Der Mord an Süleyman Tasköprü: „Geheimakten dürfen nicht geschreddert werden!“
Der Gemüsehändler Süleyman Tasköprü wird am 27. Juni 2001 in der Schützenstraße in Bahrenfeld von Terroristen des Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) erschossen. Obwohl der Mord 22 Jahre zurückliegt, sind die genauen Tatumstände bis heute nicht aufgeklärt. Deshalb beantragt die Links-Fraktion in der Bürgerschaft jetzt ein sogenanntes Löschmoratorium: So soll verhindert werden, dass nicht noch mehr Geheimakten zum NSU-Komplex in den Schredder geraten.
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Der Gemüsehändler Süleyman Tasköprü wird am 27. Juni 2001 in der Schützenstraße in Bahrenfeld von Terroristen des Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) erschossen. Obwohl der Mord 22 Jahre zurückliegt, sind die genauen Tatumstände bis heute nicht aufgeklärt. Deshalb beantragt die Links-Fraktion in der Bürgerschaft jetzt ein sogenanntes Löschmoratorium: So soll verhindert werden, dass nicht noch mehr Geheimakten zum NSU-Komplex in den Schredder geraten.
„Jede weitere Vernichtung von Akten und Datenbeständen würde wichtige Quellen für die Aufarbeitung zerstören und dringend notwendige parlamentarische Aufklärung sabotieren“, so Deniz Celik, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, zur MOPO. „Im Hinblick auf die größte rechtsterroristische Mordserie der Bundesrepublik darf es kein Recht auf Vergessen geben. Wir fordern, dass die noch vorhandenen Akten und Datenbestände zentral aufbewahrt und gesichert werden, bis die versprochene Aufklärung abgeschlossen ist.“
Nach wie vor ist es Ziel der Links-Fraktion, die Umstände des Mordes an Tasköprü durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss aufklären zu lassen. Denn bis heute sind zentrale Fragen nicht beantwortet: etwa, wie die NSU-Terroristen ihr Opfer auswählten, wie sie ausgerechnet auf Tasköprü kamen, ob und welche Helfer die Terroristen in der Hamburger Neonazi-Szene hatten.
Bis heute nicht geklärt: Welche Hamburger Neonazis haben den Tätern geholfen?
Die Links-Fraktion kritisiert seit langem, dass Hamburg von all den Bundesländern, in denen der NSU mordete, das einzige ist, das keinen Untersuchungsausschuss eingerichtet hat. „Ein solcher Untersuchungsausschuss könnte wesentlich zur Aufklärung beitragen“, heißt es in dem Antrag der Linksfraktion, der am 1. Februar auf der Tagesordnung der Bürgerschaft stehen wird. Weiter heißt es darin: Ein Untersuchungsausschuss habe aber nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn noch Akten erhalten sind.
Laut Links-Fraktion sind bereits viele Akten zum NSU-Komplex vernichtet worden. Ein ursprünglich 2012 vom Innensenator verhängtes Löschmoratorium wurde demnach im Dezember 2017 aufgehoben. Immerhin seien aber noch Teile der Akten erhalten, weil die Aufhebung des Löschmoratoriums nicht zu einer sofortigen Löschung sämtlicher Dokumente geführt habe, sondern dazu, dass wieder die gesetzlichen Lösch- und Aufbewahrungsfristen gelten.
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Nach Kenntnis der Links-Fraktion sind bis heute Akten zur Tätigkeit von Vertrauensleuten und verdeckten Ermittlern im Besitz des Landesamtes für Verfassungsschutzes. Auch bei der Hamburger Polizei vermutet die Linksfraktion Unterlagen zum NSU-Komplex. „Die noch vorhandenen Akten- und Datenbestände müssen unbedingt vor einer Vernichtung bewahrt werden, denn mit ihrer Vernichtung würden wesentliche Quellen für eine Aufarbeitung des NSU-Komplexes in Hamburg unwiederbringlich zerstört und damit eine Aufklärung möglicherweise vereitelt werden“, so heißt es im Antrag.
Nach MOPO-Informationen will die Links-Fraktion im März einen neuen Vorstoß unternehmen und die Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses beantragen. Dann werden auch die Grünen Farbe bekennen müssen, die sich in der Vergangenheit für einen solchen Ausschuss ausgesprochen hatten – seither aber Koalitionsdisziplin wahren.
Auch wenn es nicht zu einem Untersuchungsausschuss kommen würde – die NSU-Akten sollten nach Überzeugung der Links-Fraktion in jedem Fall erhalten bleiben. Auf Bundesebene sei ein Archiv zum Rechtsterrorismus geplant. Dort könnten die Unterlagen für die Nachwelt gesichert werden. In das geplante virtuelle Archiv sollen „alle verfügbaren Unterlagen aus staatlicher Hand, der zivilgesellschaftlichen Bewegungen und journalistischer Arbeit im Rahmen des rechtlich Zulässigen als Digitalisate eingestellt werden“, so zitiert die Linke Plenarprotokolle des Bundestages.