Der Mechaniker, der die Kiez-Herzen eroberte
Wie verzweifelt muss man sein, um mit nichts als seiner Kleidung, zehn Euro und ohne Sprachkenntnisse in ein fremdes Land zu fahren? Bulgare Petar Hadzhiyski war jedenfalls voller Hoffnung, als er im Jahr 2001 nach Deutschland kam. Zunächst ungewollt untergebracht in der Wohnung eines Zuhälters, schaffte er es schließlich, sich in Hamburg zu etablieren – und sich auf St. Pauli unverzichtbar zu machen.
Wie verzweifelt muss man sein, um mit nichts als seiner Kleidung, zehn Euro und ohne Sprachkenntnisse in ein fremdes Land zu fahren? Der Bulgare Petar Hadzhiyski war jedenfalls voller Hoffnung, als er im Jahr 2001 nach Deutschland kam. Zunächst ungewollt untergebracht in der Wohnung eines Zuhälters, schaffte er es schließlich, sich in Hamburg zu etablieren – und sich auf St. Pauli unverzichtbar zu machen.
Drei Tage dauerte die Busfahrt von Bulgarien nach Deutschland. Währenddessen gab der Mechaniker Petar Hadzhiyski die zehn Euro, die er bei sich trug, für Essen aus. Ob Hamburg die erhoffte bessere Zukunft bringen würde, wusste er nicht. Doch in seiner Heimat sah er die noch weniger. Nach dem Ende der Sowjetunion steckte das Land jahrelang in einer Wirtschaftskrise. Die Arbeitslosigkeit war hoch, die Sozial- und Rentensysteme kaputt.
Hadzhiyski wurde vom Flüchtling zum beliebten Elektriker
Seine Ankunft in Hamburg war zunächst abenteuerlich: „Ein Bekannter hatte ihn mit einem Jobangebot nach Hamburg gelockt“, erzählt Petar Hadzhiyskis Sohn Petko-Petrov Hadzhiyski. „Er entpuppte sich als Zuhälter, der ihn mit zwei Prostituierten in seiner Wohnung in Wilhelmsburg unterbrachte. Keiner konnte Bulgarisch oder Englisch, er sprach kein Wort Deutsch.“ In der Nacht habe Petar Hadzhiyski ob des recht hohen Geräuschspegels in der Wohnung kein Auge zugetan. Am Morgen sei der Zuhälter verschwunden gewesen.

„Mein Vater wurde panisch. Er wusste nur, dass das Jobangebot auf der Reeperbahn wartete. Da er mit den U-Bahn-Linien nichts anfangen konnte, fuhr er einfach drauflos. Erst nach acht Stunden kam er an – ohne Ticket. Ein Wunder, dass man ihn nicht beim Schwarzfahren erwischte“, sagt Sohn Petko-Petrov Hadzhiyski und lacht. Vor Ort gab man seinem Vater eine kaputte HiFi-Anlage, die er mit nichts als einem Schraubenzieher reparierte. „Er war ein genialer Elektroniker“, sagt Schwiegertochter Wulan Diah Puspitowati.
Ab diesem Punkt mauserte sich Petar Hadzhiyski zu einem der beliebtesten Mechaniker auf dem Kiez. Zuerst noch als Angestellter in einer Reparatur für HiFi- und Stereoanlagen in der Tal-, später in seinem eigenen Geschäft in der Seilerstraße. Als die Anlagen aus der Mode kamen, stellte er auf Waschmaschinen und Herde um. „Irgendwann konnte er sich vor Aufträgen kaum noch retten“, sagt Sohn Petko-Petrov Hadzhiyski. „Die Leute sind quer durch die Stadt gefahren, um ihre Haushaltsgeräte bei meinem Vater reparieren zu lassen.“
St. Pauli: Petar Hadzhiyski starb nach schwerer Krankheit
Der Sohn kam 2013 nach Deutschland. Nach seinem Abitur entschied er sich gegen ein Studium und für den Laden seines Vaters. „Im Deutschkurs habe ich meine jetzige Frau, die Architektin Wulan Diah Puspitowati kennengelernt“, berichtet Hadzhiyski. Die beiden haben mittlerweile eine gemeinsame Tochter.

Im September 2022 starb Petar Hadzhiyski an der schweren neurologischen Krankheit ALS, an der unter anderem auch Stephen Hawking litt. „Im letzten Jahr vor seinem Tod mussten wir ihn sehr intensiv betreuen“, berichtet Wulan Diah Puspitowati. „Ein Glück, dass wir auch auf dem Kiez wohnen.“
Das könnte Sie auch interessieren: Uwe Barschel und der Skandal um des „Teufels Admiral“
Heute führt das Ehepaar den Laden „Peters Geschäft Haushaltsgeräte“ in der Seilerstraße 47. „Die Leute fragen immer noch nach meinem Vater. Er war einfach ein Genie“, sagt Petko-Petrov Hadzhiyski. „Zum Glück bist du auch nicht so schlecht“, erwidert seine Ehefrau.