Der Parkplatz vor dem Cruise Center Altona
  • Ein einzelner Antrag für eine Party vor dem Cruise Centers in Altona wurde eingereicht, im Rest von Hamburg tut sich fast nichts.
  • Foto: picture alliance / Lukas Schulze/dpa

Der Partyflop des Senats

In der vergangenen Woche rief das Bezirksamt Altona aktiv Veranstalter:innen auf, sich für ausgesuchte öffentliche Flächen zu bewerben, um kulturelle Veranstaltungen im Freien abhalten zu können. Die Bilanz eine Woche später zeigt: Fast niemand meldet sich. Die Gründe sind dabei vielfältig, es geht um bürokratische und wirtschaftliche Hürden. Jetzt kommt eine Gegenidee der Veranstalter:innen.

„Bei uns in Altona soll die Club-Kultur eine Perspektive bekommen“, hieß es vergangene Woche aus dem Bezirksamt Altona. Dafür hatte das Bezirksamt geeignete Flächen rausgesucht, für die interessierte Veranstalter:innen sich melden könnten. Eine Woche später sind aber lediglich drei Anfragen eingetrudelt, nur eine davon soll die volle Kapazität von 250 Personen ausschöpfen.  

Der Aufruf an die Veranstalter:innen von letzter Woche.

Lockerungen des Senats für Tanzpartys sind ein Flop

Im Rest von Hamburg gab es noch weniger Anfragen: Lediglich das Bezirksamt Harburg meldete eine Anfrage, die derzeit noch geprüft werde. Die Resonanz aus den Ämtern: Wir freuen uns über Anfragen und helfen gerne. Das ist gut, reiche jedoch nicht, meint Uwe Afemann, auch unter dem Spitznamen Tito bekannt, der seit über 15 Jahren Veranstalter ist.

Dabei geht es um mehr als nur sinnloses Feiern: „Tanzen macht glücklich, man kann kurz die Sorgen und Nöte des Alltags vergessen und diese Leichtigkeit mitnehmen“, erklärt Uwe Afemann der MOPO. Es werde gerade während der Pandemie alles rein wirtschaftlich betrachtet, der soziale Aspekt des Feierns, das was die Leute wirklich brauchen, das werde nicht berücksichtigt.

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Den Aufruf des Bezirksamtes Altona sei dabei gut, es zeige den Willen, Veranstaltungen möglich zu machen. „Eine Tanzveranstaltung unter Auflagen ist nicht so simpel, da gibt es viele Punkte, die beachtet werden müssen,“ merkt der Veranstalter jedoch an. Allein der Lärmschutz sei ein Problem: „Wenn Flächen bespielt werden und gefeiert werden soll, dann braucht man offiziell eine Schallschutzprognose, die erst erstellt werden muss. Das dauert in der Regel zwei bis drei Wochen“, erklärt der Veranstalter. Die Flächen seien zusätzlich alle recht offen, die Musik kann dabei überall hin entweichen. Man braucht also natürliche Blockaden, damit Anwohner:innen vor allem nachts nicht gestört werden.

Das Bezirksamt Altona wisse um die schwierige Situation und kämpfe selbst mit dem engen Handlungsspielraum: „Bei der Genehmigung der Veranstaltungen ist das Bezirksamt an rechtliche Vorgaben gebunden – dies gilt auch für die Lärmschutzverordnung“, sagt Mike Schlink, Pressesprecher des Bezirksamts. Interessierte sollten aber so gut es geht unterstützt werden.

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Das Problem kennt man auch bei den anderen Bezirksämtern. “Es gibt überall Anwohner:innen. Es ist richtig schwierig, da was Passendes zu finden”, erklärt Bergedorfer Bezirksamtsprecherin Gabriele Günther. Auch in Hamburg Mitte stößt man auf Probleme: “Bei uns sind schon sehr viel Flächen durch den Kultursommer belegt”, erklärt Pressesprecherin Sorina Weiland.

Die vorgeschlagenen Flächen sind also schlicht nicht geeignet. Dazu kommt, dass die aktuellen Regelungen des Senats nicht im Sinne der Betroffenen sind. „Für die Veranstalter:innen ist es der zusätzliche Platz- und Service-Aufwand, die beide unter den gegebenen Bedingungen keine wirtschaftlich attraktive Veranstaltung zulassen.“ Das sieht so auch das Clubkombinat in einer aktuellen Stellungnahme zur Eindämmungsverordnung.

Partys in Hamburg: Dauert das Prozedere zu lange?

Ein weiterer Grund, warum sich keiner melde, sei die fehlende Planungssicherheit. „Nach den ganzen Anträgen ist man im August. Dann hat man noch sechs Wochen, dann steigen die Zahlen vermutlich wieder“, meint Uwe Afemann. Diese Sicherheit kann auch das Bezirksamt nicht geben, so Pressesprecher Mike Schlink. Die Verordnungen erlasse der Senat. Der habe zu spät und undurchdacht gelockert, so Uwe Afemann. Er wünscht sich mehr Absprache mit den Veranstalter:innen: „Das Grundproblem ist das Wollen. Man muss Leute ranlassen, die was davon verstehen.“ 

Geschlagen geben will sich Uwe Afemann jedoch nicht. Deshalb jetzt sein Vorschlag: „Die großen kommunalen Gebäude haben zum Teil sehr große Innenhöfe mit sehr hohen Mauern.“ Es geht um Gebäude wie das Altonaer Rathaus, das Hamburger Rathaus oder auch die Gerichtsgebäude am Sievekingplatz. Die hohen und dicken Mauern um die Innenhöfe könnten als Schallschutzwände dienen und würden dadurch geeignete Flächen abgrenzen, so der Veranstalter.

Die MOPO fragte bei den zuständigen Stellen nach und erkundigte sich, ob die Gebäude für Tanzveranstaltungen zur Verfügung stehen. „Die Nutzung des Innenhofs des Bezirksamtes Altona weist ein paar Hürden auf, denen sich interessierte Nutzer:innen bewusst sein müssen“, meint beispielsweise Pressesprecher Mike Schlink. Das größte Problem stelle auch hier wieder der Schallschutz dar: Aufgrund des angrenzenden Wohngebiets an der Max-Brauer-Allee gelte ab Mitternacht eine Grenze von 40 Dezibel. Dazu kämen weitere Auflagen, da gewisse Bereiche des Geländes unbefugt nicht betreten werden dürfen.

Das Ringen um die Tanzveranstaltungen geht also weiter. Vom Senat wünscht sich Uwe Afemann einen runden Tisch zusammen mit den Veranstalter:innen, mehr Sachverstand und größere Einbindung in die politische Entscheidungsfindung. Er sorgt sich dabei vor allem um Hamburgs Clubszene. „Die Clubs gibt es noch, die Szene  … arbeitet im Impfzentrum, um über die Runden zu kommen. Die lauten Orte sind leise. Die Lage ist desolat.“

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