Für günstige Mieten: Hamburg revolutioniert Baupolitik – und ändert Verfassung
Riesen-Erfolg für Hamburgs Wohnraum-Volksinitiativen: Nach fast zweijährigen Verhandlungen, in denen es um die explodierenden Preise auf dem Hamburger Wohnungsmarkt ging, hat sich das Bündnis „Keine Profite mit Boden und Miete“ mit der Stadt geeinigt. Ergebnis: Die Verfassung der Hansestadt muss umgeschrieben werden, künftig dürfen keine öffentlichen Gründstücke oder Wohnungen mehr verkauft werden und für Sozialwohnungen gilt eine in Deutschland einmalige und extrem lange Mietpreisbindung. Deutliche Kritik kommt umgehend von der Wohnungswirtschaft.
Riesen-Erfolg für Hamburgs Wohnraum-Volksinitiativen: Nach fast zweijährigen Verhandlungen, in denen es um die explodierenden Preise auf dem Hamburger Wohnungsmarkt ging, hat sich das Bündnis „Keine Profite mit Boden und Miete“ mit der Stadt geeinigt. Ergebnis: Die Verfassung der Hansestadt muss umgeschrieben werden, künftig dürfen keine öffentlichen Grundstücke oder Wohnungen mehr verkauft werden und für Sozialwohnungen gilt eine in Deutschland einmalige und extrem lange Mietpreisbindung. Deutliche Kritik kommt umgehend von der Wohnungswirtschaft.
Den entsprechenden Kompromiss gaben Volksinitiativen, Regierungsfraktionen und der Senat auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am Mittwochvormittag bekannt. Zentrales Element ist, dass die Stadt und ihre Unternehmen grundsätzlich keine öffentlichen Grundstücke und Wohnungen mehr verkaufen dürfen.
Wohnungsmarkt: Hamburgs Verfassung muss umgeschrieben werden
Bezüglich der für den Wohnungsbau bestimmten Grundstücke wird dies sogar in die Hamburgische Verfassung geschrieben. Die Ausnahmen von diesem Grundsatz werden gesetzlich geregelt. So dürfen alle öffentlichen Grundstücke grundsätzlich nur im Erbbaurecht vergeben werden. Heißt: Die Stadt bleibt Eigentümerin des Grundstücks, Dritte dürfen darauf aber Gebäude errichten, die ihnen gehören.
Das Bündnis „Keine Profite mit Boden und Miete“ hatte sich seit 2020 darum bemüht, den zunehmenden Einfluss nationaler und internationaler Investoren auf dem Hamburger Immobilienmarkt zu stoppen. Die Mitglieder sehen den Verkauf städtischer Gebäude als einen Treiber für die steigenden Grundstücks- und Immobilienpreise. Nach der nun erzielten Einigung ist es sogar vorgesehen, dass die Stadt in Zukunft neue Grundstücke und Immobilien erwirbt, der öffentliche Besitz also wieder ausgeweitet wird.
Einmalig in Deutschland: Günstige Mieten werden für hundert Jahre festgeschrieben
Außerdem gibt es noch einen zweiten Erfolg: Auf einem Anteil von 33 Prozent der für den Wohnungsbau bestimmten städtischen Fläche werden künftig Wohnungen im sogenannten 1. Förderweg neu gebaut. Und zwar mindestens 1000 Stück pro Jahr in den nächsten 20 Jahren. Diese Wohnungen sollen dauerhaft mietpreisgebunden sein. Das bedeutet: Sie werden 50 Jahre lang gefördert.
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Auch nach diesen 50 Jahren sind die Mieten nicht frei, sondern es gelten die im Erbbaurecht festgeschriebenen Regeln: Mieten dürfen nur entsprechend einer Mischung aus Verbraucherpreis- und Reallohnindex erhöht werden. Darüber hinaus gibt es einen Deckel, der durch den Mittelwert des Mietenspiegels und der in Hamburg geltenden Kappungsgrenze (Mieten dürfen binnen drei Jahren um maximal 15 Prozent erhöht werden) bestimmt wird.
Anders als bisher können Sozialwohnungen also nicht mehr nach 15 Jahren aus der Bindung fallen. Stattdessen werden die günstigen Mieten für gut 100 Jahre festgeschrieben. Eine derart lange Mietpreisbindung ist einmalig in Deutschland.
Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) kritisiert genau diese Entscheidung massiv. Der Wohnungsbau werde „massiv gefährdet“, das ganze sei eine „dramatische Fehlentscheidung“: „Mit 100-jährigen Mietpreisbindungen auf einem Niveau unterhalb des Mittelwertes des Mietenspiegels lassen sich Finanzierungen über den gesamten Zeitraum ohne öffentliche Förderung nicht kalkulieren. Die Förderungen im sozialen Wohnungsbau laufen derzeit über einen Zeitraum von 30 Jahren. Ein Finanzierungsinstitut zu finden, das den Zeitraum nach diesen 30 Jahren bei geringen Mieteinnahmen finanziert, ist aus heutiger Sicht schwierig bis unmöglich. Da werden sich seriöse Bauherren für solche Konzepte nur schwerlich finden lassen“, so die Einschätzung der Verbände.