Silvester-Randale in Hamburg: „Die Migranten sind doch selbst schockiert“
Mit den Angriffen auf Einsatzkräfte an Silvester ist erneut eine Debatte über Migration und gescheiterte Integration entbrannt. Für etliche Politiker scheint klar: Die Verantwortung liegt bei Menschen mit ausländischen Wurzeln. Der Hamburger FDP-Politiker Sami Musa (38) startete seine politische Karriere in Harburg, dem Bezirk, wo die Krawalle besonders schwer waren. Der Sohn eines Kosovo-Albaners ist eng vernetzt mit den migrantischen Communitys aus dem Westbalkan. Auch er sagt: „Der Senat muss Integrationsprobleme anpacken, anstatt über Böller-Verbote nachzudenken.“ Mit der MOPO sprach er über die Silvesternacht, den Bezirk Harburg und die Reaktion auf die Krawalle.
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Mit den Angriffen auf Einsatzkräfte an Silvester ist erneut eine Debatte über Migration und gescheiterte Integration entbrannt. Für etliche Politiker scheint klar: Die Verantwortung liegt bei Menschen mit ausländischen Wurzeln. Der Hamburger FDP-Politiker Sami Musa (38) startete seine politische Karriere in Harburg, dem Bezirk, wo die Krawalle besonders schwer waren. Der Sohn eines Kosovo-Albaners ist eng vernetzt mit den migrantischen Communitys aus dem Westbalkan. Auch er sagt: „Der Senat muss Integrationsprobleme anpacken, anstatt über Böller-Verbote nachzudenken.“ Mit der MOPO sprach er über die Silvesternacht, den Bezirk Harburg und die Reaktion auf die Krawalle.
MOPO: Hat Hamburg ein Integrationsproblem?
Sami Musa: Ja. Sicherlich nicht flächendeckend, aber in einigen Stadtteilen ist das so.
Inwiefern hängt dieses Problem mit den Angriffen auf Einsatzkräfte zusammen?
Nach Angaben der Sicherheitskräfte handelt es sich bei den Krawallmachern zu einem erheblichen Teil um junge Männer mit Migrationshintergrund. Dieser Eindruck bestätigt sich auch in Berlin, wo die Krawalle noch wesentlich schlimmer waren. Aus der Polizeistatistik wissen wir, dass genau diese Gruppe überdurchschnittlich oft straffällig wird. Insofern ist der Zusammenhang nicht neu.
In der Silvesternacht wurden vor allem auch im Bezirk Harburg Polizisten und Feuerwehrleute angegriffen. Woher kommt der Hass auf Einsatzkräfte?
Einige Gegenden in Harburg haben sich zum Kriminalitäts-Hotspot entwickelt. Besonders am Harburger Ring kommt es häufig zu Ausschreitungen. Die MOPO hat ja bereits dazu berichtet. Leider ist die Harburger Innenstadt immer wieder Treffpunkt von gewaltbereiten jungen Menschen. Das bedauere ich sehr.
Wenn die Angriffe dem Staat galten, warum attackieren Jugendliche sogar Busfahrer?
Das weiß ich nicht. Mir scheint es eher so zu sein, dass hier Frust abgebaut und jeder attackiert wird, der gerade in den Weg kommt.
Wie reagieren Menschen mit Migrationshintergrund auf die Randalierer in Harburg und die derzeitige Debatte?
Sie sind schockiert! Ich habe viele Reaktionen von Migranten auf mein kritisches Statement zu den Krawallen erhalten. Allesamt mit Zustimmung. Die große Mehrheit der Menschen mit Migrationshintergrund lebt gern und vor allem friedlich in unserer Stadt und auch in unserem Bezirk. Sie lehnen Gewalt ab und haben Sorge, mit den Randalierern in einen Topf geworfen zu werden.
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Wenn die Ausschreitungen mit gescheiterter Integration zusammenhängen: Was müsste konkret passieren, damit sich solche Szenen nicht wiederholen?
Da gibt es kein einfaches Rezept. Ich rate aber dazu, die migrantischen Communitys mehr als bisher einzubeziehen. Sie sind nahe an den Menschen und an deren Problemen dran. Mit Sicherheit wird es darauf ankommen, sehr deutlich zu machen, was erlaubt ist und was nicht.
Der CDU-Abgeordnete Christoph de Vries sieht Migranten in der Verantwortung. Die Grünen und Linken in Hamburg werfen de Vries Rassismus vor. Läuft die Debatte derzeit in eine falsche Richtung?
Ich halte Herrn de Vries nicht für einen Rassisten. Ob seine Worte klug gewählt waren, lasse ich aber dahingestellt. Es geht nicht zuallererst um die Hautfarbe. Es geht um klare Regeln in einem Rechtsstaat.
Harburg ist immer wieder Schauplatz von Gewalt. Wie haben Sie in Ihrer Zeit dort, den Bezirk und dessen Probleme wahrgenommen?
Es gibt einzelne Brennpunkte im Bezirk, in denen die Situation in den letzten Jahren schlimmer geworden ist. Den Harburger Ring habe ich schon erwähnt. Hier müssen Senat und Bezirk dringend ein neues Sicherheitskonzept erarbeiten. Zum Glück gilt diese problematische Lage nicht für jeden einzelnen Stadtteil in Harburg.