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  • In Hamburg werden tausende Sozialwohnungen bewusst an Nicht-Bedürftige vermietet (Symbolbild).
  • Foto: dpa

Einfach nicht unterschreiben: Wie der Senat 150 Wohnungen für Notfälle schaffen könnte

Rund 7.000 Sozialwohnungen in Hamburg werden von Mietern bewohnt, die eigentlich nicht bedürftig sind. Die Stadt wünschte das jahrelang ausdrücklich, um die Quartiere zu durchmischen. Die Diakonie hingegen hofft, dass nun mit Auslaufen der Verträge diese Wohnungen nach und nach den tatsächlichen Notfällen zur Verfügung stehen. Pro Jahr könnten statistisch rund 150 Wohnungen zusätzlich für Menschen mit Dringlichkeitsschein auf den Markt kommen.

Hinter dem sperrigen Begriff der „Freistellungsgebiete“ verbirgt sich die Regelung, dass in Mümmelmannsberg, Wilhelmsburg, Neuallermöhe-West und Steilshoop mit staatlichen Geldern gebaute Wohnungen auch an Nicht-Bedürftige vermietet werden können. Seit Jahren setzt sich die Diakonie Hamburg dafür ein, dass die Verträge nicht verlängert werden. Sie stammen aus einer Zeit, als es in Hamburg rund 400.000 Sozialwohnungen gab. Heute sind es nur noch noch rund 77.000.

Hamburg: Sozialwohnungen für Gutverdiener

Ende des Jahres stehen erneut die Unterschriften des Senats an – und Diakonie-Chef Dirk Ahrens hofft: „Das Auslaufen der Freistellungen wäre der schnellste, einfachste und kostengünstigste Weg, die Situation von kinderreichen Familien, älteren Menschen, Rollstuhlfahrer*innen und anderen Menschen in Wohnungsnot zu verbessern.“

Mietvertrag

Hamburg könnte jährlich sofort 150 neue Wohnungen für Bedürftige schaffen.

Foto:

picture-alliance / Armin Weigel

Nach der normalen Fluktuation werden jährlich 150 Sozialwohnungen frei, die derzeit nicht zwingend an Bedürftige gehen müssen. Diese könne der Senat dem Wohnungsmarkt ganz leicht zur Verfügung stellen, heißt es aus der Diakonie, einfach durch eine nicht-erfolgte Unterschrift.

Hamburger Wohnungsmarkt: immer mehr Notfälle 

Tatsächlich werden immer mehr Hamburger zum Notfall auf dem Wohnungsmarkt. Die Zahl der Betroffenen hat sich innerhalb der letzten Jahre fast verdoppelt: 2010 waren es laut Bürgerschaft noch 6484, Anfang 2020 waren es knapp 12.000 Menschen, die kaum eine Chance auf eine Wohnung haben. Trotz der steigenden Zahlen seien in diesem Zeitraum jährlich nur 79 entsprechende Wohnungen geschaffen worden, angekündigt waren 300 pro Jahr, kritisiert die Diakonie.

Hamburger Senat: Das sagt er zu Sozialwohnungen

Warum der Senat daran festhält, Sozialwohnungen auch an Gutverdiener zu vermieten? „Die Freistellungsregelungen wurden zur Verbesserung der Sozialstruktur in den betroffenen Gebieten erlassen“, so der Sprecher der Stadtentwicklungsbehörde gegenüber der MOPO: „Damit wird einseitigen Belegungsstrukturen entgegengewirkt und insgesamt eine Quartiersverbesserung erreicht.“

Eine gemischte Bevölkerungsstruktur sei ein wichtiger Faktor für eine nachhaltig positive Entwicklung der Gebiete. Dabei sei zum einen zu berücksichtigen, dass eine freie Belegbarkeit keineswegs zwingend dazu führe, „dass freiwerdende Wohnungen in den entsprechenden Gebieten von Menschen mit höherem Einkommen bezogen werden“.

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Derzeit werde über die Verlängerung der Verträge beraten, so der Behördensprecher: „Bei der Entscheidung, ob die bestehenden Freistellungsregelungen verlängert werden sollen, ist zwischen dem Versorgungsauftrag einerseits und den soziostrukturellen Erfordernissen der vier Gebiete andererseits gründlich abzuwägen.“ (hns)

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