Ständig Stress und Frust: Warum ist Hamburgs Hauptbahnhof so ein krasser Problemfall?
Übervolle Bahnsteige, ständige Verspätungen, Menschen, die sich in Regionalzüge quetschen oder wegen Ausfällen genervt auf dem Boden sitzend warten – der Hamburger Hauptbahnhof platzt aus allen Nähten. Was schon vor dem 9-Euro-Ticket Pendler-Realität war, wurde mithilfe der Billigfahrkarte noch einmal zur Zerreißprobe. Teilweise mussten gar die Bahnsteige abgeriegelt werden. Warum ist unser Hbf so ein Problemfall? Und bremst Hamburgs größter Umsteigepunkt die Mobilitätswende aus?
Übervolle Bahnsteige, ständige Verspätungen, Menschen, die sich in Regionalzüge quetschen oder wegen Ausfällen genervt auf dem Boden sitzend warten – der Hamburger Hauptbahnhof platzt aus allen Nähten. Was schon vor dem 9-Euro-Ticket Pendler-Realität war, wurde mithilfe der Billigfahrkarte noch einmal zur Zerreißprobe. Teilweise mussten gar die Bahnsteige abgeriegelt werden. Warum ist unser Hbf so ein Problemfall? Und bremst Hamburgs größter Umsteigepunkt die Mobilitätswende aus?
Ja, findet der Verkehrsverbund NAH.SH aus Kiel. „Der Hamburger Hauptbahnhof ist zu klein“, sagt Dennis Fiedel von NAH.SH im Gespräch mit der MOPO. Immerhin ist dieser mit 500.000 täglichen Nutzern der frequentierteste Bahnhof Deutschlands. „Wenn er so bleiben würde, wie er ist, wird er zur Bremse für die Mobilitätswende. Doppelt so viele Fahrgäste könnte der Bahnhof nicht mehr aufnehmen“, sagt Fiedel.
Hauptbahnhof Hamburg: Viel zu voll und zu klein
Für die Hamburger Verkehrsbehörde ist das nichts Neues. Kurzfristig habe die Bahn bereits zwei neue Treppen installiert. Dazu kommen die Langzeit-Projekte: Darunter die S4, die bis nach Bad Oldesloe fahren und die Linie RB81 ersetzen wird. „Dadurch werden Gleise frei, die bis dato von der Regionalbahn beansprucht werden“, sagt Sprecher Dennis Krämer. 2029 soll die neue Linie in Betrieb gehen. Ein neuer S-Bahn-Tunnel zwischen Hauptbahnhof und Altona soll zwei weitere Gleise freimachen.
Zudem sind zusätzliche Haltemöglichkeiten für Regionalzüge bereits in Prüfung. Laut Ole Thorben Buschhüter, verkehrspolitischer Sprecher der Hamburger SPD, unter anderem am S-Bahnhof Berliner Tor. „Auch der sich im Bau befindliche Fernbahnhof Diebsteich wird den Hauptbahnhof entlasten“, sagt er.
TU Experte: Das ist das Problem des Hauptbahnhofs
Tatsächlich hat der Hauptbahnhof laut Verkehrsexperte Carsten Gerz von der TU Hamburg aber noch ein anderes Problem: „Aus Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein enden die Regionalzüge am Hauptbahnhof und belegen dann die Gleise, bevor sie wieder zurückfahren. Das reduziert die Kapazität“, sagt er. Alle drei Bundesländer und ihre Nahverkehrsorganisationen müssten sich auf ein gemeinsames Konzept und eine übergreifende Finanzierung einigen, um das zu ändern, schlägt er vor. So könnten Züge zum Beispiel von Lüneburg bis nach Kiel durchfahren, anstatt in Hamburg umzudrehen. Das Konzept heißt „Durchbindung“.
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Für Heike Sudmann, verkehrspolitische Sprecherin von Hamburgs Linken, erscheint es unverständlich, warum das nicht längst passiert ist. Sie erinnert an die diesbezüglich seit 2020 versprochene Untersuchung. „Das beauftragte Gutachten befindet sich kurz vor dem Abschluss“, beteuert Krämer.
Gutachten für „Durchbindung“ von Zügen fast fertig
Fiedel warnt davor, zu große Hoffnungen in eine derartige „Durchbindung“ zu setzen. „Je länger die Strecke ist, desto größer die Wahrscheinlichkeit für eine Zug-Verspätung“, sagt er. „Außerdem ist unklar, wie viel mehr Kapazität dadurch tatsächlich entstehen würde. Derzeit wird ein Gleis gleichzeitig von einem Zug aus Richtung Norden und einem aus Richtung Süden belegt. Bei einer Durchbindung wäre nur noch einer möglich.“
Schließlich soll der Hauptbahnhof auch als Ganzes umgebaut und „zu einem Ort des Flanierens werden“, wie es Barbara Hutter vom Landschaftsplaner „huttenreinmann“ ankündigte. Zusammen mit dem Architektenbüro „bof“ wollen sie einen Ort der Begegnung schaffen. Dieser wird eine Südhalle mit Glasdach enthalten, die quer an die jetzige südliche Fassade Richtung Hühnerposten anschließt.
Klar ist, dass der Hamburger Hauptbahnhof nicht so bleiben kann, wie er jetzt ist. Darüber sind sich Bahn, Politik und Verkehrsverbünde einig – und die gestressten Fahrgäste sowieso. Es sind zahlreiche Projekte in Planung, um Veränderungen zu schaffen, die Umsetzung von vielen liegt aber in weiter Zukunft. Eine Nutzung bestehender Bahnhöfe auch als Regional-Haltestellen könnte zumindest kurzfristig Entlastung bringen.