Von wegen Eigenbedarf: Vermieter wirft uns aus Wohnung – und zieht gar nicht ein
Als Steffi und Harald Ziegenbein den Brief von ihrem Vermieter öffnen, können sie kaum glauben, was sie da lesen: „Kündigung wegen Eigenbedarfs“. Die beiden haben gehörige Zweifel an der Rechtmäßigkeit. Sie kämpfen vor Gericht um ihr Zuhause, es kommt zu einem Vergleich. Doch nur ein paar Wochen, nachdem sie ihre geliebte Wohnung verlassen mussten, machen sie im Internet eine unglaubliche Entdeckung.
Als Steffi und Harald Ziegenbein den Brief von ihrem Vermieter öffnen, können sie kaum glauben, was sie da lesen: „Kündigung wegen Eigenbedarfs“. Die beiden haben gehörige Zweifel an der Rechtmäßigkeit. Sie kämpfen vor Gericht um ihr Zuhause, es kommt zu einem Vergleich. Doch nur ein paar Wochen, nachdem sie ihre geliebte Wohnung verlassen mussten, machen sie im Internet eine unglaubliche Entdeckung.
Die Friedrich-Kirsten-Straße in Wellingsbüttel ist das, was Stadtplaner als „gute Lage“ bezeichnen. In der Nähe der Alster gelegen, stehen dort vier Häuser mit jeweils vier großzügigen Wohnungen. „Da haben wir acht Jahre lang gewohnt“, sagt der 57-jährige Harald Ziegenbein, während er auf ein Fenster oben in Haus Nummer 7a zeigt. Dann bekommt seine Stimme einen bitteren Klang: „Bevor das ganze Drama losging.“
Wellingsbüttel: Familie muss wegen Eigenbedarf ausziehen
Im August 2019 erhielten der Hamburger, seine Frau und sein damals 22-jähriger Sohn die Schock-Nachricht von ihrem privaten Vermieter: Er brauche die Wohnung selbst, weil seine Frau mitsamt Kindern wegziehe, er aber in Hamburg bleibe und daher eine Unterkunft brauche.
„Bei der offiziellen Kündigung drei Monate später hieß es dann aber plötzlich, dass er sich getrennt habe und die Wohnung wegen seiner Kinder brauche, die ihn alle zwei Wochen besuchen würden“, erzählt Steffi Ziegenbein. Beide Schreiben liegen der MOPO vor. „Dieser plötzliche Wechsel kam uns seltsam vor, deshalb wehrten wir uns gegen die Räumungsklage vor Gericht.“

Fast ein Jahr später, im Oktober 2020, mussten sie sich auf Empfehlung des Barmbeker Amtsgerichts allerdings in einem Vergleich mit ihrem Vermieter darauf einigen, dass das bestehende Mietverhältnis spätestens bis Ende August 2021 aufgehoben wird. „Alle unsere Einwände und Bedenken bezüglich der Eigennutzung der Wohnung wurden nicht erhört“, sagt die 62-Jährige. Es macht sie immer noch wütend. „Wir konnten es nicht glauben, haben die Entscheidung dann aber natürlich akzeptiert“, ergänzt Harald Ziegenbein. „Auch wenn wir natürlich sehr traurig waren. Die Wohnung war mit ihren 127 Quadratmetern für unsere Familie wirklich perfekt, weil wir hier auch in Zeiten des Corona-Lockdowns unser Homeoffice eingerichtet haben und weiter arbeiten konnten.“ Beide haben sich vor ein paar Jahren selbstständig gemacht.
Nach Auszug: Wohnung taucht wieder bei „Immowelt“ auf
Es sei wirklich aussichtslos gewesen, eine vergleichbare Unterkunft zu finden. „Besonders, wenn über einem die ganze Zeit diese Frist hängt“, sagt seine Frau. „Ich habe nur noch schlecht geschlafen, es war wie ein nie enden wollender Alptraum.“ Es war schon ihre zweite Eigenbedarfskündigung in Folge. Immerhin kam der Vermieter ihnen entgegen – erst ein Jahr später, im August 2022, mussten sie endgültig ausziehen.
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Dann ging es aber erst richtig los: „Zwei Wochen später haben uns Nachbarn erzählt, dass in unserer Wohnung ständig Besichtigungen stattfinden“, erzählt Harald Ziegenbein „Dann schickten sie uns per WhatsApp ein Inserat vom 23. September zu.“
„Maisonette-Wohnung mit Galerie und Balkon in Toplage von Wellingsbüttel“, steht dort als Überschrift. Direkt unten drunter sind Fotos ihrer ehemaligen Wohnung – ab sofort zu vermieten. „Wir waren schockiert“, sagt er. Als wir selbst im Portal nachschauten, wurden wir direkt fündig und haben uns selbst für die Wohnung beworben. Der Mietvertrag war jedoch bereits 14 Tage nach Einstellen der Anzeige unterschrieben worden.“

Die Miete ist um 170 Euro im Monat erhöht worden. „Das hätten wir ja auch bezahlt, das wäre kein Problem gewesen. Wir verstehen es einfach nicht“, sagt die 62-Jährige. Streit habe es zwischen ihnen und dem Vermieter auch nicht gegeben, lediglich bezüglich energetischer Sanierung hätte mal was passieren müssen.
„Das ist wirklich ein extremer Fall“, sagt Marielle Eiffler, stellvertretende Vorsitzende des Mietervereins zu Hamburg. „Wir kennen das nur, dass nach dem Auszug erstmal modernisiert wird, lange nichts passiert, und irgendwann haben die Mieter keine Geduld mehr und geben dann auf.“ Das Schwierigste sei es immer, eine Vortäuschung des Eigenbedarfs wirklich nachzuweisen. „Es muss alles gut dokumentiert sein, damit die Mieter vor Gericht eine Chance haben.“
Nach Eigenbedarfskündigung: Mieter wollen wieder klagen
In einer E-Mail konfrontierten die Ziegenbeins ihren Vermieter mit der Anzeige, der jedoch nur knapp antwortete, dass sich seine Lebensumstände geändert hätten. Weitere Infos gibt es nicht. Die MOPO versuchte mehrmals, sowohl per E-Mail als auch telefonisch, den Vermieter über seine Anwälte zu erreichen, erhielt allerdings auch nach Ende der mehr als einwöchigen Frist keine Antwort.
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Aufgeben wollen die beiden Hamburger jedenfalls nicht. „Wir wissen, dass wir nicht mehr dort einziehen können“, sagt Steffi Ziegenbein. „Aber wir wollen es zumindest mit einer Schadenersatzforderung vor Gericht versuchen. Wie man hier Mieter eiskalt abserviert und vor ihren Augen die Wohnung weitervermietet, ist ungeheuerlich. Von dem uns entstandenen finanziellen Schaden ganz zu schweigen.“ Derzeit bereiten sie ihre Klage noch vor, wollen sie aber so schnell wie möglich einreichen.