Experten und Hamburger reden Klartext: Lassen Sie sich nochmal impfen?
Ukraine-Krieg, explodierende Energiepreise, teure Lebensmittel: Die Corona-Pandemie wurde in den vergangenen Monaten durch diverse andere Krisen in den Hintergrund gedrängt – auch weil die meisten Menschen mittlerweile geimpft und/oder genesen sind. Doch mit dem Herbst und der Verlagerung von Aktivitäten in den Innenraum steigt auch die Gefahr einer Infektion. Ab kommender Woche liegt der neu angepasste Impfstoff auch in Hamburg vor. Viele fragen sich: Braucht es eine vierte Impfung? Die MOPO hat die führenden medizinischen Köpfe in der Corona-Krise befragt.
Es ist so weit: Am vergangenen Montag hat die Europäische Kommission den neuen Impfstoff von Biontech und Pfizer zugelassen. Die Impfung werde für Menschen ab zwölf Jahren als Auffrischung empfohlen, heißt es von der EU-Arzneimittelbehörde EMA. Das Präparat wurde an die Omikron-Subvarianten BA.4 und BA.5 angepasst. Ein neuer Impfstoff, der an die Variante BA.1 angepasst ist, hatte kürzlich bereits die Zulassung bekommen.
Hamburg: Ab 19. September wird das angepasste Corona-Vakzin verimpft
- Deutsch (Deutschland)
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Ukraine-Krieg, explodierende Energiepreise, teure Lebensmittel: Die Corona-Pandemie wurde in den vergangenen Monaten durch diverse andere Krisen in den Hintergrund gedrängt – auch weil die meisten Menschen mittlerweile geimpft und/oder genesen sind. Doch mit dem Herbst und der Verlagerung von Aktivitäten in den Innenraum steigt auch die Gefahr einer Infektion. Ab kommender Woche liegt der neu angepasste Impfstoff auch in Hamburg vor. Viele fragen sich: Braucht es eine vierte Impfung? Die MOPO hat die führenden medizinischen Köpfe in der Corona-Krise befragt.
Es ist so weit: Am vergangenen Montag hat die Europäische Kommission den neuen Impfstoff von Biontech und Pfizer zugelassen. Die Impfung werde für Menschen ab zwölf Jahren als Auffrischung empfohlen, heißt es von der EU-Arzneimittelbehörde EMA. Das Präparat wurde an die Omikron-Subvarianten BA.4 und BA.5 angepasst. Ein neuer Impfstoff, der an die Variante BA.1 angepasst ist, hatte kürzlich bereits die Zulassung bekommen.
Hamburg: Ab 19. September wird das angepasste Corona-Vakzin verimpft
Erste Dosen des an BA.4 und BA.5 angepassten Impfstoffs sollen am kommenden Montag und Dienstag (19./20. September) an den Pharma-Großhandel ausgeliefert werden. Bis zum 3. Oktober soll Deutschland vorerst rund 19 Millionen Dosen erhalten. Die genauen Lieferpläne werden noch abgestimmt. In Hamburg werden die neuen Corona-Impfstoffe hauptsächlich über die Arztpraxen verimpft. Aktuell gibt es hier nur noch zwei Impfzentren, die bei einer größeren Nachfrage jedoch personell verstärkt werden können, sagt die Gesundheitsbehörde.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zeigt sich optimistisch: „Ich bin froh, dass dieser Impfstoff jetzt auch erwartungsgemäß zugelassen wurde“, so der Epidemiologe. Nach der Entscheidung der Europäischen Zulassungsbehörde habe man nun mehrere hervorragend wirksame Impfstoffe, um die Herbstwelle zu bekämpfen. Jeder der in den nächsten Wochen möchte, werde auch geimpft. Laut einer einer repräsentativen Erhebung des Meinungsforschungsinstituts YouGov, sind das in Deutschland die Hälfte der Erwachsenen – zumindest tendenziell. 24 Prozent der Befragten gaben an, sich impfen zu lassen. 26 Prozent halten es für „eher wahrscheinlich“.
In Hamburg scheint die Angst vor der Pandemie hingegen abgeflaut, teilweise trifft man auch auf klare Ablehnung einer weiteren Impfung. „Ich bin dreimal geimpft, aber ein viertes Mal würde ich mich nicht unbedingt impfen lassen“, sagt Johanna Hoff (68). Sie habe generell wenig Angst vor Corona. „Damals hatte ich mich aus Respekt vor meinen Mitmenschen impfen lassen. Außerdem bin ich viel am reisen und musste es machen. Es war mehr eine Anpassung als eine Überzeugung. Impfgegnerin bin ich nicht, aber es reicht so langsam auch mal.“
Susanne Pohlen (65) sieht das ähnlich: „Ich bin zweimal geimpft und lass mich nicht mehr impfen, wenn ich nicht muss. So lange es keinen Impfstoff gibt, der mindestens ein bis zwei Jahre hält, sehe ich darin keinen Sinn. Ich hatte mich impfen lassen, weil ich sonst meinen Job verloren hätte. Große Angst habe ich vor Corona nicht.“
Die hat auch Norbert Christokat (63) nicht. Er arbeitet im Krankentransport. Doch auch wenn er sich durch das Virus nicht bedroht fühlt, ist er offen für eine vierte Impfung: „Ich musste mich berufsbedingt impfen lassen, generell stehe ich aber hinter der Impfung und würde es auch ein viertes Mal tun. Bisher hatte ich auch noch kein Corona glücklicherweise, große Angst habe ich aber auch nicht mehr. Nur in Bussen und Bahnen habe ich manchmal ein ungutes Gefühl.“
Das sagen Hamburgs Mediziner zur vierten Corona-Impfung
Bislang ist eine vierte Impfung – auch mit den bisherigen Impfstoffen – möglich, aber keine Pflicht. Doch für wen wäre die vierte Impfung wirklich wichtig? Und lassen sich Hamburgs Mediziner selbst zum vierten Mal impfen? Prof. Dr. Stefan Kluge ist Direktor der Klinik für Intensivmedizin am Universitätsklinikum Eppendorf. Er sei bereits viermal geimpft, da es für medizinisches Personal empfohlen werde, sagt er der MOPO. Und ergänzt: „Wichtiger als die Frage nach der Auswahl des Impfstoffes ist die Zahl der Impfungen. Hier gilt: bis 60 Jahre drei Impfungen und ab 60 Jahre vier Impfungen! Dann besteht ein guter Schutz.“
Dem schließt sich auch der Virologe Prof. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit an: „Als Arzt orientiere ich mich natürlich an den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO). Laut aktueller STIKO-Empfehlung ist für mich als dreifach Geimpfter, Gesunder unter 60-Jähriger, keine weitere Impfung erforderlich und wäre auch nicht sinnvoll. Ich bin nach drei Impfungen hervorragend vor schwerer Erkrankung und Tod geschützt. Das trifft übrigens auch für die mehrfach Genesenen zu – jeder Antigen-Kontakt zählt, egal ob durch Impfung oder Infektion.“
Die Hamburger Senatorin für Arbeit, Gesundheit, Familie und Integration, Dr. Melanie Leonhard, orientiert sich an den aktuellen Empfehlungen von Fachleuten und hat drei Impfungen, mit denen sie sich gut geschützt sieht. „Für viele kann eine weitere Auffrischung aber sinnvoll sein – besonders bei älteren Menschen. Daher empfehle ich Ihnen, sich dazu mit Ihrer Ärztin oder ihrem Arzt zu beraten.“
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Die Tendenz der Fachleute ist klar: Wer über 60 Jahre alt ist, sollte sich einen Termin für eine vierte Corona-Impfung geben lassen. Bei allen anderen kann die vierte Impfung sinnvoll sein – vor allem, bei Menschen mit Vorerkrankungen – ist jedoch nicht zwingend notwendig.