Einbruch-Hotspot im Hamburger Norden: Kann man sich hier noch sicher fühlen?
„Banden ziehen durch Niendorf!“, da ist sich Anwohner Thomas C. (63) sicher. Gerade erst kam es wieder zu einem Einbruch, diesmal im Garstedter Weg. Der Täter stahl Bargeld, eine Kamera sowie eine Armbanduhr. Der Mann wurde schnell gefasst, denn hatte zuvor seine Ausweispapiere an einem anderen Tatort verloren. Dass in Niendorf eingebrochen wird, ist keine Seltenheit: Die Zahlen schießen hier gerade besonders in die Höhe. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs: In ganz Hamburg gibt es ein beunruhigendes Comeback der Einbrecher. Das hat mehrere Gründe - offenbar nutzen die Kriminellen auch eine Schwachstelle in der Polizeiarbeit aus.
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„Banden ziehen durch Niendorf!“, da ist sich Anwohner Thomas C. (63) sicher. Gerade erst kam es wieder zu einem Einbruch, diesmal im Garstedter Weg. Der Täter stahl Bargeld, eine Kamera sowie eine Armbanduhr. Der Mann wurde schnell gefasst, denn hatte zuvor seine Ausweispapiere an einem anderen Tatort verloren. Dass in Niendorf eingebrochen wird, ist keine Seltenheit: Die Zahlen schießen hier gerade besonders in die Höhe. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs: In ganz Hamburg gibt es ein beunruhigendes Comeback der Einbrecher. Das hat mehrere Gründe – offenbar nutzen die Kriminellen auch eine Schwachstelle in der Polizeiarbeit aus.
Niendorf ist ein ruhiger Stadtteil mit vielen Einfamilienhäuser und beschaulichen Spielstraßen – und ein Hotspot für Einbrecher. Im Vergleich zu vergangenem Jahr sind die Einbruchszahlen dort um unglaubliche 80 Prozent gestiegen. Woran liegt das? Und kann man sich in dem nördlichen Stadtteil jetzt noch sicher fühlen?
Corona-Jahre: Einbrüche sanken in Hamburg auf Rekordtief
In den vergangenen beiden Jahren, als die Menschen aufgrund der Pandemie viel zu Hause waren, ist die Zahl der Einbrüche in Hamburg auf ein Rekordtief gesunken. Doch nun kommt es wieder vermehrt zu Vorfällen. Das zeigen Zahlen der Polizei, die der MOPO vorliegen: Im Vergleich zum Vorjahr sind die Einbruchszahlen in ganz Hamburg bisher um 30 Prozent gestiegen. Im Vor-Corona-Jahr 2019 war die Zahl allerdings um 35 Prozent höher.
Vor allem in Niendorf schlagen Einbrecher in diesem Jahr vermehrt zu: Im Vergleich zu 2021 sind die Zahlen um dramatische 80 Prozent gestiegen. Im Vergleich zu 2019 liegt immerhin noch eine Steigerung um zehn Prozent vor. Absolute Zahlen könne man noch nicht veröffentlichen, heißt es von der Polizei, da im laufenden Jahr die Statistik kontinuierlich überarbeitet werde, zum Beispiel wenn nachträglich ermittelte Tatverdächtige ergänzt werden.
Bund Deutscher Kriminalbeamter: „Es fehlt an allen Ecken und Kanten“
Wieso steigen die Einbruchszahlen in Niendorf so stark? Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) verweist darauf, dass es bereits in der Vergangenheit „Einbruch-Hotspots“ in Hamburg gab, beispielsweise in Harburg, Eimsbüttel, Wandsbek und Altona. „Das sind dann häufig reisende, gewerbsmäßige Einbrecher und keine Einzeltäter“, so Jan Reinecke, BDK-Landesvorsitzender in Hamburg, zur MOPO. Sicherlich würde auch die gute Anbindung an die A7 eine Rolle spielen. Auch die Hamburger Polizei bestätigt der MOPO, dass reisende Einbrecherbanden mitverantwortlich für den Anstieg in Niendorf seien.
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Eine genaue Erklärung, weshalb es in Niendorf derzeit zu so einer Häufung kommt, könne man nicht geben. Das liege auch daran, dass die Hamburger Kriminalpolizei in einer erheblichen Personalnotlage stecke: „Es fehlt an allen Ecken und Kanten“, sagt Reinecke. Deshalb könnten die Tatorte bei Einbrüchen nicht mehr systematisch aufgesucht und analysiert werden – früher hat die „SOKO Castle“ das übernommen, doch die Schwerpunkte seien nun in andere Ermittlungsbereiche verschoben worden und die Fachdienststelle LKA 19 mit wenigen anderen Fällen vollkommen ausgelastet. Auch das würden die Einbrecher ausnutzen.
„Mir wurde drei Mal hintereinander mein E-Bike gestohlen“
Die MOPO hat sich in Niendorf umgehört und Anwohner gefragt: Fühlen Sie sich in Niendorf noch sicher? Christian W. (50) sagt, dass er ein gutes Verhältnis zu den Nachbarn und deshalb keine Angst habe. „Wir wohnen in einem Reihenhaus, das ist für Einbrecher unattraktiv“, sagt er. Er habe aber von den vermehrten Einbrüchen in dem Stadtteil gehört.
Anwohnerin Edith H. wurden dreimal hintereinander ihr E-Bike gestohlen. Wenn die 80-Jährige mit dem Taxi nach Hause gebracht wird, bittet sie den Fahrer, noch eine Minute zu warten, bis sie sicher im Haus ist. Sie vermutet, dass die Zahlen in Zukunft noch weiter steigen werden: „Bei den ganzen Krisen, die es derzeit gibt, ist es doch logisch, dass die Not der Menschen größer wird und sie deshalb zu illegalen Mitteln greifen.“
Die Polizei rät, sorgfältig beim Verlassen des Hauses die Türen und Fenster zu schließen. Zudem könnten Zeitschaltuhren den Eindruck erwecken, dass jemand zu Hause ist und so Einbrecher abschrecken. Türspione sollten genutzt werden, um zu überprüfen, wer geklingelt hat. Längere Abwesenheiten sollten laut Polizei Nachbarn oder Vertrauenspersonen mitgeteilt werden, genauso wie Telefonnummern, damit man sich im Zweifelsfall untereinander erreichen kann.