Bürgerschaft einen entsprechenden Antrag für eine Schweigeminute dort einbringt“, ergänzt Keyvan Taheri von der Linksfraktion in Nord. Auf MOPO-Anfrage sagt Linken-Sprecher Ralf Dorschel am Freitag: „Ich höre diese Frage zum ersten Mal, wir nehmen das zur Kenntnis und prüfen es, nachdem wir auf den üblichen parteiinternen Wegen angesprochen worden sind.“