Sie wollen an seinen Garten: Hamburger Pastor kämpft gegen die Bahn
Wolfgang Glöckner ist sauer. Eigentlich ist der Pastor aus dem Hamburger Stadtteil Marienthal bei sich zu Hause Kummer ja gewohnt: Sein Garten grenzt direkt an die Bahngleise und seitdem an denen gebaut wird, ist er von Lärm, Schmutz und einer unschönen Baustellenkulisse umgeben. Jetzt will die Bahn ihm auch noch seine geliebte Scheinzypresse wegnehmen. Das geht zu weit, sagt Glöckner. Er will um seinen Baum kämpfen.
- Deutsch (Deutschland)
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Wolfgang Glöckner ist sauer. Eigentlich ist der Pastor aus dem Hamburger Stadtteil Marienthal bei sich zu Hause Kummer ja gewohnt: Sein Garten grenzt direkt an die Bahngleise und seitdem an denen gebaut wird, ist er von Lärm, Schmutz und einer unschönen Baustellenkulisse umgeben. Jetzt will die Bahn ihm auch noch seine geliebte Scheinzypresse wegnehmen. Das geht zu weit, sagt Glöckner. Er will um seinen Baum kämpfen.
Es ist kein schöner Ausblick, den man aus dem Küchenfenster von Wolfgang Glöckner (63) hat: Bauzäune und Bagger stehen hinter seinem Gartenzaun. Der trennt sein Grundstück von dem der Deutschen Bahn. Ein sogenanntes Besitzeinweisungsverfahren erlaubt es dem Unternehmen, auch Teile von Glöckners Grundstück im Rahmen der Bauarbeiten an der neuen S-Bahn-Linie 4 zwischen Hamburg und Bad Oldesloe zu nutzen. Bei den Vorbereitungen mussten laut des Pastors bereits einige grüne Gewächse in seinem Garten weichen. „Das war ja auch alles in Ordnung und verständlich“, so Wolfgang Glöckner.
Was er nicht mehr verstehen konnte, war ein Besuch mehrerer Arbeiter der Deutschen Bahn am Dienstag vor einer Woche. „Sie kamen mit einem großen Gerät und waren im Begriff, die große Scheinzypresse in meinem Garten abzuholzen. Wäre ich nicht zufällig zuhause gewesen, hätte ich es gar nicht mitbekommen.“ Das wollte sich Wolfgang Glöckner nicht gefallen lassen und schickte die Bauarbeiter weg.
Knapp 1000 Euro Entschädigung für die Scheinzypresse
Am Freitag flatterte dann ein Schreiben der Deutschen Bahn ins Haus, mit dem Wolfgang Glöckner höflich auf die Notwendigkeit der Abholzung hingewiesen wurde. Bei der Scheinzypresse handele es sich um einen Flachwurzler, heißt es darin, der die Baumaßnahmen nicht überleben werde.
„Durch die Herstellung der Baustelleneinrichtungsfläche würde es grundsätzlich zur Kappung, bei kleinflächiger Anpassung zu mechanischen Verletzungen der Wurzel kommen“, heißt es in dem Brief. „Darüber hinaus würde die bauzeitliche Verdichtung des Bodens so erheblich auf die Versorgung des Baumes wirken, dass eine Überlebenschance kaum bis nicht gegeben ist.“ Dies habe der Umweltfachliche Baubegutachter des Unternehmens festgestellt.
Als Entschädigung für den Verlust seines Baumes stünden Wolfgang Glöckner 916 Euro zu, er solle dem Unternehmen doch bitte seine Kontonummer mitteilen. „Wir freuen uns, für Sie und Hamburg zu bauen und bedanken uns für Ihr Verständnis“, schreibt die Deutsche Bahn.
Zynisch findet der Pastor das, weshalb er den Fällmaßnahmen umgehend widersprach. Als Kompromiss wurde ihm zugesichert, dass ein externer Fachmann in einem zweiten Gutachten feststellen soll, ob die Versorgung und der Schutz der Pflanze während der Arbeiten sichergestellt werden könnten. Für den Fall, dass der Schutz der Pflanze nicht gewährleistet werden könne, „sorgt die DB für eine Entschädigung“, sagt eine Sprecherin der MOPO.
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Für Wolfgang Glöckner ist das Problem mit der Prüfung aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Er wird weiter für den Erhalt seiner Scheinzypresse kämpfen. „Sie ist der letzte Sichtschutz und die letzte Barriere, die Schmutz und Lärm von der Baustelle etwas zurückhält. Ich werde der Deutschen Bahn zeigen, dass an dieser Stelle Schluss ist“, sagt der Pastor.