• An der Landesgrenze nach Schleswig-Holstein kontrollieren Polizisten Fahrzeuge mit auswertigen Kennzeichen.
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Der irre Grenz-Streit im Norden: Selbst Arztbesuche verhindert die Polizei jetzt!

Im Grenzstreit zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein scheint es noch kein Ende zu geben. Fußgänger und Radfahrer im Nahbereich der Grenze sollen jetzt nicht mehr kontrolliert werden, dafür werden verstärkt Autos rausgezogen. Die Folge: Viele müssen auf dem Weg zur Arbeit oder zum Arzt wieder umkehren. Ist der Arztbesuch jetzt auch verboten?

In der Landespressekonferenz am Dienstag stellte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) klar: „Wir waren uns einig, dass es nicht sinnvoll ist, Kontrollen von Fußgängern und Radlern durchzuführen“, berichtete er von dem Gespräch mit Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU).

Grenzkontrollen für Autofahrer bleiben erhalten

Auf Twitter äußerten sich auch Johannes Kahrs (SPD) und Andreas Dressel (SPD) zu den Maßnahmen des Nachbarlandes. „Wo Peter recht hat, hat er recht, die Schleswig-Holsteinische Landesregierung wird immer peinlicher“, twitterte Kahrs am Dienstag. Andreas Dressel wohnt im Grenzgebiet und könne nur den Kopf schütteln: „‘Grenzübertritte‘ zu Fuß/ per Fahrrad rund um den eigenen Wohnort zu verfolgen, ist das Gegenteil von Kontrollen mit Augenmaß.“

Alle anderen Maßnahmen, gerade die Kontrollen der touristischen Einreisen mit dem Auto, werden aber unverändert bleiben. Zum Nachteil der Bürger. Auf der Elbbrücke zwischen Geesthacht (Schleswig-Holstein) und Niedersachsen wurde die Einreise nach Schleswig-Holstein streng kontrolliert. Wer nach Hamburg möchte, solle den weiten Bogen über die A1 oder A7 nehmen, obwohl der Weg über die A25 deutlich kürzer ist.  

Landespolizei Schleswig-Holstein: „Im Einzelfall kann es zu Missverständnissen kommen“

Auf MOPO-Nachfrage bei der Landespolizei Schleswig-Holstein wurde bestätigt, dass es am Wochenende eine Kontrollstation auf der Brücke gegeben habe. „Im Einzelfall kann es natürlich mal zu Missverständnissen kommen“, sagte eine Sprecherin. „Generell ist die Ansage aber, alles mit Augenmaß und bürgernah.“

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Auch am Horster Damm, der direkten Grenze zwischen Hamburg und Schleswig Holstein, werden Autofahrer mit auswärtigem Kennzeichen kontrolliert. Nach MOPO-Informationen ist die Einreise aus beruflichen Gründen nur gestattet, wenn eine Bestätigung des Arbeitgebers oder eine Verdienstbescheinigung vorgezeigt werden kann.

Gewerkschaft der Polizei Hamburg kritisiert die Grenzkontrollen stark

Die Gewerkschaft der Polizei Hamburg (GdP) kritisiert die Kontrolle von Fahrzeugen stark: „Ein solcher sinnentleerter Aktionismus könnte dazu beitragen, dass die Stimmung in der Bevölkerung kippt und das Verständnis für die bestehenden und notwendigen Maßnahmen schwindet“, heißt es in einem Schreiben, das der MOPO vorliegt. „Augenmaß und Fingerspitzengefühl sind aber Eigenschaften, über die sich der schleswig-holsteinische Ministerpräsident durchaus noch einmal Gedanken machen sollte“, so Horst Niens, Landesvorsitzender der GdP.     

Gerade in Grenzgebieten kommt es häufig vor, dass der Arzt bereits hinter der Grenze des eigenen Bundeslandes ansässig ist. Auch das ist Momentan ein Problem. Nach MOPO-Informationen ist ein Arztbesuch in Schleswig-Holstein bei Kontrollen häufig kein genehmigter Einreisegrund gewesen. In der Landesverordnung über Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus ist zudem geregelt: „Reisen aus touristischem Anlass nach Schleswig-Holstein sind untersagt. Dies gilt auch (…) zur Entgegennahme von vermeidbaren oder aufschiebbaren Maßnahmen der medizinischen Versorgung, Vorsorge oder Rehabilitation.“

Ärzte in Schleswig-Holstein sagen Vorsorgetermine ab

Einige Ärzte sagen Vorsorgetermine bereits ab. Aber was ist bei einem akuten Fall? In Hamburg gibt es kaum Ärzte, die noch neue Patienten aufnehmen. Also bleibt häufig nur der Weg über die Grenze zum Hausarzt.

„Autos mit auswärtigen Kennzeichnen werden teilweise überprüft“, sagt die Landespolizei-Sprecherin Schleswig-Holstein. „Generell gilt aber, dass den Bürgern vertraut werden soll.“ Nachweise seien also nicht nötig. Nur ein dringend benötigter Arztbesuch soll nach Angaben der Landespolizei nicht unterbunden werden. Doch auch hier seien Missverständnisse nicht auszuschließen. 

Hoffnung im Grenzstreit ist in Sicht

Hoffnung ist in Sicht: Am Mittwochabend teilte die Landesregierung Schleswig-Holstein mit, dass einige Regeln präzisiert werden sollen. Weiterhin soll die touristische Einreise untersagt bleiben, darunter fielen aber nicht der arbeitsbedingte Reiseverkehr, Einkaufsfahrten im engeren räumlichen Umfeld der Wohnung und kleine Ausflüge, wie Spaziergänge und Fahrradfahrten. Wie mit Arztbesuchen zu verfahren sei, wurde nicht mitgeteilt.

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