Anna wurde mit 16 Jahren wohnungslos – heute hilft sie anderen
Die beige Wollmütze tief im Gesicht, den Schal bis über die Nase gezogen, betritt eine schmale, alte Frau den Gastraum. Sie lässt sich in einen der grauen Stoffsessel sinken. Neben ihr sitzt eine Gruppe Gehörloser über Tellern mit dampfendem Würstchengulasch. Dahinter lachen drei Männer. „Schön geworden“, sagt die Frau und schaut sich in der „Bully-Ecke“ um. Anfang des Jahres hat der Verein „Mobile Bullysuppenküche“ die Wärmestube für Obdachlose und arme Menschen am Hein-Köllisch-Platz (St. Pauli) eröffnet – mit Hilfe vieler Engagierter. Eine der Ehrenamtlichen ist Anna (29). Sie weiß genau, was es bedeutet, auf die Stube angewiesen zu sein.
Die beige Wollmütze tief im Gesicht, den Schal bis über die Nase gezogen, betritt eine schmale, alte Frau den Gastraum. Sie lässt sich in einen der grauen Stoffsessel sinken. Neben ihr sitzt eine Gruppe Gehörloser über Tellern mit dampfendem Würstchengulasch. Dahinter lachen drei Männer. „Schön geworden“, sagt die Frau und schaut sich in der „Bully-Ecke“ um. Anfang des Jahres hat der Verein „Mobile Bullysuppenküche“ die Wärmestube für Obdachlose und arme Menschen am Hein-Köllisch-Platz (St. Pauli) eröffnet – mit Hilfe vieler Engagierter. Eine der Ehrenamtlichen ist Anna (29). Sie weiß genau, was es bedeutet, auf die Stube angewiesen zu sein.
„Ich war zwar nie auf der Straße, aber ich kenne das Gefühl, nichts zu haben“, sagt die junge Frau mit dem schüchternen Lächeln. Als sie drei Jahre alt war, zogen ihre Eltern von Tallinn (Estland) in eine Wohnung nach Wilhelmsburg. Ihre Eltern wollten ein besseres Leben – insbesondere für ihren querschnittsgelähmten Zwillingsbruder. Doch für Anna gab es kein besseres Leben. „Ich habe Gewalt in meiner Familie erlebt“, erklärt die 29-Jährige. Mehr möchte sie dazu nicht sagen. Sie kann es nicht.
Mit 16 Jahren wurde Anna wohnungslos
Mit 16 hielt sie es nicht mehr aus. Kurz vor dem Hauptschulabschluss zog Anna zu Bekannten nach Altona. Einer Mutter mit drei jugendlichen Kindern, die selber kaum etwas hatte. „Ich habe mit den drei Kindern zusammen in einem Zimmer gewohnt.“
Trotz der Umstände schaffte Anna ihren Hauptschulabschluss, später sogar ihren Realschulabschluss. Eine harte Zeit. Insbesondere weil sie in der Schule gemobbt wurde. Noch heute fällt es Anna schwer über die Ausgrenzung zu sprechen. Sie wurde wegen ihres Gewichts beschimpft, geschubst. „Ständig wurden mir Sachen gestohlen.“

Sieben Jahre lang lebte Anna bei ihren Bekannten in Altona – ohne dort gemeldet zu sein. „Da gab es auch Höhen und Tiefen, besonders wegen der Enge, aber die haben mich nie fallen gelassen.“
Seit Jahren hilft Anna nun schon selbst Bedürftigen
Die junge Frau machte eine Ausbildung im Garten- und Landschaftsbau. Die Abschlussprüfung packte sie jedoch nicht. Um Unterstützung beim Amt bitten – das traute sie sich anfangs nicht. Nach vier Monaten ging Anna doch zum Amt. Sie bekam Arbeitslosengeld und machte Maßnahmen vom Jobcenter. Doch das Geld war immer knapp.

Über eine Bekannte landete sie 2018 beim „CaFée mit Herz“ auf St. Pauli. Anfangs ging sie für eine warme Mahlzeit hin. Schnell wurde Anna ehrenamtliche Helferin in der Küche. Dort lernte sie Julia Radojkovic, Gründerin der „Mobilen Bullysuppenküche“, kennen und stieg vor zwei Jahren bei dem Verein als Helferin mit ein. Sie unterstützte den Verein und der Verein unterstützte sie. So wie einige andere Ehrenamtliche auch, die früher als Gäste kamen und sich jetzt engagieren.
Mahlzeiten und Beratung – Die „Bully-Ecke“ sorgt für Hilfsbedürftige
Heute lebt Anna in einer Wohnung in Groß Borstel, arbeitet als Verkäuferin in einem Sozialkaufhaus in Altona und hilft dreimal die Woche bei der „Mobilen Bullysuppenküche“. Sie ist stolz, Teil des Teams zu sein. Und darauf, die Lebensmittelausgabe alleine zu managen. Denn in der „Bully-Ecke“ gibt es nicht nur warme Mahlzeiten und Beratung, einmal die Woche werden vor der Tür auch Spenden der Tafel an Obdachlose und Bedürftige verteilt.

„Das organisiert Anna ganz alleine. Sie ist uns eine große Hilfe“, sagt Michael Finnern (56), Vorsitzender des Vereins. Er berichtet von den mehr als drei Monaten, die sie für die Renovierung der Räume gebraucht haben. Und von der großartigen Hilfe. Nicht nur der Ehrenamtlichen. „Besonders unterstützt hat uns die Haspa. Ohne die unkomplizierte Hilfe wären wir aufgeschmissen gewesen“, sagt er.
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Mit Mitteln des Haspa-Lotteriesparens wurden zwei dringend benötigte Kühlhäuser finanziert. Für Christian Schley, langjähriger Filialdirektor der Haspa Reeperbahn, eine klare Sache: „Auf dem Kiez halten wir zusammen. Uns war daher sofort klar, dass wir spontan helfen müssen. Das Geld ist genau da, wo es richtig viel bewegen kann.“