Wo Hamburg Steuergeld in Millionenhöhe verbrennt
Mit gleich sechs Steuersünden ist Hamburg im 50. Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler vertreten. Jährlich veröffentlicht der gemeinnützige Verein eine Liste der größten Steuerverschwendungen in Deutschland. Aus Hamburg sind unter anderem ein unnötiges Impfzentrum, ein Fahrradparkhaus und eine Schranken-Posse im Stadtpark dabei.
Mit gleich sechs Steuersünden ist Hamburg im 50. Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler vertreten. Jährlich veröffentlicht der gemeinnützige Verein eine Liste der größten Steuerverschwendungen in Deutschland. Aus Hamburg sind unter anderem ein unnötiges Impfzentrum, ein Fahrradparkhaus und eine Schranken-Posse im Stadtpark dabei.
Unnötiges Impfzentrum
Hamburg hatte extra für die Stadtmitarbeiter ein eigenes Impfzentrum für Auffrischungsimpfungen eingerichtet. 1,2 Millionen Euro kostete das die Stadt allein für die Infrastruktur. Die Kapazität von insgesamt 16.800 Impfungen wurde jedoch nie ausgeschöpft, nur 8.300 Mitarbeitende ließen sich zwischen dem 13.12.2021 und dem 21.1.2022 impfen. Nach nur sechs Wochen schloss das Impfzentrum wieder und 1.000 Impfdosen mussten wegen des Ablaufdatums vernichtet werden.

„Die zuständige Behörde hätte zwingend zuvor den Bedarf ermitteln müssen. Besonders fragwürdig ist die Maßnahme auch deshalb, weil bereits bei der Öffnung des temporären Impfzentrums ein Überangebot an Impfmöglichkeiten bestand – nahezu an jeder Ecke bestand die Möglichkeit einer Impfung beziehungsweise einer Auffrischungsimpfung“, sagt Petra Ackmann.
Schranken-Posse im Stadtpark
Im Stadtpark wurde 2014 eine Schranke, die von Hand bedient werden musste, gegen eine moderne Poller-Anlage ausgetauscht. Kosten: 71.500 Euro. Seit dem Start bereits die Anlage jedoch Probleme, mindestens zehn Mal war sie außer Betrieb. Addiert man diese Zeiten, sei die Anlage laut des Steuerzahlerbundes insgesamt die Hälfte ihrer Betriebszeit ausgefallen.

Zuletzt war die Poller-Anlage fast zwei Jahre am Stück – von Mitte 2020 bis Mai 2022 – wegen Schäden am hydraulischen System nicht funktionsfähig. Die Reparatur- und Wartungskosten sollen sich auf 35.285 Euro belaufen. Laut zuständigem Bezirksamt wurden davon immerhin 17.383 Euro von Dritten erstattet. „Das Bezirksamt sollte nach einer Alternative suchen und diese zeitnah umsetzen”, sagt Petra Ackmann vom Steuerzahlerbund.
Rathaus zu klein: Extra Räume für die Bürgerschaft
Weil das Rathaus zu klein sei, hat die Hamburger Bürgerschaftskanzlei im Oktober 2020 ein zusätzliches Gebäude mit 1735 Quadratmetern angemietet. Kosten: 2,78 Millionen Euro für 6 Jahre – alles Steuergeld. Die Bürgerschaftskanzlei verteidigte die hohen Kosten: Senat und Bürgerschaft würden sich die Räume im Hamburger Rathaus teilen, die Bürgerschaft nutze nur einen Teil des Gebäudes. Der Bürgerschaft stünden im Rathaus zwei Sitzungsräume für Ausschusssitzungen zur Verfügung.

Für die bürgerschaftlichen Sitzungen seien jeweils aufwendige Umbauten und technische Ausstattungen erforderlich und bei Sitzungen mit vielen Teilnehmern und Zuhörern seien diese Sitzungsräume regelmäßig zu klein, sodass dies bereits in der Vergangenheit regelmäßig die Anmietung von externen Sitzungsräumen erfordert habe.
Das könnte Sie auch interessieren: Nach kuriosem Streit um Fläche vor Rathaus: Was steht denn hier für ein Metallklotz?
Petra Ackmann kritisiert: „Gerade zu Corona-Zeiten fällt es schwer zu glauben, dass es einen größeren Raumbedarf gab, der die Anmietung eines ganzen Campus rechtfertigt.“ Eine Besichtigung vor Ort sei laut des Steuerzahlerbundes trotz mehrmaliger Nachfrage nicht möglich gewesen. Der Verein befürchtet, dass hier ein Leerstand kaschiert werden soll, da 5 der 6 Büroflächen demnächst nicht mehr genutzt würden.
Start-up-Förderung
Nach Filz-Vorwürfen hat die Finanzbehörde von Andreas Dressel (SPD) einen Fördervertrag gestoppt. Die MOPO hatte umfangreich berichtet. Der Auftrag zur Bildung eines sogenannten FinTech-Accelerators, also eines Programms zur Förderung von Start-ups aus der Finanzbranche, war unter Umgehung einer öffentlichen Ausschreibung direkt vergeben worden – an die Firma Next Media Accelerator von SPD-Mitglied Nico Lumma, der nicht nur im Verwaltungsrat der „Kasse Hamburg“ sitzt, sondern auch den SPD-Vorstand im Wahlkampf beraten hat. Es ging um eine Fördersumme von 9 Millionen Euro an öffentlichen Mitteln, weitere 9 Millionen sollten aus der Wirtschaft eingeworben werden. Um Corona-Hilfsgelder zu nutzen, sollte alles ganz schnell gehen. 1,3 Millionen Euro waren als Honorar für den Accelerator vorgesehen. Nach massiver Kritik stoppte Dressel das Projekt im Januar, die öffentliche Förderung ist damit futsch. Noch ist nicht klar, in welcher Höhe das Unternehmen eine Schadensersatzforderung an die Stadt Hamburg stellt – der Steuerzahlerbund rechnet mit einer sechsstelligen Summe. Zudem sollen allein Rechtsberatungskosten in Höhe von 224.000 Euro laut Finanzbehörde bislang angefallen sein.

Corona-Hilfen für Osterfeuer
Das Osterfeuer am Hamburger Elbstrand zieht jedes Jahr rund 25.000 Zuschauer an. Allein für den Sanitätsdienst und die Toiletten soll die Altonaer Bezirksamtschefin Stefanie von Berg (Grüne) nach Angaben des Steuerzahlerbundes Kosten in Höhe von 40.000 bis 50.000 Euro genannt haben. Das Bezirksamt sagte dazu am Mittwoch: „Die benannten Kosten von bis zu 50.000 Euro für Toilettenanlagen und Sanitätsdienst waren grob überschlagene Summen aus den Jahren vor Corona”, so Sprecher Mike Schlink. „In diesem Jahr sind für Sanitätsdienst und WC-Anlagen zusammen rund 7.100 Euro ausgegeben worden.“

Laut des Steuerzahlerbundes kämen unter anderem Kosten für Polizei und Feuerwehr, für die Stadtreinigung und der Hamburg Port Authority hinzu. Im vergangenen Jahr habe das Feuer aufgrund der hohen Kosten vor dem Aus gestanden. Der Sprecher der Finanzbehörde sagte, dass es nicht auszuschließen sei, dass der Veranstaltung Mittel aus dem Corona-Neustart-Fonds zugute kommen können. Letztendlich kam es dann doch nicht so weit. Nach Aussagen des Steuerzahlerbundes auch auf deren Initiative. „Dass ernsthaft in Erwägung gezogen wurde, Corona-Mittel für Toiletten bei einem Osterfeuer zu verwenden, schlägt dem Fass den Boden aus”, so Petra Ackmann.
Fahrradparkhaus Kellinghusenstraße
Erneut hat es auch das Fahrradparkhaus an der Kellinghusenstraße in Eppendorf ins Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes geschafft. Weiterhin werde das 3 Millionen Euro teure Parkhaus kaum genutzt. Konstruktionsfehler wie eine zu schmale Rampe am Eingang oder zu hohe Stufen hätten das Fahrradparkhaus unattraktiv gemacht. Auf Nachfrage des Steuerzahlerbundes habe die Verkehrsbehörde mitgeteilt, dass für 8300 Euro die Installation einer zusätzlichen Servicesäule, die Anpassung der Beleuchtungssteuerung, der Bau einer zusätzlichen Reparaturstation sowie die Planung der Wegeleitung und der Beschilderung umgesetzt wurden.

Zudem werde die Behörde weitere Mittel für „Kommunikationsmaßnahmen” ausgeben. „Die konkrete Summe stehe noch nicht fest. Fahrradparkhäuser sind grundsätzlich sinnvoll. Das Hamburger Konzept kommt aber trotz Nachbesserungen nicht bei den Radfahrern an”, sagt Petra Ackmann. Die Behörde solle eine Befragung zu den Gründen durchführen und entsprechend in die Planungen weiterer Fahrradparkhäuser einbinden. Unter anderem sind am Schlump, in Hamburg-Harburg, am Fernbahnhof Diebsteich und am Hauptbahnhof neue Fahrradparkhäuser geplant.
Neben diesen sechs Fällen aus dem Schwarzbuch hat der Steuerzahlerbund online zwei weitere Steuersünden veröffentlicht, ein Fall dreht sich um den HSV, der andere um 1 Million Euro, die „in der Elbe versenkt” wurden.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel wurde mit einem Statement des Bezirksamts Altona aktualisiert.