Verpatzte Wiederwahl: Eimsbüttels Chef ist dann mal weg
Das Klima zwischen SPD und Grünen passt – zumindest in Eimsbüttel – perfekt zur derzeitigen Wetterlage: Es ist frostig, die gegenseitigen Sympathiewerte liegen unter dem Nullpunkt. Sozis beschimpfen Grüne, die keilen zurück. Anlass ist die verpatzte Wiederwahl von Bezirksamtschef Kay Gätgens (SPD), der nun seinen Stuhl räumen muss.
Es ist kein freiwilliger Abgang. Als Gätgens vergangenen Donnerstag – auf den Tag genau sechs Jahre nach seiner Wahl zum Eimsbüttler Bezirksamtsleiter – in der Bezirksversammlung (BV) seine Abschiedsrede hielt, schwang viel Wehmut mit. Aber Gätgens übte auch Kritik an allen Parteien und meinte damit vor allem die Grünen: Es sei „sehr bedenklich“, so der 60jährige, dass die BV „keine Entscheidung für die zukünftige Leitung des Bezirksamtes getroffen habe“. Sprachs und verabschiedete sich mit den Worten: „Ich bin dann mal weg.“
Am 5. Januar endet die Amtszeit von Gätgens offiziell – bis dahin hat er Urlaub. Dann wird, so sind die Regeln, seine Stellvertreterin Sonja Böseler kommissarisch die Amtsgeschäfte führen – wohl bis zum Ende der Legislaturperiode im Mai 2024. Doch da Böseler nicht für zwei ackern kann, wird vieles liegenbleiben – manch politisches Projekt nicht mit Nachdruck umgesetzt werden. Dass Eimsbüttel mit seinen 270.000 Einwohner:innen nun führungslos ist, dafür machen sich SPD und Grüne gegenseitig verantwortlich.
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Das Klima zwischen SPD und Grünen passt – zumindest in Eimsbüttel – perfekt zur derzeitigen Wetterlage: Es ist frostig, die gegenseitigen Sympathiewerte liegen unter dem Nullpunkt. Sozis beschimpfen Grüne, die keilen zurück. Anlass ist die verpatzte Wiederwahl von Bezirksamtschef Kay Gätgens (SPD), der nun seinen Stuhl räumen muss.
Es ist kein freiwilliger Abgang. Als Gätgens vergangenen Donnerstag – auf den Tag genau sechs Jahre nach seiner Wahl zum Eimsbüttler Bezirksamtsleiter – in der Bezirksversammlung (BV) seine Abschiedsrede hielt, schwang viel Wehmut mit. Aber Gätgens übte auch Kritik an allen Parteien und meinte damit vor allem die Grünen: Es sei „sehr bedenklich“, so der 60jährige, dass die BV „keine Entscheidung für die zukünftige Leitung des Bezirksamtes getroffen habe“. Sprachs und verabschiedete sich mit den Worten: „Ich bin dann mal weg.“
Am 5. Januar endet die Amtszeit von Gätgens offiziell – bis dahin hat er Urlaub. Dann wird, so sind die Regeln, seine Stellvertreterin Sonja Böseler kommissarisch die Amtsgeschäfte führen – wohl bis zum Ende der Legislaturperiode im Mai 2024. Doch da Böseler nicht für zwei ackern kann, wird vieles liegenbleiben – manch politisches Projekt nicht mit Nachdruck umgesetzt werden. Dass Eimsbüttel mit seinen 270.000 Einwohner:innen nun führungslos ist, dafür machen sich SPD und Grüne gegenseitig verantwortlich.
Beide Parteien hatten in den vergangenen Wochen über eine Zusammenarbeit bis zum Ende der Legislaturperiode verhandelt. Die SPD machte dabei die Wiederwahl Gätgens zur Bedingung, die Grünen wollten ihn höchstens bis Mai 2024 bestätigen und verlangten dafür politische Zugeständnisse bei der Verkehrspolitik. Nach rund 60 Verhandlungsstunden waren sich zwar die rot-grünen Verhandler:innen weitgehend einig, doch der grünen Bezirksfraktion waren die SPD-Zugeständnisse zu klein, sie lehnte den fertigen Kooperationsvertrag ab. So wird Eimsbüttel weiter mit wechselnden Mehrheiten, nun aber ohne gewählte:n Bezirksamtschef:in regiert.
Verhältnis von SPD und Grünen ist zerrüttet
Das Verhältnis von SPD und Grünen aber ist zerrüttet. Die SPD klagt, sie sei sehr kompromissbereit gewesen, die grüne Spitze, die ja zugestimmt habe, hätte aber ihre Fraktion nicht im Griff. Die wiederum beklagt sich, dass die SPD auf die Wiederwahl Gätkens bestanden habe, obwohl die Grünen weitaus stärkste Fraktion in der BV sind. Doch über deren Kandidaten, Grünen-Fraktionschef Ali Mir Agha, war die SPD dem Vernehmen nach gar nicht bereit zu sprechen.
„Politische Enttäuschung und Verletzung“ spürt da SPD-Fraktionschef Gabor Gottlieb. Ali Mir Agha hingegen wirft der SPD vor, „mit realitätsfernen Vorbedingungen“ in die Verhandlung gegangen zu sein und so „deren Scheitern in Kauf genommen“ zu haben. CDU-Fraktionsvize Hans-Hinrich Brunckhorst bringt die Versäumnisse beider Parteien auf den Punkt: „Von der SPD war es vermessen, darauf zu bestehen, dass der Bezirksamtsleiter ein SPD-Mann sein muss und die grüne Fraktion hat ihre eigene Verhandlungsdelegation wie begossene Pudel im Regen stehen lassen.“ So sei es zu einem Ergebnis gekommen, „das Eimsbüttel schadet.“
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Fest steht: SPD und Grüne stehen nun mit leeren Händen da. Die Eimsbütteler Grünen nicht zum ersten Mal. Aus der Bezirkswahl 2020 gingen sie mit 19 Mandaten als weitaus stärkste Fraktion hervor, weit vor der SPD mit zwölf Abgeordneten und auch der CDU. Trotzdem gelang es ihnen weder dauerhaft politisch stabile Mehrheiten zu sichern, noch die Bezirksamtsleitung mit grünem Personal zu besetzen.
Schwarz-grüne Koalition geplatzt
Vor drei Jahren schmiedeten die Eimsbütteler eine schwarz-grüne Koalition – sehr zum Ärger der SPD. Doch die schwarz-grüne Mehrheit pulverisierte sich schon bei dem Versuch, Gätgens durch die Grünen-Politikerin Katja Husen als Bezirksamtsleiterin zu ersetzen. Der inzwischen verstorbenen Husen fehlten in gleich zwei Wahlgängen jeweils drei Stimmen aus der Koalition. Grüne und CDU werfen sich bis heute gegenseitig vor, die Wahl verpatzt zu haben. 2021 verkündeten die Grünen das Ende der Koalition mit der CDU. Seitdem wird der Bezirk mit wechselnden Mehrheiten regiert.
Ob die Grünen damit rechnen, nach der nächsten Bezirkswahl Ali Mir Agha 2024 als Bezirksamtschef durchzubringen, bleibt unklar. Selbst wenn sie 2024 wieder stärkste Fraktion werden sollten – mit der CDU und der SPD im Bezirk haben sie es sich nachhaltig versaut. Beide Fraktionen dürften keine tiefere Neigung verspüren, dem grünen Kandidaten zur Mehrheit zu verhelfen. Die Lage ist festgefahren, die Grünen könnten sich kräftig verzockt haben.