Deutschlands unbeliebtestes Shopping-Center liegt in Hamburg – so sieht es dort aus
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„Einkaufszentrum Jenfeld“ prangt in großen, gelben Buchstaben auf der blauen Brücke, die über die Rodigallee im Hamburger Osten führt. Die Pfeile zeigen auf ein mehr als 40 Jahre altes, graues Gebäude, dessen Äußeres eher nicht einladend wirkt. Vor kurzem landete das Center bei einem bundesweiten Ranking sogar auf dem vorletzten Platz – aber ist es dort tatsächlich so schlimm? Die MOPO machte sich ein Bild vor Ort – und wurde überrascht.
Ein Dienstagnachmittag in der Vorweihnachtszeit im Jen-Center: Kunden strömen vor allem in die Geschäfte des täglichen Bedarfs, wie den Drogeriemarkt oder die Discounter. Die meisten sind nicht zum Bummeln gekommen, sondern steuern gezielt die Läden an, die sie brauchen. So auch Brigitte Walter. „Ich komme aus Barsbüttel, und das Einkaufszentrum liegt direkt auf dem Weg von der Arbeit“, erzählt sie. „Ich parke, gehe schnell in meine Geschäfte und fahre dann direkt wieder.“
Jenfeld-Center belegt vorletzten Platz im Ranking
Laut dem Portal „Testberichte“, das vor kurzem mithilfe von Google-Bewertungen ein bundesweites Ranking erstellt hat, gehört das Jenfeld-Center zu den unbeliebtesten Einkaufszentren Deutschlands und belegte unter fast 600 Einkaufspassagen den vorletzten Platz.
Brigitte Walter beschreibt das Zentrum wiederum durchaus als „funktional“, seit mehr als 20 Jahren kauft die 63-Jährige hier ein. „Das Personal ist wirklich bemüht, das Beste draus zu machen“, sagt sie. „Vor allem zu der Schneiderin und dem Schuster gehe ich sehr gerne.“ Allerdings gebe es eben auch Leerstand. Immer wieder hätten es neue Geschäfte versucht, dann aber nach einiger Zeit wieder aufgegeben.
Jenfeld-Center: „Funktional“ – aber auch Leerstand
Beim Gang durch das Einkaufszentrum fallen die hinter bunten Wänden versteckten leerstehenden Läden auf. Besonders absurd wird es im hinteren Teil des Centers, wo auf einem Schaufenster in großen Lettern „Neueröffnung 01.10.09“ prangt. Dahinter befindet sich eine dunkle, verlassene Ladenfläche mit Bildern von Fleischereiprodukten. Die Schrift wurde anscheinend vor langer Zeit vergessen, denn noch im vergangenen Jahr gab es dort einen kleinen, arabischen Supermarkt.
„Es braucht dringend mehr Geschäfte“, findet auch Amir Moghddam (57) aus Jenfeld, der hier fast alle seine Einkäufe erledigt. „Ich mag das Jen-Center, aber über die Jahre hat sich das Angebot verschlechtert. Deichmann ist jetzt schon länger raus, genauso wie Rewe. Wie wäre es zum Beispiel mit frischen Lebensmittel-Läden oder einer Bücherhalle, wie es sie mal im Obergeschoss gab?“
Eigentümer des Einkaufszentrums ist seit 2016 das Immobilienunternehmen „Grand City Property“, das Wohnungen in ganz Deutschland vermietet und das Shopping-Center laut eigener Aussage langfristig aufwerten will. Sprecherin Teresa Staill berichtet auf MOPO-Nachfrage von zwei gerade erfolgreich abgeschlossenen Neuvermietungen an einen Feinkostladen sowie einen Textilhändler. „Auch für weitere Flächen im Center gibt es Interessenten sowie laufende Gespräche“, sagt sie.
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Das Einkaufszentrum selbst findet Kundin Vanessa Kersten auch wirklich in Ordnung, besonders den Drogeriemarkt besucht sie oft. „Klar, gibt es nicht so viel Auswahl, aber es ist alles sauber und die Verkäufer sind nett“, berichtet die 41-jährige Beamtin. „Das Parkhaus ist allerdings eine Katastrophe, überall gibt es Schlaglöcher und Absperrungen.“
Dabei kommen die meisten Kunden mit dem Auto – auch die von Zafer Zoroglu, der seit 2008 den Schuh- und Schlüsseldienst im Center betreibt. „Ich habe viele Stammkunden, die mir seit Jahren die Treue halten“, erzählt der 54-Jährige. Über den vorletzten Platz im Ranking war er schockiert. „Klar, das Gebäude braucht ein paar Schönheitsoperationen, aber ich finde es immer noch schön hier“, sagt er.
Derzeit wird die Decke des Centers komplett erneuert, deshalb hängt die Weihnachtsbeleuchtung auch etwas verloren unter den bereits demontierten Deckenplatten. Auch der Fußboden soll laut Angaben des Eigentümers bald ausgetauscht werden.
Dann, so hofft Fischhändler Bayram Kahya (36), könnte das Center deutlich aufgewertet werden. „Im Moment würde ich es als Mittelmaß beschreiben“, sagt er. „Klar, gibt es Leerstand, aber den gibt es aufgrund von Online-Shopping überall.“ Das Ranking anhand von Google-Bewertungen empfindet er nicht als aussagekräftig. „Außerdem haben wir immerhin 3,4 von fünf Sternen, bei der Europa-Passage waren es 4,3. Im Vergleich zu unserer Lage und Möglichkeiten finde ich das immer noch recht gut.“