Drogen-Szene Holstenplatz: „Verdrängung bringt nichts“
Trostloser Brennpunkt, Crack-Hotspot, Dealer-Treff: Die Gegend rund um den Bahnhof Holstenstraße hat viele Namen, nachdem sich dort in den vergangenen Jahren eine offene Drogen-Szene entwickelt hat. Der Bezirk wurde aktiv, stellte eine Toilette auf, die Polizei verstärkte ihre Präsenz massiv. Einigen Anwohnern reicht das nicht, sie fühlen sich immer noch gestört, klagen über „Crackwolken“. Ein Sozialarbeiter spricht in der MOPO über Beschwerden, die er versteht, andere, die er für übertrieben hält – und darüber, was den Süchtigen wirklich helfen würde.
Trostloser Brennpunkt, Crack-Hotspot, Dealer-Treff: Die Gegend rund um den Bahnhof Holstenstraße hat viele Namen, nachdem sich dort in den vergangenen Jahren eine offene Drogen-Szene entwickelt hat. Der Bezirk wurde aktiv, stellte eine Toilette auf, die Polizei verstärkte ihre Präsenz massiv. Einigen Anwohnern reicht das nicht, sie fühlen sich immer noch gestört, klagen über „Crackwolken“. Ein Sozialarbeiter spricht in der MOPO über Beschwerden, die er versteht, andere, die er für übertrieben hält – und darüber, was den Süchtigen wirklich helfen würde.
„Seitdem sich alle Beteiligten mal zusammengesetzt haben, hat sich viel verändert“, berichtet der 48-jährige Florian Pittner, der seit drei Jahren in der Beratungs- und Begegnungsstätte an der Stresemannstraße arbeitet. Diese wird vom Verein „Palette“ betrieben, der sich für einen akzeptierenden Drogehilfeansatz einsetzt. Das bedeutet, dass die Süchtigen nicht dazu gedrängt werden, einen Entzug zu machen, sondern dass ihnen in ihrer aktuellen Lebenssituationen geholfen wird.
Drogen-Szene am Holstenplatz: Wie ist die aktuelle Lage?
Alle Beteiligten – damit meint Pittner den Bezirk, Anwohner, die Polizei, die Straßensozialarbeiter und auch die Abhängigen selbst. In den vergangenen zwei Jahren gab es runde Tische, an denen über die Drogen-Problematik diskutiert wurde. Daraufhin war unter anderem die Polizeipräsenz massiv verstärkt – mit Erfolg, wie Polizeisprecher Thilo Marxsen der MOPO kürzlich sagte: „Eine verfestigte Drogenszene und auch eine ehemals etablierte Trinkerszene sind derzeit nicht mehr feststellbar.“

Pittner teilt diese Einschätzung, vor allem die Crack-Szene sei deutlich kleiner. „Trotzdem bleibt der Bahnhof natürlich immer noch ein Fluchtpunkt, an dem sich die Abhängigen sammeln, wenn sie aus der nahe gelegenen Suchtambulanz kommen“, sagt der Sozialpädagoge.
Bis zu 60 Menschen besuchten die Begegnungsstätte täglich, in der nur drei Sozialarbeiter vor Ort sind. „Der Bezirk gibt sich große Mühe, uns zu unterstützen, personell sind wir allerdings immer noch nicht vernünftig ausgestattet“, berichtet Pittner. „Wir versuchen trotzdem, unseren Besuchern eine sichere Umgebung zu bieten.“
Es dürfe nicht vergessen werden, dass es sich um kranke Menschen handele. „Sie haben keine Lobby, es gibt keine Therapieplätze und keine Ressourcen. Am Ende landen sie immer wieder da, wo sie gar nicht sein wollen – abhängig und obdachlos.“
Was hilft wirklich in der Drogen-Szene am Holstenplatz?
In der Begegnungsstätte verteilen die Sozialarbeiter Mahlzeiten, beraten zu allen möglichen Themen und schlichten Streits. „Wenn jemand verwahrlost oder angeschissen zu uns kommt, kleiden wir auch neu ein“, berichtet der Hamburger. Wenn möglich, verzichteten sie aber auf die Polizei. „Viele haben keine guten Erfahrungen mit der Polizei gemacht“, sagt er.
Die Beschwerden einiger Anwohner kann er nachvollziehen, ein paar der Schilderungen hält er aber inzwischen für übertrieben. „Da sind keine Crack-Wolken mehr, durch die irgendjemand laufen muss“, sagt Pittner. Aber natürlich sei der Anblick der Abhängigen, die in Gruppen herumhingen, nicht schön.
Forderungen nach einer ständigen Polizeipräsenz hält er wiederum für falsch: „Verdrängung bringt nichts. Die Menschen kommen trotzdem oder ziehen um.“ Langfristig würden nur besser Hilfsangebote helfen.