Der schon wieder! Beliebtes Stadtteilcafé muss schließen, weil CDU-Nachbar klagt
Es brodelt in Groß Borstel: Einen Treffpunkt im Stadtteil zu haben – das war jahrelang der Wunsch vieler Menschen. Im Februar eröffnete dann das langerwartete Kulturcafé im Stavenhagenhaus – doch jetzt muss es schon wieder seine Türen schließen. Der Grund? Eine vorläufige Eil-Entscheidung des Verwaltungsgerichts nach einer Klage von Nachbarn. Dahinter steckt nach MOPO-Informationen ein alter Bekannter. Wie geht es jetzt weiter?
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Es brodelt in Groß Borstel: Einen Treffpunkt im Stadtteil zu haben – das war jahrelang der Wunsch vieler Menschen. Im Februar eröffnete dann das langerwartete Kulturcafé im Stavenhagenhaus, doch jetzt muss es schon wieder seine Türen schließen. Der Grund? Eine vorläufige Eil-Entscheidung des Verwaltungsgerichts nach der Klage von Nachbarn. Dahinter steckt nach MOPO-Informationen ein alter Bekannter. Wie geht es jetzt weiter?
„Der Stadtteil geht auf die Barrikaden“, sagt Ulrike Zeising. Sie ist die Vorsitzende des Kommunalvereins Groß Borstel. „Seit 20 Jahren fordern wir einen öffentlichen Treffpunkt, einen Ort zum Verabreden.“ Nur ein einziges anderes Café gebe es ansonsten in ganz Groß Borstel.
Nach vielen Jahren: Groß Borstel bekam ein Kulturcafé
Seit Jahren gab es deshalb Bürgerbeteiligungen, Workshops und Gremien, um das Stavenhagenhaus als Kulturzentrum stärker zu beleben. Schließlich fand das Bezirksamt Hamburg-Nord auch eine Betreiberin für ein Café. Das jahrhundertealte Herrenhaus an der Frustbergstraße wird sonst hauptsächlich für Seminare genutzt und ist ein beliebter Ort für Hochzeiten.
„Die Leute haben sich wie Bolle gefreut“, sagt Zeising. „Das Café war nach der Eröffnung immer voll.“ Ende gut, alles gut? Nicht ganz. Auftritt der Nachbarn – unter ihnen: Der bekannte CDU-Politiker Berndt Röder. Er war bis 2010 Präsident der Hamburgischen Bürgerschaft, trat dann aber zurück, als die MOPO einen Skandal aufdeckte: Im Februar 2010 waren alle Hamburger Nebenstraßen unter einem dicken Eispanzer verschwunden. Nur eine einzige wurde von Eis befreit und abgestreut: Röders Wohnstraße. Er soll damals auf die exklusive Räumung vor seiner Haustür bestanden haben, gab dann später als Grund für diese Sonderbehandlung an, ihm sei es um ein benachbartes Veranstaltungszentrum gegangen – das Stavenhagenhaus.
Genau gegen dieses Haus und seinen neuen Cafébetrieb klagt er jetzt vor dem Verwaltungsgericht – und bekam in einer ersten Eil-Entscheidung Recht. Auf Anfrage wollte sich der 75-jährige Politiker, der heute Beisitzer im Vorstand der CDU Langenhorn ist, nicht selbst äußern, verwies auf seinen Anwalt.
Dabei handelt es sich um den ehemaligen SPD-Bezirksamtsleiter von Hamburg-Nord, Mathias Frommann. Der argumentiert gegenüber der MOPO, dass in einem reinen Wohngebiet eben keine Gastronomie erlaubt sei. „Mein Mandant und andere Nachbarn wollten mit dem Bezirksamt im Vorfeld darüber verhandeln, unter welchen Bedingungen sie eine Gaststätte für möglich erachtet hätten. Da hat die Behörde aber nur auf eine öffentliche Veranstaltung verwiesen“, sagt er und bezeichnet die Kommunikation als spärlich. Deshalb müsse das jetzt eben vor Gericht entschieden werden.
CDU-Fraktion in Hamburg-Nord gibt Bezirksleiter die Schuld
Die Klage selbst kam für Ulrike Zeising tatsächlich nicht überraschend: Schon im November hatte es bezüglich des Café-Betriebs eine öffentliche Anhörung in der Kirche St. Peter im Schrödersweg (Groß Borstel) gegeben. Dort soll Röder damals eine wütende Rede gehalten haben, in der er auch ankündigte, zu klagen. Die Befürchtung: Möglicher Lärm.
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„Ich bedauere es sehr, dass dem großen Wunsch der Menschen in Groß Borstel nach einem zentralen Treffpunkt für Kultur und Vereinsleben aufgrund einer Nachbarschaftsklage zunächst nicht entsprochen werden kann“, sagte Werner-Boelz. Skurril: Auch die CDU-Fraktion von Hamburg-Nord bezeichnet die Entscheidung des Gerichts für den Stadtteil als ein „Desaster“ – gibt daran allerdings Werner-Boelz die Schuld.
Kommunalverein sammelt Unterschriften für Café-Betrieb
„Eine sorgfältige rechtliche Prüfung und Klärung, bevor ein gewerbliches Café eingerichtet wird, sieht anders aus“, urteilt der Vorsitzende Andreas Schott. Sein Stellvertreter Ekkehart Wersich stimmt ihm zu. „Der Bezirksamtsleiter hat jahrzehntelange Rechtsauffassung aller seiner Vorgänger selbstherrlich beiseite gewischt. Gespräche mit den Nachbarn hielt er nicht für nötig.“ Dass es sich bei den Nachbarn allerdings unter anderem um CDU-Politiker Röder handelt, wird in der Mitteilung verschwiegen.
Entschieden ist die ganze Sache noch nicht. Derzeit läuft das Verfahren beim Verwaltungsgericht – Ausgang unklar. Solange wollen Ulrike Zeising und der Kommunalverein sich aber nicht geschlagen geben, haben schon eine Unterschriftenaktion gestartet. „Wir sind alle empört und fassungslos“, sagt sie.