Hier bekommt jedes Kind eine Chance!
Akademikerkinder machen Abitur, Arbeiterkinder einen mittleren Bildungsabschluss: Viel zu oft sind die Bildungschancen noch von der sozialen Herkunft abhängig. Bei Renella soll es anders laufen: So wie elf andere Kinder aus dem Hamburger Osten wird die Neunjährige aus Rothenburgsort jetzt durch ein besonderes Stipendium gefördert – dessen Konzept in Deutschland einmalig ist.
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Akademikerkinder machen Abitur, Arbeiterkinder einen mittleren Bildungsabschluss: Viel zu oft sind die Bildungschancen noch von der sozialen Herkunft abhängig. Bei Renella soll es anders laufen: So wie elf andere Kinder aus dem Hamburger Osten wird die Neunjährige aus Rothenburgsort jetzt durch ein besonderes Stipendium gefördert – dessen Konzept in Deutschland einmalig ist.
Renella Hagi liebt es zu lernen. Ihre Lieblingsfächer sind Deutsch und Englisch. „Da habe ich immer eine Eins!“, erzählt sie im Gespräch mit der MOPO. Ihre Mama Samara Hagi könnte nicht stolzer sein auf die Neunjährige. „Sie ist so kreativ, selbstständig und wirkt schon richtig erwachsen“, sagt sie.
Diesterweg-Stipendium fördert ganze Familie
Die junge Mutter spricht mittlerweile fließend Deutsch. Dabei hat sie sich bis vor wenigen Monaten noch nicht einmal getraut, in der Öffentlichkeit zu reden. Zu groß war in den vergangenen neun Jahren, seit sie aus dem Irak gekommen ist, die Angst Fehler zu machen.
Sie arbeitet nicht – ihr Mann ist sechs Tage die Woche als Paketzusteller unterwegs, um die Familie zu ernähren. „Er schleppt richtig schwere Sachen, Kühlschränke zum Beispiel“, erzählt Tochter Renella. Doch auch Samara Hagi möchte nicht ewig zu Hause bleiben – sie sucht schon nach einem passenden Beruf. Davon konnte sie im Irak nur träumen, wo zu ihrer Zeit Frauen die Schule nach der fünften Klasse verlassen mussten.
Einzigartiges Stipendium für Hamburger Kinder
Dass sich das Leben der Familie gerade so positiv verändert, hängt mit dem Diesterweg-Stipendium zusammen, mit dem Viertklässlerin Renella seit den Sommerferien gefördert wird. Es soll Kinder aus 14 Schulen im Hamburger Osten beim Übergang von der Grundschule in die fünfte Klasse unterstützen.
Besonders – und deutschlandweit einzigartig – ist das Konzept: Mit dem Diesterweg-Stipendium, das es auch in anderen Städten gibt, werden auch die Familien gefördert. Denn das soziale Umfeld bestimmt in vielen Fällen noch immer, welchen Bildungsweg Kinder bestreiten. Gerade erst feierte das Stipendium sein zehnjähriges Bestehen in Hamburg.
Einmal in der Woche geht die Neunjährige zum „Aufbauunterricht“, in dem ihr und den anderen Diesterweg-Stipendiaten zusätzlich zum normalen Schulunterricht Wissen vermittelt wird. „Die Kinder dort sind sehr nett“, sagt sie. „Nicht so doof wie die Jungs in der Schule.“ Währenddessen sitzt Mutter Samara Hagi meist im Elterncafé, wo sie und die anderen Mütter und Väter sich austauschen können und praktische Alltagstipps bekommen. Renellas Schwestern Ella (1) und Ilayda (7) nimmt sie mit.
„Endlich traue ich mich, mit der U-Bahn zu fahren“
Außerdem im Stipendium inbegriffen sind Museums-, Theater und Konzertbesuche, Ferienkurse, Ausflüge und Feste sowie „Bildungsgeld“ zur Finanzierung von Schulmaterialien. Alle zwei Jahre starten zwölf Kinder in das Programm. Ausgewählt werden sie von den Lehrern an den 14 Partnerschulen im Hamburger Osten. Auch Renella wurde Anfang des Jahres von ihrer Lehrerin in Rothenburgsort für das Stipendium vorgeschlagen. Migrationshintergrund ist übrigens keine Voraussetzung. Wichtig sind Begabung, Bereitschaft und Bedarf.
„Durch das Stipendium haben wir schon viel erlebt“, sagt Samara Hagi. Und Tochter Renella fügt hinzu: „Vorher war ich gar nicht im Museum. Jetzt haben wir schon ganz viele kennengelernt. Und ich traue mich jetzt, alleine mit der U-Bahn zu fahren.“
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Das Diesterweg-Stipendienprogramm wurde von der Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main entwickelt und von der Patriotischen Gesellschaft Hamburg übernommen. Mehrere Kooperations- und Förderpartner finanzieren das Programm mit.
Renella ist dankbar: „Ich bin so gut in der Schule, dass ich es auf das Gymnasium schaffe!“