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  • Bezahlbarer Wohnraum in Hamburg zu finden ist für Geringverdiener besonders schwer. (Symbolbild)
  • Foto: dpa

Dramatische Lage für Geringverdiener: Hartz IV für Vermieter ein lukratives Geschäft?

Das Pestel-Insitut hat Hamburg auf den Wohn-Prüfstand gestellt – bezogen auf Haushalte mit niedrigem Einkommen. Dabei zeigt sich, dass die Lage für Geringverdiener immer dramatischer wird. 

„Die vom Job-Center übernommenen Mieten für Single-Haushalte stiegen innerhalb von März 2014 bis August 2020 um 54,7 Prozent“, erzählt Instituts-Leiter Matthias Günther im Gespräch mit der MOPO.

Im Durchschnitt habe die übernommene Netto-Kaltmiete pro Quadratmeter im August 2020 bei etwa 10,77 Euro gelegen.

Wohnen in Hamburg: Geringverdiener haben’s immer schwerer

Zum Vergleich: Der Mietenspiegel von 2019 sieht eine Hamburger Wohnung in einer „normalen Wohnlage“ zwischen 41 bis 66 Quadratmeter bei einer Durchschnitts-Netto-Kaltmiete von 12,75 Euro vor. 

Matthias Günther hat den Eindruck gewonnen, dass wahrscheinlich der ein oder andere Vermieter das Vermieten an Hartz IV-Empfänger zum Geschäft gemacht hat. „Bei den Mieten wird oft rausgeholt, was rauszuholen ist. Dabei reizen Vermieter die Miete soweit aus, bis zu dem Punkt, an dem die Job-Center gerade noch zahlen“, sagt Günther.

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Damit würden allerdings gleichzeitig die Mieten im unteren Bereich für Geringverdiener stark nach oben getrieben werden. Denn eine vom Jobcenter bezahlte Wohnung für Hartz-IV-Empfänger ist per Definition „angemessen“.

Wohnen in Hamburg: Hartz-IV Wohnungen als Geschäft?

Das Problem laut Günther zusammengefasst: Erhalten Vermieter die Möglichkeit, bei der Vermietung an einen Hartz-IV-Empfänger um die 10,77 Euro pro Quadratmeter vom Job Center zu erhalten, vermieten sie dafür weniger günstige Wohnungen an Geringverdiener, die keine Unterstützung vom Job-Center erhalten.

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Der Niedriglohnsektor sei über die Jahre sehr weit ausgeweitet worden. „Vom Mindestlohnbeziehern über Alleinerziehende bis zu Rentnern. Es gibt sehr viele Menschen, die einen zweiten Job brauchen, um sich über Wasser zu halten“, so Günther.

Lukratives Geschäft für Vermieter? Das sagt das Jobcenter

Das Jobcenter Hamburg antwortet auf MOPO-Nachfrage, dass nur in bestimmten Fällen die Miete direkt an den Vermieter überwiesen werde. „Das ist der Fall wenn eine zweckentsprechende Verwendung durch die Kundinnen und Kunden nicht sichergestellt werden kann, zum Beispiel weil bereits Mietschulden bestehen“, sagt Luisa Deistung, Sprecherin vom Jobcenter.

Welche Miete angemessen ist, legt die Stadt Hamburg in der Angemessenheitsgrenze fest. Diese befindet sich seit dem 6. März für einen 1-Personen-Haushalt bei 501,50 Euro. Das entspricht der Bruttokaltmiete ohne Heizkosten.

Wegen Corona: Ausnahmeregelung bei Übernahme von Mietkosten

Aber: „Zu Beginn der Pandemie im März 2020 wurde der Zugang zur Grundsicherung vereinfacht. Derzeit werden Mietkosten bei Bewilligungen, die im Zeitraum vom 1. bis 31. März 2021 beginnen, für die ersten sechs Monate unabhängig von der Angemessenheit in voller Höhe übernommen.“ Diese Regelung sei allerdings befristet und pandemiebedingt.

Neues Gütesiegel „Mein Fairmieter“ soll Mietern helfen

Ein bisschen Abhilfe soll das neugegründete Gütesiegel „Mein Fairmieter“ schaffen, das vom Pestel-Institut mitinitiiert wurde.

„Faire Vermieter, ob öffentlich, genossenschaftlich oder privat, müssen für Wohnungssuchende erkennbar sein“, so Günther. Kriterien für das Siegel sind unter anderem eine Durchschnittsmiete unterhalb der lokalen Wohngeldstufe.

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