Als ich auf einem Hamburger Flohmarkt die Auszeichnung für eine Ikone fand
Gestatten, ich bin Thomas Hirschbiegel, der MOPO-Flohmarktfuchs. Seit mehr als 50 Jahren besuche ich jede Woche Märkte im Norden und kaufe historische Dokumente, alte Fotos und alles, was mit Hamburg zu tun hat. Aber auch bei Design der 70er Jahre oder einer schönen alten Armbanduhr kann ich zu oft nicht widerstehen. In unregelmäßigen Abständen präsentiere meine neuesten Schätze. Heute: die Bronzeplakette der „Zeit“-Ikone.
Gestatten, ich bin Thomas Hirschbiegel, der MOPO-Flohmarktfuchs. Seit mehr als 50 Jahren besuche ich jede Woche Märkte im Norden und kaufe historische Dokumente, alte Fotos und alles, was mit Hamburg zu tun hat. Aber auch bei Design der 70er Jahre oder einer schönen alten Armbanduhr kann ich zu oft nicht widerstehen. In unregelmäßigen Abständen präsentiere meine neuesten Schätze. Heute: die Bronzeplakette der „Zeit“-Ikone.
Hier sitz’ ich nun in der MOPO-Redaktion und halte den wohl bedeutendsten deutschen Journalistenpreis in den Händen – den Theodor-Wolff-Preis. Nicht, dass ich ihn selbst verliehen bekam, nein, natürlich nicht, es ist der 2009 verliehene Preis an die „Zeit“-Ikone Nina Grunenberg (1936-2017). Ich kaufte die edle Bronzeplakette für gerade mal zehn Euro auf der „Flohschanze“ am U-Bahnhof Feldstraße.
Vielleicht erst mal zur Person Theodor Wolff: Der langjährige Chef des „Berliner Tageblatts“ war eine Journalisten-Legende. Das streitbare Blatt wandelte sich unter seiner Führung ab 1906 zur „Speerspitze der liberalen Demokratie“ und mit Theodor Wolff hatte das Blatt einen Chefredakteur, den es so in Deutschland nicht noch mal gegeben hat. Der streitlustige Journalist legte sich mit Linken, Rechten und National-Konservativen an.
1934 emigrierte der jüdisch-stämmige Wolff nach Frankreich, wurde 1943 in Nizza verhaftet und nach Deutschland ausgeliefert. Wolff starb dort wenig später im Alter von 75 Jahren im Berliner Jüdischen Krankenhaus. Er erhielt nach 1945 ein Ehrengrab vom Land Berlin.
Nina Grunenberg bekam den Preis zweimal
1973 bekam dann Nina Grunenberg erstmals den begehrten Preis und 2009 wurde sie erneut damit ausgezeichnet – für ihr Lebenswerk. Bei der ersten Preisverleihung war Grunenberg erst ein paar Jahre bei der „Zeit“. Doch schnell machte sich die ausgezeichnete Zuhörerin einen Namen mit großen Stücken über Helmut Schmidt, Helmut Kohl und mehrfach über Franz Josef Strauß. Sie schrieb anlässlich seines Todes 1988 einen fulminanten Nachruf: „Der Letzte der Olympier“.
1987 – als das noch die absolute Ausnahme war – rückte Nina Grunenberg auf in die „Zeit“-Chefredaktion. Der langjährige Chefredakteur Theo Sommer pries einmal die „Neugierde, die Fähigkeit des leichten Umgangs mit Kollegen, Urteilskraft und Entscheidungsfreude“ der überaus geschätzten Kollegin.
2001 schied Nina Grunenberg als Chefreporterin aus der Redaktion aus. Doch sie blieb der Zeitung im Pressehaus am Speersort in liebevoller Zuneigung weiter eng verbunden, schaute noch regelmäßig vorbei.
Reporterin Nina Grunenberg starb 2017
Nach ihrem Tod 2017 schrieb Wilm Herlyn, Ex-Chef der Deutschen Presse-Agentur (DPA), in einem Nachruf: „Ein Mensch, der sich für andere Menschen vorurteilsfrei interessiert. Ein Mensch, der völlig uneitel ist. Ein Mensch, der fair ist im Umgang mit seinen Mitmenschen. Kein Journalist also. Oder doch? Doch! Nina Grunenberg.“
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Nichts weniger also als den hohen Preis für eine Hamburger Journalisten-Legende halte ich also nun in meine Händen. Wie um Gottes willen landet denn so etwas auf dem Flohmarkt?
Nina Grunenberg war verheiratet mit dem Astrophysiker Reimar Lüst. Der war 2020 im Alter von 97 Jahren gestorben. Offenbar stammt der Theodor-Wolff-Preis seiner Frau aus seinem Besitz. Nach seinem Tod dürften Haushaltsauflöser seine Wohnung geräumt haben und mutmaßlich landete die Bronze-Plakette so auf dem Hamburger Flohmarkt.