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  • Weltweit kursieren Verschwörungstheorien rund um das Coronavirus.
  • Foto: imago images/Future Image

Die irren Corona-Verschwörungstheorien: Wer produziert so etwas – und warum?

Angeblich machen alle Supermärkte zu, Knoblauch hilft gegen das Coronavirus, das in Wahrheit eine biologische Waffe der Chinesen ist – und die Medien sowie Regierungen enthalten der Bevölkerung sowieso die Wahrheit vor. Verschwörungstheorien und Fake News haben in Zeiten des Coronavirus‘ Hochkonjunktur. In den sozialen Medien ist eine wahre Falschinfodemie ausgebrochen. Doch was verbirgt sich eigentlich hinter den ganzen Verschwörungen?

„Da steckt viel mehr hinter als ein Virus. Da steckt ein Plan hinter, die wollen uns kontrollieren“, posaunte der YouTuber Leon Lovelock am Sonntag in einem Video hinaus. Was genau dahinter stecke, wisse er zwar selbst nicht, aber „wir müssen dagegen kämpfen“ – so viel ist sicher.

Mittlerweile haben rund 150.000 Menschen Lovelocks wirren 21-minütigen Appell aus seinem Treppenhaus angeschaut. In den Kommentaren finden sich viele Widerworte, aber nicht wenige scheinen sich von den nebulösen Ausführungen angesprochen zu fühlen. 

Corona-Verschwörung: Bill Gates steckt hinter der Pandemie

Wer die Tage auf YouTube unterwegs ist, findet schnell ein wahres Sammelsurium an Corona-Verschwörungsvideos. Zweifelhafte Theorien finden auf der Videoplattform schon immer eine große Zuschauerzahl. Wer nach alternativen Wahrheiten zu 9/11, geheimen Weltregierungen oder dem großen Bevölkerungsaustausch sucht, der findet. Das ist bei Corona nicht anders. Doch nicht nur auf YouTube türmen sich die Falschinformationen und Unwahrheiten. Amerikanische Verschwörungstheoretiker schieben auf Blogs den Ausbruch des Virus den Demokraten oder Bill Gates in die Schuhe. Wie so oft macht auch weltweit die antisemitische Schuldzuweisung die Runde, eine zionistische Lobby stecke hinter der Pandemie. 

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Für die Sozialpsychologin Pia Lamberty von der Universität Mainz, die sich mit Verschwörungstheorien beschäftigt, ist das wenig überraschend.

Pia Lamberty ist Sozialpsychologin und promoviert an der Universität Mainz.

Pia Lamberty ist Sozialpsychologin und promoviert an der Universität Mainz. Demnächst erscheint ihr Buch „Fake Facts – Wie Verschwörungen unser Denken bestimmen“.

Foto:

privat/hfr

„Es gibt Muster, die bei Krankheitsausbrüchen immer wieder auftauchen. Das hatten wir zum Beispiel bei HIV oder SARS. Das wird oft als Genozidversuch oder Biowaffe gedeutet“, sagt sie im MOPO-Interview.

Warum entstehen Verschwörungstheorien?

Aber warum entstehen Verschwörungstheorien und finden Verbreitung? „In Krisensituationen ploppen Verschwörungen auf. Wenn wir einen Kontrollverlust erleben, wie jetzt gerade bei Corona, dann versuchen wir, den zu kontrollieren. Da ist es eine Option, Zusammenhänge zu sehen, wo keine sind.“ In der Psychologie spreche man dann von kognitiver Verzerrung. „Verschwörungstheorien bieten Strukturen, mit denen man sich die Welt erklären kann – ohne Erklärung wird der Kontrollverlust verstärkt.“ 

Jeder ist anfällig für Verschwörungstheorien

Dabei gebe es keine ausgemachte Risikogruppe, die ganz besonders empfänglich für Verschwörungstheorien sei. Viel eher zeigten „Studien, dass die Konfrontation mit Verschwörungserzählungen Effekte haben kann und Misstrauen befeuert, selbst wenn man nicht an sie glaubt“, erklärt Lamberty. Wie sehr Verschwörungen in die Gesellschaft einsickern, zeigt sich beim Thema Imfpungen. Jeder fünfte Deutsche glaubt, dass die Wahrheit über das Impfen verschwiegen würde.

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Wer aber sind die Leute, die sich vor die Kamera setzen und ihre Theorien in die Welt hinausposaunen? Viele der Verschwörungstheoretiker hätten ein Bedürfnis nach Einzigartigkeit, sagt Lamberty. „Da gibt es das besondere Bedürfnis, aus der Masse herauszustechen“. 

Massig Fehlinformationen zu Corona auf Whats App

Doch es muss nicht immer das ganz große Corona-Verschwörungs-Tam-Tam sein, das derzeit zur Verunsicherung der Bevölkerung beiträgt. Über WhatsApp verbreiten sich derweil auch in Hamburg massig Falschinformationen, die zwar weniger verschwörungstheoretischer Art sind, aber auch mit einem vermeintlichen Informationsvorenthalten von staatlichen Institutionen sowie Medien spielen.

Über Messengerdienste werden angeblich aus seriöser Quelle stammende Nachrichten geteilt, in denen behauptet wird, Supermärkte würden schließen oder man könne sich durch Luftanhalten selbst auf Corona testen. Für die angebliche Schließung von Supermärkten wurde sogar ein Focus-Artikel gefälscht.

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Pia Lamberty grenzt solche Fehlinformationen zu Verschwörungstheorien ab: „Dass falsche Informationen geteilt werden, kann passieren. Man hört irgendwas, man liest irgendwas, das passiert nicht absichtlich.“ Bei Fake News, wie beispielsweise der gefälschte Focus-Artikel, erfolge die Verbreitung jedoch bewusst, um Geld zu machen oder politisch zu mobilisieren. 

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Was lässt sich also gegen die Verschwörungen, Fake News oder auch Fehlinformationen tun? Lamberty nimmt alle in die Pflicht. „Das ist ein gesamtgesellschaftliches Thema.“ Schulen zum Beispiel müssten mehr kritische Medienbildung unterrichten, Medien faktisch sauber berichten und Betreiber sozialer Medien etwas gegen die Verbreitung von falschen Inhalten auf ihren Plattformen unternehmen.

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