Schandfleck in Hamburg: Der Cannabis-Turm und sein düsteres Geheimnis
Der Hochhaus-Klotz ist fast 50 Jahre alt und steht als weit sichtbarer Schandfleck an der Amsinckstraße. Jetzt rückte die Polizei in dem leerstehenden Gebäude an. Unbekannte waren eingedrungen und hatten hier eine Cannabis-Plantage betrieben. Und der riesige Lost Place Hausnummer 45 birgt noch ein düsteres Geheimnis.
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Der Hochhaus-Klotz ist fast 50 Jahre alt und steht als weit sichtbarer Schandfleck an der Amsinckstraße. Jetzt rückte die Polizei in dem leerstehenden Gebäude an. Unbekannte waren eingedrungen und hatten hier eine Cannabis-Plantage betrieben. Und der riesige Lost Place Hausnummer 45 birgt noch ein düsteres Geheimnis.
Bereits am Montagmittag war der typische Cannabis-Geruch in dem Gebäude bemerkt worden. Die Polizei beschaffte sich einen Durchsuchungsbeschluss und fand in dem Komplex eine professionelle Aufzuchtanlage für Cannabis. Die Beamten trafen dort auch auf den mutmaßlichen „Pflanzenzüchter“ – einen 40-Jährigen aus Alsterdorf – und nahmen ihn fest. Die Polizisten stellten 70 Kilogramm Marihuana und 400 Cannabis-Pflanzen sicher.
Seit Jahrzehnten beschäftigt das Haus die Behörden
Das markante Bauwerk am südlichen Stadteingang Hamburgs beschäftigt die Behörden schon seit Jahrzehnten. Als es 1974 fertiggestellt wurde, galt es als extrem fortschrittlich und die Büroräume mit Traumblick über Hamburg konnten zügig vermietet werden. Bauherr war ein Architekt namens Hans H. Der 1937 geborene Investor hatte gute Kontakte zur Politik und zu den Banken. Hans H. besaß in den 1980er Jahren vor allem in Hammerbrook Immobilien im Wert von mehr als 200 Millionen Mark (100 Millionen Euro).
Seine größte Immobilie war das 14-stöckige Hochhaus Amsinckstraße 45. 1987 stürzte sich hier aus 50 Metern Höhe sein 15 Jahre alter Sohn aus unbekannten Gründen in den Tod. Wenig später kam es zu einem Unfall mit einem Oldtimer aus der Sammlung von Hans H. In dem Mercedes starb sein Bruder. Schließlich musste Hans H. noch eine teure Scheidung verkraften. Seine Frau zog mit angeblich zehn Millionen Euro in eine Villa am Genfer See.
Die Geschichte des exzentrischen Investors Hans H.
Der Immobilien-Investor litt schwer unter diesen drei Schicksalsschlägen und agierte zunehmend verwirrt. So bot er Jürgen Flimm, dem Intendanten des Thalia-Theaters, an, ihm an der Amsinckstraße das modernste Theater Europas zu bauen. Hans H. sagte: „Nennen Sie mir Ihren Preis!“ Als Flimm entgegnete, das Projekt sei unrealistisch, schrie Hans H:. „Alles geht!“
Dann setzte Hans H. auf den geplanten Bau der Magnetschwebebahn „Transrapid“. Die Strecke sollte an der Spaldingstraße verlaufen und dort besaß der Investor ein Bürohaus. Hans H. kündigte dem Mieter, dem „Bauer-Verlag“, wollte das Gebäude abreißen und das große City-Grundstück dann an die Transrapid-Betreiber teuer verkaufen. Doch die Schwebebahn wurde nie gebaut und Hans H.s Immobilien-Imperium geriet in eine Schieflage. Die Banken machten Druck. Es kam zu Zwangsversteigerungen. Auch das Hochhaus Amsinckstraße 45 kam unter den Hammer.
Der Unternehmer machte die Banken für seine Finanzprobleme verantwortlich und bezichtigte die Geldinstitute einer „Strafbaren Kapitalvernichtung“.
Schließlich verlor Hans H. komplett die Bodenhaftung, er lebte noch bis 2007 verarmt und einsam im obersten Stockwerk des Hochhauses Amsinckstraße 45, fantasierte von einer „Göttlichen Flut von 100 Milliarden Euro“, die bald auf seinen Konten landen würde.
2012 wird an der Amsinckstraße ein Hotel eröffnet
Das Hochhaus ging dann durch verschiedene Hände und 2012 wurde ein Hotel eröffnet. Die Betreiber sanierten aber nur die 10. bis 12. Etage. Die 83 Zimmer waren für rund 100 Euro/Nacht zu buchen. In Hotelportalen gab es Bewertungen wie: „Das Hotel sieht von außen furchtbar aus. Das Zimmer war aber schön eingerichtet und das Personal sehr freundlich.”
Im Jahr 2020 firmierte die Berliner Firma „Aeiou 102“ als Eigentümer der Immobilie und kündigte Abriss und Neubau „innerhalb von zwei Jahren“ an. Ein Architektenwettbewerb unter Mitwirkung des Hamburger Oberbaudirektors Franz-Josef Höing wurde gestartet, und den ersten Preis erhielt ein Backstein-Entwurf des Zürcher Architekten Max Dudler. Doch geschehen ist seitdem nichts.
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Im vorigen Jahr schrieb die „Immobilien-Zeitung“, dass sich der Lost Place im Besitz des Luxemburger Immobilien-Unternehmens „Aggregate“ befindet. Wegen eines finanziellen Engpasses wolle man das Objekt zusammen mit elf weiteren Immobilien verkaufen. Ob ein Verkauf tatsächlich zustande kam, ist unbekannt.