Durch Speed-Dating zum Praktikum: So kämpft das Handwerk um den Nachwuchs
Das Hamburger Handwerk leidet unter dem Mangel an Auszubildenden. Hunderte Lehrstellen bleiben jedes Jahr unbesetzt – die wirtschaftliche Entwicklung der Betriebe schmälert das nachhaltig. Doch mit kreativen Ideen versucht die Branche gegenzusteuern: Schon zum zweiten Mal veranstaltete die Handwerkskammer ein Speed-Dating für potenzielle Schülerpraktikanten. Das Interesse junger Menschen an der Branche soll so geweckt werden. Kann das gelingen?
Das Hamburger Handwerk leidet unter dem Mangel an Auszubildenden. Hunderte Lehrstellen bleiben jedes Jahr unbesetzt – die wirtschaftliche Entwicklung der Betriebe schmälert das nachhaltig. Doch mit kreativen Ideen versucht die Branche gegenzusteuern: Schon zum zweiten Mal veranstaltete die Handwerkskammer ein Speed-Dating für potenzielle Schülerpraktikanten. Das Interesse junger Menschen an der Branche soll so geweckt werden. Kann das gelingen?
„Ding Dong“ läutet die Glocke durch den Saal. Auf das Signal haben alle gewartet, eine Schülertraube strömt vom Wartebereich herein und verteilt sich auf die zwei Dutzend Tische im Raum. Sieben Minuten haben sie nun Zeit, sich einem der Handwerksbetriebe vorzustellen. Vom Bäcker bis zum Dachdecker ist hier alles vertreten. Wenn es gut läuft, werden Kontaktdaten ausgetauscht und später ein Termin für ein Bewerbungsgespräch vereinbart.
Hamburg: Handelskammer lädt Schüler zum Speed-Dating
Einer von ihnen ist Yonathan Schwarze (20), er interessiert sich für den Anlagenbau. „Ein Freund hat mir das empfohlen“, sagt er. Worauf legt er bei der späteren Jobsuche Wert? „Das Arbeitsklima ist mir genauso wichtig wie die Bezahlung“, so Schwarze.

Mit mehr als 300 Teilnehmern und Teilnehmerinnen ist die Veranstaltung ausgebucht. „Das Speed-Dating ist auch bei den Betrieben sehr nachgefragt, es gibt eine Warteliste“, sagt Pressesprecherin Anemone Schlich zufrieden. Dafür gibt es gute Gründe, das Handwerk hat ein Nachwuchsproblem. Die heutige Generation sei kleiner als die vor zehn Jahren, dazu habe der Zuzug junger Menschen nach Hamburg nachgelassen, so Schlich.

Dazu hat Corona der Branche einen Dämpfer verpasst: Wurden in Hamburg im Jahr 2019 noch 2516 Ausbildungen im Handwerk begonnen, waren es 2021 nur noch 2159, ein Minus von rund 14 Prozent. Die Trendwende bei den Ausbildungszahlen erfolgte dann zwar im vergangenen Jahr, doch davon spüren viele Betriebe noch nichts.
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„Sowohl die Quantität als auch die Qualität der Bewerber hat leider nachgelassen“, sagt Fatmir Duguti. Er ist für „Lengemann & Eggers“, ein Betrieb für Heizungs- und Anlagenbau, bei der Veranstaltung vertreten. Viele Interessenten scheiterten am Einstellungstest, bei dem Allgemeinwissen und Grundlagen in Mathe und Physik abgefragt werden.
Dachdeckermeister: „Das Handwerk hat einen schlechten Ruf“
Die Schülerinnen Alicia Cachinero (13) und Leyla Kain (14) haben bereits mehrere Runden absolviert: „Die Gespräche waren sehr nett, ich habe mich ermutigt gefühlt, etwas Handwerkliches zu machen“, sagt Leyla. Eine Ausbildung in dem Bereich kommt für die beiden jedoch trotzdem nicht infrage: „Nach der Schule wollen wir beide Jura studieren“, sagt Alicia.

„Das Handwerk hat einen schlechten Ruf“, meint Dachdeckermeister Norman Kwast. Trotz Anreizen wie Zuschüssen zum eigenen Fahrrad oder Geburtstagsboni bekommt er seine Lehrstellen nicht voll besetzt.
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Die Aussicht auf harte körperliche Arbeit im Freien – für viele junge Menschen sei das schlicht keine Option. Auch Sprecherin Schlich merkt an, dass es mit einem Speed-Dating alleine nicht getan ist. Betriebe müssten schon früh an den Schulen präsent sein, sichtbarer werden, überzeugen. Klar ist: „In die Werbung des künftigen Nachwuchses muss noch viel Zeit und Mühe investiert werden.“