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  • Die Maske ist längst Alltags-Accessoire.
  • Foto: Getty Images

Deutlich weniger Infektionskrankheiten in 2020: Wird die Maske jetzt zum Dauerbrenner?

Hamburg –

Die letzte „normale Erkältung“, die letzte Magen-Darm-Grippe? Für die meisten nur noch eine schwache Erinnerung. Abgesehen von Corona, sind die Zahlen der Virusinfektionen 2020 im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurückgegangen. Viele sehen die Abstands- und Hygienemaßnahmen im Rahmen der Pandemie als Ursache. Werden diese jetzt zum Dauerbrenner? Wird uns die Maske auch in die Post-Corona-Ära begleiten?

Laut Jochen Kriens, Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hamburg, berichten die Hamburger Ärzte seit Ausbruch der Corona-Pandemie von „deutlich weniger Infektionen mit grippalen Infekten oder Erkältungsviren“. Das lasse sich zum großen Teil auf die Corona-Maßnahmen zurückführen – auf das Abstand-Halten, Maske-Tragen und das regelmäßige Desinfizieren.

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Die Maskenpflicht ist mittlerweile zum Alltag geworden. Wird sie uns auch nach der Corona-Pandemie begleiten?

Foto:

dpa

Hamburg: Nur 11 Influenza-Fälle seit Beginn der Grippe-Saison

Auch Maren Puttfarcken, Leiterin der Hamburger Landesvertretung der Techniker-Krankenkasse (TK), sieht nach eigenen Angaben in ihren Daten, „dass die aktuell geltenden Abstands- und Hygieneregeln der Corona-Pandemie scheinbar auch dazu beitragen, dass sich andere Infektionserkrankungen weniger verbreiten konnten.“ Sönke Krohn, Pressesprecher bei der DAK-Gesundheit mit Sitz in Hamburg „kann den Eindruck bestätigen, dass die gemeldeten Fälle leichter Infektionskrankheiten 2020 unter den Werten des Vorjahres lagen“.

Das Hamburger Institut für Hygiene und Umwelt veröffentlicht jährlich die Zahlen zu den aufgetretenen meldepflichtigen Infektionskrankheiten für die Hansestadt. Hier lässt sich für 2020 bei vielen Krankheiten ein signifikanter Rückgang im Vergleich zum Vorjahr beobachten: Während sich 2019 noch 529 Hamburger/innen mit Windpocken infizierten, waren es im vergangenen Jahr nur noch 353. Besonders auffällig war der Rückgang bei Keuchhusten: Hier sank die Zahl der Fälle von 332 auf 78. Und während 2019 noch 5103 Infektionen mit Influenza-Viren verzeichnet wurden, waren es 2020 nur noch 3915. Seit Beginn der Grippe-Saison 2020/2021 in der 40. Kalenderwoche wurden in Hamburg nur 11 Influenza-Infektionen und keine Todesfälle gemeldet (Stand 07.01.).

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Dank Corona-Maßnahmen: Ein Drittel weniger Infektionskrankheiten als erwartet

Dieser Trend lässt sich auch bundesweit beobachten. Laut einer Analyse des Robert-Koch-Instituts wurden zwischen März und Anfang August 2020 knapp 140.000 „Nicht-Covid-19-Fälle“ gemeldet. Das entspreche einem Rückgang um 35 Prozent verglichen mit dem Wert, der anhand der Vorjahre (Januar 2016 bis Februar 2020) zu erwarten gewesen wäre, so Sonia Boender vom Fachgebiet Surveillance am RKI. Krankheiten wie Windpocken und Keuchhusten traten laut der Auswertung im Untersuchungszeitraum weniger als halb so oft auf wie erwartet.

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Bundesweit wurden demnach seit Saisonbeginn im Herbst nicht einmal 300 im Labor bestätigte Influenza-Fälle gemeldet – vor einem Jahr waren es ungefähr zu der Zeit schon mehr als 5000. Schulschließungen, Home-Office, Abstandsregeln, Desinfizieren und das Maske-Tragen zeigen also deutliche Wirkung. Sollten wir also nicht auch daran festhalten, wenn die Corona-Pandemie irgendwann mal vorbei ist und das Tragen einer Alltagsmaske in jeder Grippe-Saison zur Pflicht machen?

Rückgang der Infektionskrankheiten: Wird die Maske jetzt zum Dauerbrenner?

Sowohl Jochen Kriens von der KV, als auch Maren Puttfarken von der TK und Sönke Krohn von der DAK-Gesundheit sind der Meinung, dass diese Frage einer gesamtgesellschaftlichen Debatte bedarf und letztlich von der Entscheidung der Politik abhängig sei. „Aus ärztlicher Sicht wäre eine Maskenpflicht in der Grippesaison aber sinnvoll“, erklärt Jochen Kriens.

Und auch Christoph Kreienbaum von der Hochbahn Hamburg, der sich täglich mit der Maskenpflicht und den Reaktionen darauf auseinandersetzen muss, mag darüber noch nicht spekulieren. „Aktuell gibt es ja eine Tragpflicht, die tatsächlich auch zu einer hohen Tragequote (95-98 %) geführt hat“, erklärt er. Die Frage nach dem Umgang mit Masken nach Corona stelle sich ihm zurzeit aber nicht. Aufgeschoben ist dabei aber nicht aufgehoben: „Das Thema wird sich frühestens nach Überwindung der Pandemie stellen“, so Kreienbaum.

Maskenpflicht auch nach Corona? Das sagt die Gesundheitsbehörde

Martin Helfrich, Sprecher der Gesundheitsbehörde, betont mit Blick auf die Corona-Pandemie gegenüber der MOPO: „Der Staat musste viele Maßnahmen ergreifen. Verordnungen, Verbote und Vorschriften – alle haben das Ziel, die weitere Verbreitung des Virus zu stoppen.“ Maßnahmen wie die weitreichenden Kontaktbeschränkungen seien strikt zeitlich begrenzt und auf dieses Ziel ausgerichtet. „Das gilt auch für die Verpflichtung zum Tragen einer Maske: Sie ist rechtlich direkt mit der Pandemie begründet, und diese Begründung fällt nach Ende der Pandemie weg.“ Dennoch ändere sich gerade das Verhalten der Menschen in vielen Bereichen. „Vielleicht werden wir manche Gewohnheit beibehalten.“

SPD Hamburg zur Maske nach Corona

Claudia Loss, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, glaubt, dass der Mund-Nasenschutz in den vergangenen Monaten  zu einem „akzeptierten Alltagsgegenstand“ geworden sei. Die SPD wolle nach der Pandemie aber auf Eigenverantwortung setzen. „Ich denke, die Corona-Pandemie hat viele Menschen in dieser Hinsicht sensibilisiert. Ein Blick nach Asien zeigt, dass es eine breite Akzeptanz für eine nicht verpflichtende Maskennutzung geben kann.“

Nach Corona: Maske tragen für immer?

Gudrun Schittek, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, würde eine Mundschutz-Empfehlung auch nach Ende der Corona-Pandemie, zum Beispiel in Grippezeiten, befürworten. „Dies wäre in öffentlichen Verkehrsmitteln oder beim Einkaufen sinnvoll und kann als Lehre aus der Corona-Pandemie gesehen werden.“ 

Mit Impfungen, dem Tragen von Masken, Abstandhalten und Händewaschen könne man sich vor Infektionen schützen und Todesopfer vermeiden. „Die Grippewelle hat allein  2017/18 über 25 000 Todesopfer in Deutschland gefordert.“

CDU Hamburg zu Masken nach der Pandemie

CDU-Fraktionschef Dennis Thering betont, dass es nach Corona wieder „unser gewohntes menschliches Miteinander“ geben müsse. Allerdings, so der Politiker, könne man darüber diskutieren, ob manche Hygienestandards auch in Zukunft Grippewellen oder andere Infektionswellen abmildern könnten. „Wenn sich jemand krank fühlt und beispielsweise dann freiwillig eine Maske trägt, ist das ein guter Weg. Eine generelle Maskenpflicht nach Corona wäre aber aus meiner Sicht keine geeignete Lösung.“

Linke Hamburg zu Masken ohne Corona

Ähnlich sieht man das in der Linksfraktion: „Wir erhoffen uns, dass mit der Corona-Pandemie ein kultureller Wandel einhergeht und für das Tragen von Masken zum Schutz der Risikogruppen auch vor Grippe-Infektionen eine größere Selbstverständlichkeit entsteht“, sagt der gesundheitspolitische Sprecher Deniz Celik. Eine allgemeine Maskenpflicht nach Corona lehne aber auch er ab.

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