Hinter diesem Fenster liegt die Lösung des Tauben-Problems am Hauptbahnhof
Mit einem kurzen Ruck öffnet Dirk Schattner das kleine Fenster, dann ertönt das Flattern dutzender Flügel und eine Taube nach der anderen quetscht sich gierig durch die Öffnung ins Innere. Hier, im Taubenschlag am Hauptbahnhof, bekommen die Tiere nicht nur Futter und Wasser, sondern auch einen Platz zum Schlafen. Die Vögel sind bei den Menschen unbeliebt, werden an Bahnhöfen als lästig und eklig wahrgenommen und verscheucht. Bei einem MOPO-Besuch vor Ort räumt der 46-Jährige mit Vorurteilen über die „Ratten der Lüfte“ auf und erklärt, warum alle Hamburger von mehr Taubenschlägen profitieren würden.
Mit einem kurzen Ruck öffnet Dirk Schattner das kleine Fenster, dann ertönt das Flattern dutzender Flügel und eine Taube nach der anderen quetscht sich gierig durch die Öffnung ins Innere. Hier, im Taubenschlag am Hauptbahnhof, bekommen die Tiere nicht nur Futter und Wasser, sondern auch einen Platz zum Schlafen. Die Vögel sind bei den Menschen unbeliebt, werden an Bahnhöfen als lästig und eklig wahrgenommen und verscheucht. Bei einem MOPO-Besuch vor Ort räumt der 46-Jährige mit Vorurteilen über die „Ratten der Lüfte“ auf und erklärt, warum alle Hamburger von mehr Taubenschlägen profitieren würden.
Neben dem Infopunkt der Deutschen Bahn an Gleis 13 ist eine unscheinbare Tür, dahinter führen mehrere Treppen nach oben ins Reich der Tauben. „Hier war ursprünglich mal eine Umkleide für Schaffner, inzwischen haben wir uns hier häuslich eingerichtet“, erklärt Schattner gut gelaunt.
Taubenschlag am Hauptbahnhof: Eine schmale Treppe führt hinauf
Im Vorraum stehen kleine Tierboxen übereinander gestapelt, in denen mal eine, mal zwei Tauben sitzen. „Diese Tiere sind krank oder haben eine Verletzung“, erklärt der 46-Jährige, der seit November ehrenamtlich im Vorstand des Vereins der Hamburger Stadttauben ist. Eines der Tiere schlägt heftig mit den Flügeln, an der Box hängt ein gelber Klebezettel mit der Notiz „Bein gebrochen“. Die häufigsten Krankheiten seien Parasiten oder Würmer, erzählt er.

Davor müsse aber keiner Angst haben. „Tauben übertragen – entgegen ihrem schlechten Ruf – keine Krankheiten auf den Menschen.“ Zudem seien sie keine Wildtiere, sondern auf den Menschen angewiesen. „Sie fressen die Reste, die sie vor allem an Bahnhöfen finden, um nicht zu verhungern. Aufgrund dieser schlechten Ernährung verteilen sie aber ihren flüssigen Kot überall.“
So viel Platz gibt es im Taubenschlag über dem Hauptbahnhof
Hier, in dem 2016 von der Deutschen Bahn errichteten Taubenschlag, bekommen die Tiere das für sie geeignete Futter und können ihr Geschäft verrichten. Kapazität hat der Raum eigentlich für 140 bis 200 Tauben, laut Schattner fliegen hier aber täglich bis zu 600 ein und aus. „Wir brauchen viel mehr davon“, fordert der Tauben-Liebhaber. Nur einen weiteren gibt es bisher in Mümmelmannsberg, einen anderen in Norderstedt.

Wenn er es sich wünschen könnte, würde er noch drei weitere Taubenschläge für die circa 1000 Tiere am Hauptbahnhof errichten, sagt Schattner. Einen an jeder Seite. „Tauben sind sehr ortsgebunden, deshalb können sie nicht einfach umgesiedelt werden“, erklärt er. „Dadurch könnten wir aber erreichen, dass die Tiere ein würdiges Leben führen und dass sich die Reisenden nicht mehr gestört fühlen.“
Ehrenamtliche kümmern sich um den Taubenschlag am Hauptbahnhof
Ein Klopfen über den Köpfen unterbricht das Gespräch. Schattner muss lachen. „Das sind Tauben, die darauf warten, dass wir das Buffet wieder öffnen.“ Er hebt den Blick nach oben. „Gleich, ihr Babys“, sagt er. Einmal am Tag wird der Taubenschlag für etwa eine Stunde geschlossen und von einem der 30 Ehrenamtlichen des Vereins gereinigt.
Eine davon ist Sophie Hameister, die sich seit 2018 für die Hamburger Tauben einsetzt. „Ich liebe Tiere und wollte mich für sie engagieren “, sagt die 29-Jährige. Warum aber gerade die Tauben? „Sie werden von allen vernachlässigt, das finde ich unfair“, sagt sie. Vier bis fünf Mal im Monat ist die Studentin hier.

Sie und das Team tauschen auch regelmäßig die Eier der Tauben durch Gipsattrappen aus. So lasse sich die Population der Tauben in den Griff bekommen. Die richtigen Eier werden dann an die Wildtierhilfe gegeben und dort verfüttert.
So will die Hamburger Politik jetzt den Tauben helfen
So viele Vorteile – warum aber gibt es so wenige Taubenschläge in der Stadt? Die Antwort ist einfach: Über Jahrzehnte fühlte sich in der Politik niemand zuständig für die Tiere, einig war man sich nur, dass sie nerven – und reagierte mit Abwehrspikes und Hinweisen auf das Fütterungsverbot. Schattner kann darüber nur den Kopf schütteln.
Seit Dezember kommt endlich Bewegung in die Sache: Insgesamt stellte die Bürgerschaft 70.000 Euro zur Verfügung, mit denen die Bezirke derartige Unterkünftige bauen können. Und tatsächlich: Hamburg-Mitte plant auf MOPO-Nachfrage zwei neue Tauben-Türme am Hauptbahnhof und auch der Bezirk Altona will aktiv werden.

„Am besten wäre ein städtisches Taubenmanagement, so wie der Schwanenvater für die Alsterschwäne“, schlägt Dirk Schattner vor. Also eine Taubenmutter? Er muss wieder lachen. In der Zwischenzeit könne sich jeder, der eine kranke Taube entdecke, bei dem Verein unter Telefon 040 210 401 70 melden und das Tier am besten mit einer Decke oder einem Karton einfangen.