Kritik an Eltern wegen Debatte um Unterkunft in Niendorf: „Wenig Empathie!“
Aufruhr im beschaulichen Niendorf: Zwei neue Unterkünfte für Obdachlose sollen hier in wenigen Wochen eröffnen - in unmittelbarer Nähe zu Kitas und einer Grundschule. Für manche Eltern ein Schock. Sie haben Sorge, dass ihre Kinder sich nicht mehr unbeschwert allein im Viertel bewegen können. Die MOPO hat mit einer Mutter aus Niendorf über ihre Ängste gesprochen und in der Behörde nachgefragt, ob diese begründet sind und was konkret geplant ist.
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Aufruhr im beschaulichen Niendorf: Zwei neue Unterkünfte für Obdachlose sollen hier in wenigen Wochen eröffnen – in unmittelbarer Nähe zu Kitas und einer Grundschule. Für manche Eltern ein Schock. Sie haben Sorge, dass ihre Kinder sich nicht mehr unbeschwert allein im Viertel bewegen können. Bei einem Info-Abend kocht die Stimmung hoch. Eine Grünen-Politikerin kritisiert die Wut der Eltern.
„Wir sind komplett überrumpelt worden“, sagt die Mutter von zwei Kindern der MOPO. Sie möchte anonym bleiben, inzwischen hätten sich im Stadtteil zwei Lager gebildet. Die einen befürworten die Unterkunft, die anderen haben Ängste und hören deswegen Vorhaltungen.
Im Garstedter Weg entstehen zwei Einrichtungen: In der ehemaligen Seniorenresidenz, Hausnummer 79-85, sollen ab Mitte April bis zu 118 Obdachlose mit Pflegebedarf unterkommen. In der Fett‘schen Villa, Hausnummer 20, werden im Laufe das Aprils 16 Obdachlose untergebracht die sich vorher hauptsächlich rund um den Hauptbahnhof aufhielten.
Niendorfer Mutter: „Wir wissen nicht, wer hierherkommt“
„Wir alle wollen, dass den Obdachlosen geholfen wird. Aber wir wissen nicht, wer hierherkommt“, sagt die Mutter. „Sind diese Menschen drogenabhängig? Wie werden sie betreut? Was ist, wenn jemand durchdreht?“ Außerdem fragt sie sich, warum ausgerechnet das beschauliche Niendorf ausgewählt wurde. Die Anwohner, so lässt sie durchblicken, sorgen sich auch um den Wert ihrer Eigenheime.
„Wir verstehen die Sorgen der Anwohnenden bezüglich der Schule Burgunderweg und der anliegenden Kitas“, sagt Wolfgang Arnhold, Sprecher der Sozialbehörde, auf MOPO-Anfrage. Hier gebe es schon einen Austausch. In beiden Unterbringungen sind Drogenabhängige von der Aufnahme ausgeschlossen, betont er. Was mit legalen Drogen wie Alkohol ist, sei noch in der Klärung.
Staatsrätin Petra Lotzkat war am Donnerstag extra in der Bezirksversammlung Eimsbüttel anwesend, um Politik und Anwohner zu informieren. Unter den nach Angaben des „Abendblatts“ rund 80 anwesenden Niendorfer Bürgern kochte die Stimmung ordentlich hoch.
Grünen-Politikerin: „Der öffentliche Raum gehört allen“
„Ich habe Verständnis dafür, dass die Informationspolitik für Irritationen gesorgt hat“, sagt Kathrin Warnecke, Fraktionschefin der Grünen im Bezirk, die an dem Abend dabei war. „Einige der Wortbeiträge haben aber wenig Empathie gezeigt für die Bedürfnisse der Menschen, die dort untergebracht werden sollen. Die Sorge um Kinder halte ich für nicht begründet.“
Mehrfach sei Niendorf als heile Welt „Bullerbü“ bezeichnet worden, die kaputt gehe, wenn Menschen mit schwierigen Lebensbiographien im öffentlichen Raum sichtbar werden. Auch über Grundstückspreise sei spekuliert worden. „Da endet mein Verständnis ehrlicherweise“, sagt Warnecke. „Der öffentliche Raum in Niendorf gehört allen Menschen.“
Betrieben werden beide Einrichtungen vom städtischen Träger Fördern & Wohnen. „Im Rahmen der Einzelfallarbeit soll neben der medizinischen Grundversorgung und ambulanten Pflege eine umfassende Sozialarbeit stattfinden“, so Behördernsprecher Arnhold über das Pflegeheim. Ganztägig soll Sicherheitspersonal vor Ort sein. Mindestens in der Anfangszeit wird auch ein Radius von 500 Metern um die Einrichtung herum ab 6.45 Uhr abgedeckt.
In der Fett’schen Villa wohnen Obdachlose übergangsweise zur Stabilisierung. Hier handelt es sich nicht um eine Pflegeeinrichtung. Umfangreiche Beratungen sollen den Obdachlosen Perspektiven eröffnen, etwa eine Rückkehr ins Heimatland, es gibt Hilfe bei Behördenanträgen oder die Weitervermittlung in Wohnraum, um möglichst schnell aus dieser Unterkunft wieder ausziehen zu können, erklärt Arnhold. Rund um die Uhr werden die Obdachlosen hier betreut, nachts gibt es ebenfalls einen Wachdienst.
Stimmung in Bezirksversammlung kocht hoch
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Am 12. März wird es eine Informationsveranstaltung für Bürgerinnen und Bürger in der Kirche am Markt (Niendorfer Marktplatz 3a; ab 18 Uhr) geben und die Sozialbehörde hat eine Webseite mit Informationen eingerichtet. Weiterhin ist geplant, dass die Anwohner beide Unterkünfte vor der Inbetriebnahme besichtigen dürfen. Sechs Monaten nach der Eröffnung wird die Sozialbehörde die Lage auswerten und die Ergebnisse zur Verfügung stellen, um gemeinsam Schlussfolgerungen für den weiteren Betrieb zu ziehen.