Die geteilte Bürgerschaft: Wer ein AfD-Verbot will – und wer nicht
Das Treffen von AfD-Funktionären mit extremen Rechten und der Plan, millionenfach Menschen mit Migrationsgeschichte, selbst mit deutscher Staatsbürgerschaft, aus Deutschland zu vertreiben, hat die Debatte um ein Verbotsverfahren weiter angefacht. Befürworter sehen in der AfD eine Gefahr für die Demokratie und fordern rasches Handeln. Gegner fürchten, dass ein Verbot scheitert und der Partei sogar noch in die Hände spielt. Und wie steht man in der Hamburgischen Bürgerschaft dazu? Die MOPO hat nachgefragt.
- Deutsch (Deutschland)
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Das Treffen von AfD-Funktionären mit extremen Rechten und der Plan, millionenfach Menschen mit Migrationsgeschichte, selbst mit deutscher Staatsbürgerschaft, aus Deutschland zu vertreiben, hat die Debatte um ein Verbotsverfahren weiter angefacht. Befürworter sehen in der AfD eine Gefahr für die Demokratie und fordern rasches Handeln. Gegner fürchten, dass ein Verbot scheitert und der Partei sogar noch in die Hände spielt. Und wie steht man in der Hamburgischen Bürgerschaft dazu? Die MOPO hat nachgefragt.
„Ganz Hamburg hasst die AfD“ – unter diesem Motto haben rund 2000 Menschen am Freitagabend vor der Hamburger AfD-Zentrale bei der St.-Petri-Kirche in der City protestiert. Die AfD gilt in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen als gesichert rechtsextremistisch, bundesweit als Verdachtsfall. Zugleich befindet sich die Partei aber in einem Umfragehoch.
Grüne: „Es reicht nicht, die AfD inhaltlich zu stellen”
Sollte man die AfD verbieten lassen? Jenny Jasberg, Co-Chefin der Grünen-Fraktion, fordert, ein Verbotsverfahren „ernsthaft zu prüfen”. Die AfD greife die zentralen Werte und Überzeugungen des demokratischen Gemeinwesens an, „sie verhöhnt unsere Demokratie”, sagt sie. Es sei schwer auszuhalten, „dass Verfassungsfeinde mitten in unseren Parlamenten sitzen und ihre Propaganda sogar noch mithilfe von Steuergeldern verbreiten.” Wer Mitbürgern das Recht aberkenne, zu Deutschland zu gehören, sei ein Faschist. Die Verfassung sehe nicht ohne Grund ein Verbot von Parteien vor – es sei das Ergebnis der Erfahrungen mit dem Faschismus in Deutschlands dunkelsten Zeiten. „Dass die AfD mehrfach vom Verfassungsschutz als Gefahr bewertet wurde und der führende Kopf des Landesverbandes Thüringen, Björn Höcke, als Rechtsextremist bezeichnet werden kann, zeichnet ein klares Bild – ungeachtet der Versuche Einzelner, sich hiervon vermeintlich loszusagen.”
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Und wenn ein Versuch wie bei der NPD scheitert? Ein Verfahren müsse umfassend vorbereitet und gegen Risiken abgewogen werden, so Jasberg. Dass ein NPD-Verbot scheiterte, habe aber auch an der Bedeutungslosigkeit der NPD gelegen. „Das dürfte für die AfD im jetzigen Stadium nicht gelten.” Die Grünen wollten nicht so tun, als reiche es aus, die AfD inhaltlich zu stellen. Die AfD sei keine normale Partei. „Sie ist keine demokratische Kraft, auch wenn sie demokratisch gewählt wurde.“
SPD: AfD-Verbot – „Wenn nicht jetzt, wann dann?”
SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf befürwortet ein Verbotsverfahren deutlich: „Wenn nicht jetzt, wann dann?”, fragt er. Das Geheimtreffen von Potsdam zeige, dass die AfD in weiten Teilen eine nationalsozialistische, menschenverachtende Partei sei. „Sie will den Rechtsstaat untergraben und die Demokratie entkernen. Deshalb müssen sich ihr alle Demokrat:innen entschlossen entgegenstellen: Politisch mit gutem und verantwortungsvollen Regieren, sowie rechtlich mit einem Verbotsverfahren.” Ein solches Verfahren müsse jetzt sehr gut vorbereitet werden.
Linke: „AfD muss mit allen Mitteln bekämpft werden!”
Ein Verfahren sei richtig, „weil diese Partei den Grundwerten des Grundgesetzes diametral entgegensteht”, sagt auch Cansu Özdemir, Fraktionsvorsitzende der Linken. „Die AfD vertritt eine völkisch-nationalistische Politik, in der Menschen nach rassistischen Kategorien in ihrer Wertigkeit unterschieden und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit vertreten wird.”
Doch reicht ein Verbot, um den Rechten zu begegnen? Ein Verfahren ersetze nicht den politischen Kampf, könne ihn aber sinnvoll flankieren, sagt sie. „Denn durch ihre Konstituierung als Partei hat die AfD Zugang zu bestimmten Ressourcen: Sie kann die Parlamente als Bühne für ihre menschenfeindliche Politik benutzen, erhält dadurch in den Medien und der Öffentlichkeit Reichweite und finanzielle Mittel für Mitarbeiter*innen und Arbeitsmittel.” Die AfD habe mit einer Scharnierfunktion zwischen „der extremen Rechten und der (vermeintlich) bürgerlichen Rechten” eine enorme Bedeutung für den gesellschaftlichen Rechtsruck – und müsse mit allen Mitteln bekämpft werden.
FDP: „AfD mit Argumenten stellen!”
Doch es gibt auch klare Stimmen gegen ein Verbot: „Wir wollen die AfD mit Argumenten stellen, nicht mit Verboten”, sagt Sami Musa (FDP), der fraktionslos in der Bürgerschaft sitzt. „Wir wissen, viele Menschen machen sich Sorgen angesichts der unkontrollierten Zuwanderung nach Deutschland. Wir machen uns deshalb dafür stark, dass die Außengrenzen besser geschützt und Zuwanderer schon an den Grenzen gestoppt werden.“
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CDU: „AfD durch Politikwechsel bekämpfen!”
„Die AfD ist keine Partei, die an den Herausforderungen unserer Zeit etwas ändern kann und wird”, sagt Dennis Thering (CDU). Sie sei ein Protestbecken, dessen aktuelle Umfragewerte maßgeblich aus der „katastrophalen Arbeit der Ampel-Parteien“ resultieren. „Die politischen Inhalte und Äußerungen der AfD fußen auf einer nationalistischen und menschenfeindlichen Weltanschauung, die mit den Werten der CDU in keiner Weise vereinbar sind.“ Letzte Berichterstattungen zeigten den wahren Kern der Partei und Strömung, zudem sei die AfD durch ihre unkritische Haltung zu Putins Angriffskrieg alles andere als patriotisch.
Für ein Verbot ist Thering trotzdem nicht: „Das beste Mittel gegen die AfD ist und bleibt die offensive Auseinandersetzung mit ihren Inhalten”, sagt er. „Der einfache Ruf nach einem Parteiverbot stärkt lediglich die Reihen der AfD. Das müssen auch endlich die Ampelvertreter verstehen.“ Die AfD bekämpfe man durch einen Politikwechsel: „Es braucht kein Verbot von Parteien, sondern Lösungen für die Probleme in unserem Land!“