Ekel-Hauptbahnhof: Wie Hamburg die Tauben-Plage in den Griff kriegen will
Wer am Hamburger Hauptbahnhof unachtsam Pommes vom Pappteller fallen lässt, wird sich vor tierischen Freunden nicht mehr retten können. Schon lange teilen sich die täglich 550.000 Reisenden den Raum mit bis zu 800 Tauben. Alle sind sich einig: Es müssen weniger werden – aber wie?
Kaum ein anderes Tier hat so ein schlechtes Ansehen wie die Stadttaube: Sie verteilt ihren Kot überall, vermehrt sich im Handumdrehen und geiert auf das Essen in den Verkaufsbuden. Dabei entspricht das gar nicht ihrer natürlichen Nahrung. „Sie fressen die Reste, um nicht zu verhungern“, erklärt Andrea Scholl, Zweite Vorsitzende des Vereins Hamburger Stadttauben. „Es ist wichtig, zu verstehen, dass die Taube kein Wildtier, sondern ein verwahrlostes Haustier ist – und auf den Menschen angewiesen.“
Am Hauptbahnhof sind die Tauben jedenfalls zur echten Plage geworden. Kann man etwas dagegen tun? Ja, sagen Studierende – und haben erste Vorschläge entwickelt.
Wer am Hamburger Hauptbahnhof unachtsam Pommes vom Pappteller fallen lässt, wird sich vor tierischen Freunden nicht mehr retten können. Schon lange teilen sich die täglich 550.000 Reisenden den Raum mit bis zu 800 Tauben. Alle sind sich einig: Es müssen weniger werden – aber wie? Studierende der TU Braunschweig wollen jetzt spezielle Türme für die Tiere entwerfen.
Dazu sind die angehenden Architekten vom „Institut für architekturbezogene Kunst“ zusammen mit den beiden Seminarleitern am Donnerstag in die Hansestadt gereist, um sich ein genaues Bild vom Hauptbahnhof zu machen. Die Ortsbegehung startete am Hachmannplatz, ging über den ZOB, den Steintordamm bis zum Glockengießerwall. Aber auch ein Teil der Spitaler- und der Mönckebergstraße gehört noch zur Heimat der Hauptbahnhof-Tauben.
Hamburger Hauptbahnhof: Die ewige Tauben-Plage
„Für uns steht das Verhältnis zwischen Mensch, Taube und Architektur im Fokus“, sagt die 25-jährige Mirjam Grünwald. „Wir fragen uns also: Wie verhalten sich die Tauben? Haben die Plätze das Ziel, die Tiere zu verdrängen?“ Und wie ist der erste Eindruck von Hamburg? „Die Menschen nehmen die Tauben gar nicht wahr, obwohl sie allgegenwärtig sind“, sagt ihr Kommilitone Robert Bischoff (22). „Dafür gibt es an sehr vielen Gebäude Tauben-Abwehren, wie Netze oder Drahtsysteme.“

Das ist keine Seltenheit – immerhin hat kaum ein anderes Tier so ein schlechtes Ansehen wie die Stadttaube: Sie verteilen ihren Kot überall, vermehren sich im Handumdrehen und geiern auf das Essen in den Verkaufsbuden. Dabei entspricht das gar nicht ihrer natürlichen Nahrung. „Sie fressen die Reste, um nicht zu verhungern“, erklärt Andrea Scholl, Zweite Vorsitzende des Vereins Hamburger Stadttauben. „Es ist wichtig, zu verstehen, dass die Taube kein Wildtier, sondern ein verwahrlostes Haustier ist – und auf den Menschen angewiesen.“

Über mehrere tausend Jahre überbrachten Tauben Briefe und dienten als Eier- und Fleischlieferant. Dann wurden sie nicht mehr gebraucht und kurzerhand in die Natur verfrachtet. Doch obwohl die Bedingungen für die Tiere schwierig sind, vermehren sie sich immer weiter. „Tauben haben einen Brutzwang“, sagt Scholl. „Sie wurden gezüchtet, mindestens acht Mal im Jahr zwei Eier zu legen.“

In den möglichen Tauben-Türmen bekämen die Tiere Futter und Wasser sowie ein Dach über dem Kopf. Der Clou: Die Verantwortlichen könnten dort die Eier durch Gips-Attrappen austauschen, sodass die Population gesenkt wird. Aber merken die Tauben das nicht? „Nein“, sagt Scholl. „Auch in der Natur sind Eier manchmal unbefruchtet oder fallen runter.“
Tauben am Hauptbahnhof: Ein gemeinsames Projekt
Wirklich zuständig für die Tiere fühlte sich über die Jahre in der Politik jedenfalls kaum jemand. Die Deutsche Bahn errichtete 2016 immerhin einen Taubenschlag hoch über dem Hauptbahnhof, der für 200 Tiere ausgelegt ist. Wer am Glockengießerwall seinen Blick nach oben richtet, kann die Tiere dort ein- und ausfliegen sehen. „Der Taubenschlag ist eindeutig unterdimensioniert im Vergleich zur Anzahl der Tauben im städtischen Umfeld des Hamburger Hauptbahnhofs“, sagt Bahnhofsmanager Markus Hock. „Deshalb freuen wir uns, dass jetzt Bewegung in die Sache kommt.“

Initiiert wurde das gemeinsame Projekt von der Grünen-Bürgerschaftsabgeordneten Lisa Maria Otte. „Alle sind sich einig, dass es weniger Stadttauben in Hamburg geben muss, damit die Versorgung der Tauben langfristig gesichert ist und das Zusammenleben von Mensch und Tier harmonisch wird“, sagt sie. „Das Hamburger Fütterungsverbot hat an der Tauben-Population nichts geändert, deshalb müssen neue Ideen her.“

Etwas bewegen könnte jetzt ein aktuelles Gutachten des Berliner Senats. Dieses stellt fest, dass es sich bei den Stadttauben um Nachkommen ehemaliger Haustiere handele – deshalb müssten sich Kommunen um das Wohlergehen der Tiere kümmern. In den Hamburger Bezirken wurden zwar in den vergangenen Jahren immer mal wieder einzelne Taubenschläge genehmigt, eine Großinitiative gab es bisher aber nicht. In Altona sucht das Bezirksamt zur Zeit nach Standorten und will sich an den Tauben-Erkenntnissen der TU Braunschweig orientieren.
Während der dreistündigen Begehung machten sich die Studis jedenfalls eifrig Notizen, jetzt geht es an die Entwürfe und Planungen. Die Ergebnisse gibt’s dann am Ende des Sommersemsters in einer Ausstellung am Hauptbahnhof zu sehen.