Eine Idee kommt aus Bremen: Wie sich Hamburgs City verändern soll
Die Innenstadt ist Hamburgs Sorgenkind: Online-Shopping macht es den Läden schwer, immer wieder gibt es Leerstand und nachts ist die City wie ausgestorben. Jetzt soll die neue Innenstadt-Koordinatorin Elke Pahl-Weber wieder Schwung in die City bringen. Die Stadtplanerin hat der MOPO verraten, wie die Innenstadt wieder tragfähig werden kann – und welche besonderen Shopping-Erlebnisse es hier künftig geben könnte.
Die Innenstadt ist Hamburgs Sorgenkind: Online-Shopping macht es den Läden schwer, immer wieder gibt es Leerstand und nachts ist die City wie ausgestorben. Jetzt soll die neue Innenstadt-Koordinatorin Elke Pahl-Weber wieder Schwung in die City bringen. Die Stadtplanerin hat der MOPO verraten, wie die Innenstadt wieder tragfähig werden kann – und welche besonderen Shopping-Erlebnisse es hier künftig geben könnte.
MOPO: Frau Pahl-Weber, was ist Ihre Vision? Wie soll die City in zehn Jahren aussehen?
Elke Pahl-Weber: Ich wünsche mir eine lebendige und attraktive Innenstadt, das heißt auch eine Innenstadt für alle, mit Einkaufen, Kultur, öffentlichen Räumen, die zum Aufenthalt einladen und auch mit besonders schönen Gebäuden für ganz unterschiedliche Zwecke. Und denken wir noch weiter in die Zukunft: Ich wünsche mir eine Hamburger Innenstadt, die schon früh zeigt, wie Klimaneutralität funktioniert. Denn wir wollen so schnell wie möglich klimaneutral werden.

Und wie sieht das konkret aus?
Dazu gibt es viele Ansätze, aber ich denke, ein wichtiger Schritt wäre es, die Dächer in der Innenstadt darauf zu untersuchen, ob sie begrünt und mit Photovoltaik ausgestattet werden können. Denn dazu haben wir noch keinen Überblick. Es gibt aber auch Straßenräume, die mit Bäumen begrünt werden können, möglicherweise ist dies ein Thema für die Neugestaltung der Steinstraße oder für den Rödingsmarkt.
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Und sollte die City auch autofrei werden?
Für eine gänzlich autofreie Innenstadt brauchen wir angemessene Konzepte, die sie für jede Bürgerin und jeden Bürger aber trotzdem gut erreichbar macht.
Schon jetzt ist die Stadt abends wie ausgestorben und es gibt immer wieder Leerstand. Wie soll das besser werden?
Wir brauchen mehr gemischte Nutzungen. Als Koordinatorin ist es aber nicht meine Aufgabe, die Gestaltung zu bestimmen. Ich bin Vermittlerin und möchte vor allem die vielen Projekte zusammenbringen, die es schon gibt. Grundsätzlich denke ich aber, dass wir das spezifisch Hamburgische stärker hervorheben müssen, um die Innenstadt tragfähig zu machen. Es muss etwas geben, was es auf diese Weise nur hier gibt. Shoppen wie bisher reicht dafür zum Beispiel nicht. Im Einzelhandel würde ich mir etwa eine engere Verbindung zum Hafen wünschen.
Was meinen Sie?
Den Kunden zeigen, wo die Produkte herkommen. Zum Beispiel ist der Hafen ein großer Umschlagplatz für Kaffee. In Erdgeschossen in der City könnte sich Handwerk ansiedeln und ihn vor Ort rösten – oder etwa edles Briefpapier schöpfen. Es gibt logistische Herausforderungen, aber ich halte es für einen guten Ansatz. Auch sonst muss der Präsenzhandel etwas Besonderes bieten. Es gibt etwa die Idee von interaktiven Umkleidekabinen: Wenn man einen Badeanzug anprobiert, steht man plötzlich auf den Bahamas. Das kriegt man online nicht.
Auch besondere Zwischennutzungen, wie Kunstprojekte, sollen Menschen anlocken. Aber verpufft das nicht, wenn die Förderung der Stadt ausläuft? Die Mieten können sich Künstler nicht leisten.
Das ist eine Gefahr. Aus anderen Städten wissen wir aber, dass das Ansiedeln von solchen Zwischennutzungen zu einem veränderten Gepräge in der Stadt führt und so andere Anmieter anzieht. In Bremen ziehen Künstler wie in einer Art Kreislauf von Gebäude zu Gebäude, wenn diese umgewandelt oder erneuert werden. Darüber könnte man in Hamburg auch nachdenken. Gefördert werden müssen solche Projekte aber wohl immer. Zudem würde ich auch gerne die vielen bereits bestehenden Kulturangebote bekannter machen.
Auch Wohnen könnte die City beleben. Viele wünschen sich das.
Ja. Ein Problem ist die benötigte Ruhe, wobei ich glaube, dass sich da in nach Innen gerichteten Obergeschossen mit Schallschutz, Licht und Lüftung einiges machen ließe. Ein weiterer Punkt sind die hohen Grundstückspreise, die Wohnen sehr teuer machen. Wir bräuchten aber eine Mischung von teurem und günstigerem Wohnraum. Nur: Soll die Stadt das Geld für geförderten Wohnraum dafür nutzen, teure Grundstücke zu kaufen? Das ist eine berechtigte Frage. Eine andere Möglichkeit wären besondere Wohnformen. Etwa, wenn sich Unternehmen engagieren und Bürogebäude als Wohnungen für Auszubildende anmieten. Das gibt es bereits. Das Wohnen in der City wird immer eine Minderheit sein, aber eine kritische Schwelle muss überschritten werden, damit sie abends auch belebt ist.
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Wie soll es nun konkret vorangehen? Woran arbeiten Sie gerade?
Ich bin vor allem dabei, die unterschiedlichen Interessenslagen kennenzulernen. Wir haben glücklicherweise alle gesellschaftlichen Kräfte auch in der Innenstadt. Jetzt gilt es herauszufinden, wer eigentlich was will und wie das umgesetzt werden kann. Dann soll ein neues Leitbild für die Innenstadt entwickelt werden. Dafür möchte ich auch wissen, was sich die Hamburgerinnen und Hamburger wünschen, und plane dafür ab Winter Veranstaltungen.
Und wann soll dieses neue Leitbild Realität werden?
Aus meiner Sicht sollte es bis Ende 2023 fertig sein. Danach können wir durch die Mittel der Bundesförderung kleinere Maßnahmen schnell umsetzen. Ich vertrete den Ansatz: Die Dimensionen runterschrauben, dafür Dinge früh ausprobieren und evaluieren, wie es am besten geht. Die ersten Ansätze sollten also innerhalb der nächsten drei Jahre sichtbar sein.