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  • Foto: imago images/Panthermedia

Einsam in Hamburg: Expertentipps: So kommen Sie aus dem Teufelskreis heraus

Ist da jemand? „Sich einsam fühlen in einer Welt, in der Instagram und Co. regieren und damit 1000 Möglichkeiten, sich zu vernetzen? Wie geht das denn?“, könnte die Frage lauten. Daher empfinden es Menschen oft als Makel, wenn sie trotz aller Angebote ein Gefühl der Verlorenheit überkommt. Wenn sie sich auf einer Party wie ausgesetzt vorkommen, weil sie sich mit niemandem richtig verbunden fühlen.

Wie fühlt man sich bedeutungslos in einer Spaßgesellschaft? Und wie geht man mit seinen Hemmungen um, ohne als Spaßbremse in Erinnerung zu bleiben? Da zeige ich doch lieber meine Schokoladenseite, berichte von meinen Erfolgen und wie genial alles läuft. Man bräuchte schon eine Röntgenbrille, um alles zu durchschauen.

Doch wer sich „Schokolade“ nicht leisten kann oder eine Allergie dagegen hat, der kann erst recht schwer mithalten – in einer Gesellschaft, in der das Leben als eine Aneinanderreihung konsumierbarer Höhepunkte „verkauft“ wird. Ui, ui, ui … alle elf Minuten verliebt sich ein Single über Parship! Von Wilhelmsburg über Eimsbüttel bis Altona leuchten mir auf Riesenplakaten an Bushaltestellen gut aussehende Verliebte entgegen. Das beeindruckt.

Fiese Gedanken wirken wie schleichendes Gift

Ich wüsste gern, wie das Märchen dann weitergeht. Wer sich von solchen Werbespots einfangen lässt, der könnte leicht auf die Idee kommen, dass mit ihm etwas nicht stimmen kann – wenn Freunde finden und in Beziehung leben für alle anderen doch so leicht ist.

Fiese Gedanken wirken dann wie schleichendes Gift: „Mit mir will keiner etwas zu tun haben!“ oder „Die anderen sind mir einfach zu blöd!“ Sie zielen auf das Selbstwertgefühl oder auf die Entwertung unserer Mitmenschen und bewirken, dass wir uns zurückziehen.

Der Beginn eines Teufelskreises? Rückzug bewirkt Unsicherheit und Vorsicht beim Gegenüber, Vorsicht verursacht Enttäuschung und auf Enttäuschung folgt weiterer Rückzug.

Einsamkeit ist zuallererst ein innerer Ort. Meist ist es ein unmerklich schleichender Prozess, ein langsamer Rückzug.

Einsamkeit ist zuallererst ein innerer Ort. Meist ist es ein unmerklich schleichender Prozess, ein langsamer Rückzug. 

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picture alliance/ZB

„Ist da jemand?“ singt Adel Tawil. Und mancher stimmt ein – zu Weihnachten, dem Fest der Verbundenheit, oder zu Silvester. Was, wenn da keiner ist? Nicht die Großstadt an sich macht einsam. Verloren fühlen kann ich mich auch in einem 200-Seelen-Dorf.

Einsamkeit ist zuallererst ein innerer Ort

Beton, Hochhäuser, flirrende Neonbeleuchtung, verglaste Fassaden, akustischer Sondermüll durch Autolawinen in der Innenstadt – auch das ist mein geliebtes Hamburg. Hier muss alles schnell gehen, bleibt wenig Zeit für die Pflege loser Bekanntschaften, einen Plausch im Hausflur mit der Nachbarin.

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Zugegeben, diese Großstadtseite macht Anonymität und Einsamkeit leicht. Doch Einsamkeit ist zuallererst ein innerer Ort. Erst das Trinken macht den Alkohol gefährlich. Erst das Nichtteilnehmen am sozialen Leben macht einsam.

Nicht von heute auf morgen. Meist ist es ein unmerklich schleichender Prozess, ein langsamer Rückzug und ein Vermeiden der Möglichkeiten. Eine Beziehungstrennung, ein Todesfall, ein Ortswechsel müssen nicht immer am Anfang stehen. Erhöhen aber das Risiko, aus einem seelischen Loch hinüberzugleiten in eine jahrelange Grundstimmung.

Es klingt banal, aber Reden hilft gegen Einsamkeit! 

Irgendwann schaue ich aus meinem Küchenfenster oder laufe die Max-Brauer-Allee rauf und wieder runter und fühle mich „mutterseelenallein“. So drückt sich der Volksmund aus und meint dieses schmerzvolle Gefühl des Alleinseins, von „Gott und der Welt verlassen“. Getrennt von den Menschen, die gut verbunden mitten im Leben stehen.

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Wie können wir in unserer schönen Stadt wieder mehr Kontaktfläche und Reibungswärme erzeugen? Klingt banal: Reden hilft! Und kostet meistens nichts. Es wird doch wohl möglich sein, über miese Stimmung, über dunkle Gefühle und innere Abgründe wie Einsamkeit sprechen zu können, ohne gleich als psychisch krank abgestempelt zu werden.

Es wird doch wohl die Telefonseelsorge nicht die einzige Hoffnungsträgerin sein, die ich anrufen kann, um Menschen zu finden, die mich nehmen, wie ich bin, und mich verstehen.

Gerade in einer Großstadt wie Hamburg gibt es viele Möglichkeiten, auf nette Menschen zu treffen

„Ist da jemand?“ Ja, sicher. In der Nachbarwohnung zum Beispiel, in Selbsthilfegruppen sowieso. Gerade in einer Großstadt wie Hamburg gibt es viele kostenfreie Möglichkeiten, auf Menschen zu treffen, die richtig nett sind. Ich bin vor Kurzem gut gelandet in einer Doppelkopfgruppe in Eimsbüttel.

Mut braucht es immer. Der erste Schritt nach „draußen“, vielleicht nach langer Zeit, ist ganz sicher mit Ängsten verbunden – und Achtung: mit fiesen Gedanken! Die sind aber schon die höchste zu erwartende Schwelle.

Fürs Erste reicht auch ein Smalltalk, vielleicht im Supermarkt. Nix Dolles. Lächeln nicht vergessen. Lächeln wirkt Wunder. Mehr Geschenk braucht es nicht. Echt!

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