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  • „Ich möchte ein Eisbär sein“ sangen Grauzone 1980. Das kann sich heute niemand mehr wünschen. Den Tieren schmilzt das Jagdrevier unter den Tatzen weg.
  • Foto: Imago

Der Klimawandel ist da: Wie sich Hitze und Stürme in Hamburg und weltweit auswirken

Der Klimawandel ist da. Schon vor vielen Jahren hat er kleine Inselstaaten in der Südsee erreicht und wegen der steigenden Meeresspiegel die ersten Bewohner zum Umzug genötigt. Durch Dürren wurden Landstriche in Afrika unbewohnbar gemacht. Schneller als erwartet bekommen wir seine Folgen jetzt in Deutschland und direkt in Hamburg zu spüren. Die Zeit drängt, entschlossenes Handeln ist nötig.

„Dass es den Klimawandel gibt, das ist so sicher wie die Schwerkraft“, sagt der Hamburger Meteorologe und Wettermoderator Frank Böttcher. „Und die Menschheit ist im Moment leider langsamer als die globale Erwärmung.“

Hitze hamburg

Anfang Juli 2020 in der Hamburger City: 36 Grad Celsius.

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picture alliance

In Hamburg jagt ein Wetterrekord den nächsten – zu milde Winter und zu heiße Sommer. So wurde vor zwei Wochen in Fuhlsbüttel der heißeste 15. September (29,9 Grad) seit Messungsbeginn verzeichnet. Der Sommer brachte auch schon die stärkste Hitzewelle aller Zeiten – mit zehn Tagen über 30 Grad Celsius.

Hamburg: Zahl der Stürme und Hitze nehmen zu

Gleichzeitig nimmt die Zahl der Sturmtage in dieser Zeit zu. Eine für Bäume fatale Entwicklung: Geschwächt durch Trockenheit und mit vollem Blätterdach sind sie dem Wind stärker ausgeliefert und stürzen bei Stürmen um, denen sie im Winter problemlos trotzen würden.

Kirchsteinbek

In Kirchsteinbek führten Wetterextreme 2018 zu massiven Überflutungen.

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Viele Folgen sind besorgniserregend: Straßenbäume verdursten, in den Wäldern wütet der Borkenkäfer und in Elbe und Alster treiben im Sommer tote Fische mit dem Bauch nach oben. Bachläufe wie die Saselbek fallen trocken. Die Bauern im Alten Land müssen Blüten gegen Frost beregnen, weil der Frühling immer früher beginnt und dann Fröste einsetzen. Und im Sommer beregnen sie die Äpfel gegen Sonnenbrand, weil es so heiß ist.

Klimawandel in Hamburg und Deutschland gravierend

Der dritte Dürresommer in Folge hatte bundesweit gravierende Auswirkungen: Binnenschiffe auf Elbe und Rhein konnten nicht fahren, weil die Flüsse durch Trockenheit einen zu niedrigen Pegel hatten. Kraftwerke mussten heruntergefahren werden, weil sie kein Kühlwasser mehr aus den gestressten Flüssen holen konnten.

Schäden durch Orkan „Sabine".

Durch Orkan „Sabine“ stürzte der Baum um und begrub ein Auto in Lohbrügge unter sich.

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dpa

In einigen Regionen gab es zum dritten Mal Ernteausfälle wegen Hitze, Dürre und Starkregen. Wettermann Frank Böttcher ist überzeugt: „Dürre wird auch bei uns das große gesellschaftliche Risiko der Zukunft.“

Weltweit Dürren, Fluten, Stürme durch Klimawandel

Das alles könnte man fast als Jammern auf hohem Niveau bezeichnen, schaut man in andere Teile der Welt, wo Brände, Fluten und Stürme wüten. Wo Dürren schon jetzt zu massiven Hungerkatastrophen und Flucht führen, Inseln in Folge der Gletscherschmelze versinken. Verheerende Feuer toben an der US-Westküste und in Australien. Und immer stärkere Tropenstürme fordern die tausende Opfer fordern.

Waldbrand

Brände in Los Angeles, Oregon und Australien wüten und brennen riesigen Waldflächen weg.

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dpa

Warum die Erde solch ein Fieber hat? Darüber sind sich mehr als 90 Prozent der Forscher weltweit einig. Und daran ändern auch Klimaleugner wie Donald Trump nichts. Die Temperatur steigt durch den Treibhauseffekt in rasantem Tempo an. Es wird zu viel fossiles Material wie Kohle, Erdöl und Erdgas verbrannt. Und der hohe Fleischkonsum in den Industrienationen setzt in der Nutztierhaltung hohe Mengen an Methan frei.

Brasilien: Abholzung des Regenwaldes beschleunigt

Gleichzeitig holzen viele Staaten weiterhin riesige Mengen an Bäumen ab. Die Abholzung im brasilianischen Amazonaswald hat sich im vergangenen Jahr fast verdoppelt: 2019 wurden knapp 9166 Quadratkilometer Wald abgeholzt, gegenüber rund 4946 Quadratkilometern im Jahr davor.

Regenwald

Der Brasilianische Regenwald aus der Luft. Große Flächen wurden aktuell gerodet.

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imago images

Die Bäume werden verbrannt, wobei erneut CO2 erzeugt wird. Aber zudem fehlen sie, um aktiv CO2 aufzunehmen. Auch in Deutschland werden immer noch Moore trockengelegt. Dabei haben sie im Laufe der Zeit ganz viel CO2 gebunden, das dann ebenfalls freigesetzt wird.

Treibhauseffekt: Erdnahe Luft um ein Grad erwärmt

Durch all diese Faktoren hat die Luft sich seit der Industrialisierung bereits um ein Grad Celsius erwärmt. Das klingt nicht nach viel, ist es aber. Eine solch starke und schnelle Erwärmung gab es wissenschaftlich nachweisbar seit 2000 Jahren nicht. Forscher gehen sogar davon aus, dass es sie tatsächlich seit 12.000 Jahren (dem Ende der letzten Eiszeit) nicht gab.

Extremwetterkongress

Extremwetterkongress in Hamburg: Expeditionsleiter Arved Fuchs (l.) und Tobias Fuchs vom Vorstand des Deutschen Wetterdienstes.

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dpa

Frühere Vermutungen, dass womöglich Vulkanausbrüche oder Sonnenaktivitäten eine Ursache für die Erderwärmung sein könnten, werden mittlerweile von der breiten Basis der Forscher ausgeschlossen, weil die Temperaturauswirkungen nie so gravierend wären.

UN-Klimaziel: Anstieg deutlich unter zwei Grad Celsius

Was tun? Laut UN-Klimazielen ( 2015) soll der globale Temperaturanstieg auf „deutlich unter zwei Grad Celsius“ begrenzt werden, möglichst sogar auf 1,5 Grad. Doch setzt sich der bisherige Trend fort, so könnte diese Grenze bereits in gut einem Jahrzehnt überschritten werden.

EU-Kommissions-Präsidentin Von der Leyen kündigte jetzt an, dass die EU ihre Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um 55 Prozent statt der bisher vereinbarten 40 Prozent senken soll. Der Umweltausschuss fordert 60 Prozent.

Forscher fordern drastische Maßnahmen fürs Klima

Und was sagen Forscher? „Selbst alle Zusagen für Emissions-Minderungen, die bisher von den Regierungen gemacht wurden, genügen lediglich für eine Begrenzung der Erwärmung auf rund 2,8 Grad“, so Wetterexperte Böttcher. Er bezieht sich auf ein Faktenpapier zum Klima, das von mehreren Wettergesellschaften für den heute stattfindenden Extremwetter-Kongress in Hamburg verfasst wurde.

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Wissenschaftler halten nichts von Panik. So ist das Fazit von Böttcher und seinen Kollegen: „Schnelle und drastische Minderungen der Treibhausgas-Emissionen sind möglich. Viele der dafür notwendigen Technologien existieren und sind teilweise bereits unter den heutigen politischen Rahmensetzungen finanziell konkurrenzfähig.“

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