Der teure Markisen-Streit des Hamburger Kult-Lokals
Das „Thämer‘s“ ist seit 30 Jahren ein fester Bestandteil der Gastronomie in der Neustadt: Die Gaststätte am Großneumarkt ist beliebt für ihr uriges Ambiente und Hausmannskost samt den „besten Bratkartoffeln der Welt“. Zwischen Frühling und Herbst ist auch die Außenterrasse sehr gefragt. Seit 2017 schützt dort eine neue Markise vor Regen und Sonne. Kosten: rund 50.000 Euro. Laut den Inhaberinnen eine teure, aber lohnende Investition. Doch dann wird plötzlich wird der Bezirk Mitte auf das rote Tuch aufmerksam und fordert unter Berufung auf den Denkmalschutz dessen Entfernung. Für die Betreiberinnen ein Schock. Doch Mutter und Tochter wollen kämpfen: um ihre Markise und die Zukunft des Lokals.
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Das „Thämer‘s“ ist seit 30 Jahren ein fester Bestandteil der Gastronomie in der Neustadt: Die Gaststätte am Großneumarkt ist beliebt für ihr uriges Ambiente und Hausmannskost samt den „besten Bratkartoffeln der Welt“. Zwischen Frühling und Herbst ist auch die Außenterrasse sehr gefragt. Seit 2017 schützt dort eine neue Markise vor Regen und Sonne. Kosten: rund 50.000 Euro. Laut den Inhaberinnen eine teure, aber lohnende Investition. Doch dann wird plötzlich wird der Bezirk Mitte auf das rote Tuch aufmerksam und fordert unter Berufung auf den Denkmalschutz dessen Entfernung. Für die Betreiberinnen ein Schock. Doch Mutter und Tochter wollen kämpfen: um ihre Markise und die Zukunft des Lokals.
Die Hiobsbotschaft kam per E-Mail. In einem Schreiben des Bezirks, das der MOPO vorliegt, heißt es an Geschäftsführerin Valentina Popovic (39) gerichtet: „Somit kann eine Erlaubnis aufgrund der fehlenden denkmalrechtlichen Zustimmung nicht erteilt werden. Die Markisen sind schnellstmöglich zu entfernen.“ Die Begründung: Das Tuch sei nicht auf die Fassade des 1863 erbauten und unter Denkmalschutz stehenden Hauses abgestimmt, dabei „zu groß und asymmetrisch“. Auch die rote Farbe ist dem Amt ein Dorn im Auge: Sie entspreche nicht „dem für die Hamburger Innenstadt vorgesehenen wollweißen Farbspektrum“.
Neustadt: Kult-Lokal „Thämer‘s“ kämpft um seine Markise
Kalt erwischt habe sie die Ablehnung, berichtet Popovic, die das „Thämer‘s“ gemeinsam mit Mutter Dubravka (63) betreibt. Vor allem, dass die Markise die falsche Farbe haben soll, ist für die Frauen nicht nachvollziehbar. Schließlich war schon die alte Markise rot: Die Vorbesitzer hatten sie 1978 in Betrieb genommen.
39 Jahre hing der Stoff unbehelligt an der Fassade, bis die Popovics sie vor sechs Jahren für 53.000 Euro durch ein neues Modell ersetzten. Dieses ist größer als zuvor, bietet sogar UV-Schutz. „Ich habe eigens meine Lebensversicherung aufgelöst, um keinen Kredit aufnehmen zu müssen“, sagt Dubravka, die das Lokal im Jahr 2008 übernahm. Durch die vielen Außenplätze habe sich die Anschaffung jedoch bezahlt gemacht.
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„Für die Genehmigung der Terrasse haben wir jedes Jahr eine Skizze eingereicht und die Markise dort mit eingezeichnet“, so Valentina. Die positiven Bescheide des Amts hätten ihr das Gefühl vermittelt, dass alles in Ordnung sei. Sechs Jahre lang geht das gut, bis im März dieses Jahres ein Außendienstler des Bezirks die Terrasse vermisst. Ihm fällt die Markise auf, es stellt sich heraus: Für sie muss ein eigener Antrag gestellt werden.
Also beantragen die beiden im Mai nachträglich eine Genehmigung. Vergangene Woche folgt die Ablehnung. „Ich verstehe, dass es Regeln geben muss“, sagt Valentina, „aber vielleicht ist ein Entgegenkommen möglich“. Die Markise abermals zu ersetzten, sei für das „Thämer‘s“ finanziell kaum zu stemmen, das Lokal somit ernsthaft gefährdet.
Inhaberin: „Wir wollen bis zum Äußersten gehen“
Das Bezirksamt Mitte erklärte auf MOPO-Anfrage, die Markise sei „unerlaubt angebracht“ worden. Ob die vormalige, ebenfalls rote Markise genehmigt war, wollte eine Sprecherin auf Nachfrage nicht bestätigen. „Es handelt sich um ein laufendes Verfahren“, so die Sprecherin. Dass auch andere Betriebe am Großneumarkt und Umgebung farbige Markisen haben, hänge mit dem Denkmalschutz zusammen: Nur wenn es sich um Baudenkmäler handele, müssten Änderungen genehmigt werden.
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Was, wenn alle Stricke reißen und der Bezirk an seinem Beschluss festhält? „So weit denken wir noch nicht“, so Valentina Popovic. Sie und ihre Mutter lassen sich rechtlich beraten, um anschließend mit dem Amt das Gespräch zu suchen. Ans Aufgeben denken sie nicht: „Wir wollen bis zum Äußersten gehen, zur Not sammeln wir Unterschriften.“